Kindergartenstreik Eltern in der Bredouille

SINZIG · Die Eltern der Kinder, die in Bad Bodendorf die Kita "Max und Moritz" besuchen, haben die Nase vom Streik der Erzieherinnen so langsam aber sicher gestrichen voll. Seit drei Wochen müssen Eltern improvisieren und zusehen, wie sie ihre Kinder unterbringen.

 Vor dem Sinziger Rathaus haben sich Eltern versammelt, die im Zuge des Kindergärtnerinnen-Streiks einen fehlenden Notfallplan beklagen.

Vor dem Sinziger Rathaus haben sich Eltern versammelt, die im Zuge des Kindergärtnerinnen-Streiks einen fehlenden Notfallplan beklagen.

Foto: Martin Gausmann

Nicht immer gelingt das. Die Folge: So manche Mutter oder so mancher Vater fehlt an seinem Arbeitsplatz, weil er keine Betreuungsmöglichkeit sieht. Nun verschaffte man sich vor dem Sinziger Stadtrat Gehör.

Der Streik begann am 8. Mai. Aufgerufen hat ver.di die Erzieher in kommunalen Kindertagesstätten zu unbefristeten Arbeitsniederlegungen. 93,5 Prozent der ver.di-Mitglieder hatten für eine Arbeitsniederlegung gestimmt, zuvor bereits mehr als 96 Prozent der Mitglieder des Beamtenbundes dbb. Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hatte zu Streiks aufgerufen. Laut ver.di-Chef Bsirske könnte sich der Streik über Wochen hinziehen. "Jetzt muss Druck in die Verhandlungen reinkommen", sagte er. Der dürfte längst vorhanden sein. So manchen Eltern reißt nämlich bald die Hutschnur. Insgesamt gibt es in Deutschland etwa 53.400 Kindertagesstätten, betreut werden dort etwa 3,2 Millionen Kinder.

Der Streik betrifft die bei den Kommunen beschäftigten Erzieher, die gemäß dem Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst entlohnt werden. Bestreikt werden nur ihre Einrichtungen - private oder kirchliche Träger etwa sind nicht betroffen. Tatsächlich sind die Aufgaben von Erziehern in den vergangenen Jahren gestiegen. Ein Grund, weshalb viele Kita-Beschäftigte über eine schlechte Bezahlung und fehlende Wertschätzung klagen. Die Einstufung im Tarifsystem der Erzieher erfolgt nach Tätigkeit und Berufserfahrung. Eine Erzieherin mit achtjähriger Tätigkeit etwa bekommt nach Angaben von ver.di derzeit 2946 Euro brutto im Monat, nach den Vorstellungen der Gewerkschaft soll sie künftig 3387 Euro erhalten. Die Arbeitgeber - Kommunen wie die Stadt Sinzig - halten das schlichtweg für nicht bezahlbar.

In Sinzig klagten nun Eltern über einen fehlenden Notfallplan. "Arbeitgeber sehen es nicht gerne, wenn man nicht am Arbeitsplatz erscheint", sagte eine Mutter. Ein Vater sprach von einem "unverhältnismäßigen Streik", der deshalb rechtswidrig sei.

"Wir bedauern die vorherrschende Situation in der Kita Max und Moritz sehr. Dies insbesondere, weil der Streik auf dem Rücken der Kinder und der Eltern ausgetragen wird", sagte Bürgermeister Wolfgang Kroeger. Auch wenn die Stadt als Arbeitgeber der Erzieherinnen selbst hart betroffen sei, habe sie jedoch keinen Einfluss auf Forderungen oder Streikabläufe. Man habe als Stadt eine Notgruppe eingerichtet, um zumindest die Betreuung von 30 Kindern zu gewährleisten. "Mit diesem Angebot stoßen wir schon an unsere Grenzen", so Kroeger.

Die Stadt habe bereits aus anderen Kindergärten Kräfte abberufen und sei bestrebt, weitere Notgruppen einzurichten. Jedoch müsse dort eine ausgebildete Erzieherin zur Verfügung stehen. Man sei fieberhaft auf der Suche nach einer solchen Fachkraft. Das dürfte derzeit schwer werden, denn der Arbeitsmarkt ist aufgrund des landesweiten Kitaausbaus im Zuge der U3-Betreuungen wie leer gefegt.

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