Osterfest in Löhndorf Ein Gastarbeiter Gottes

LÖHNDORF · Pater Paul Antony O. Praem aus Indien, Kaplan der Pfarreiengemeinschaft Sinzig, bereitet sein erstes Osterfest in Deutschland vor.

 Am Tag seiner Priesterweihe im September 2014: Pater Paul Antony O. Praem mit Georg Kardinal Alencherry, indischen Prälaten und seinen Eltern.

Am Tag seiner Priesterweihe im September 2014: Pater Paul Antony O. Praem mit Georg Kardinal Alencherry, indischen Prälaten und seinen Eltern.

Foto: OTO/REPRO: SIMONS/GA

Am Ostersonntag beginnt die Messe um 3 Uhr. In der Nacht. Die Feier in der Kirche dauert mindestens zwei Stunden. Danach wird in der Kirche und später im Pfarrheim bis zum Morgen weitergefeiert, und es gibt Kaffee und Ostereier für jedes der rund 3500 Gemeindemitglieder. "Die Eier sind gekocht, aber nicht gefärbt", erklärt Pater Paul Antony O. Praem. Er ist seit Ende Oktober vergangenen Jahres Kaplan in der Pfarreiengemeinschaft Sinzig und wohnt im Löhndorfer Pfarrhaus. Nicht in Löhndorf, sondern in seiner Heimat im südindischen Bundesstaat Kerala, wird das Osterfest so zelebriert. Wie jedes Jahr. Auch wenn er dieses dort seit 17 Jahren nicht mehr mitbegangen hat.

Denn seit 1998 lebt der 33-jährige Prämonstratenser im Kloster respektive seit 2006 in Deutschland. Wegsein von zu Hause ist er gewohnt: Denn nur bis zur zehnten Klasse hat er bei seinen Eltern in Changanacherry gelebt, mit 15 Jahren ist er in die Ordensgemeinschaft der Prämonstratenser 400 Kilometer entfernt von dort eingetreten. Dann hat er Abitur gemacht sowie sein Noviziat, Philosophiestudium und Gemeindepraktikum absolviert. "Danach hat mein Oberer mich gefragt, ob ich bereit wäre, nach Deutschland zu gehen und dort Theologie zu studieren."

Da konnte er noch kein Wort Deutsch und hat es bis auf einen einmonatigen Kursus in Indien auch erst in Deutschland gelernt. Auch von Land und Leuten wusste der Mann aus dem "Land der Kokospalmen" - das bedeutet "Kerala" in der einheimischen Sprache Malayalam - nicht viel. Im kurzärmeligen Hemd kam er im Februar hier an, sah zum ersten Mal Schnee und hat sich am nächsten Tag warme Sachen gekauft.

Ein bisschen fühlt sich der Mann im weißen Habit wie "Gottes Gastarbeiter". Im 14. und 15. Jahrhundert seien Missionare aus Europa nach Indien gekommen. "Jetzt kommen wir nach Deutschland. Die katholische Kirche hat auch eine Aufgabe, missionarisch zu sein. Man geht hin, wo Not ist. Kann auch gut sein, dass es in 200 oder 300 Jahren wieder andersrum ist, wenn es hier wieder viele Seelsorger gibt und in Indien nicht", sagt Pater Paul. Er ist bereit hinzugehen, wohin der Herr ihn schickt. So erklärt sich auch seine Lieblingsbibelstelle aus Jesaja 6,8: "Hier bin ich, sende mich".

Dass er so weit weg von daheim gehen würde, habe er vorher nie geahnt, weder als er ins ferne Kloster ging noch ins noch fernere Deutschland. "Da habe ich gedacht, okay, nicht ich kontrolliere mein Leben, und so habe ich Gott zugelassen, in mir zu wirken." In Trier hat er bis zum Diplom 2012 studiert und gewohnt, zwischendurch hat er zwei Mal vier Wochen ein Gemeindepraktikum in Mehring an der Mosel gemacht und danach fast 18 Monate in Dillingen an der Saar.

Die Sprache sei am Anfang das Schwierigste gewesen. "Mit Menschen hier habe ich gar keine Probleme gehabt. Sie waren alle sehr herzlich. Ich konnte überall sein und an allen Feiern teilnehmen", berichtet er stets mit ruhiger Stimme in längst fließendem Deutsch. Oft lächelt er, etwa wenn er an die Weinlese und das Winzerfest an der Mosel denkt oder auch an seine Priesterweihe im vergangenen September in Indien, die mit 2000 eingeladenen Besuchern, auch einigen aus Deutschland, gefeiert wurde und natürlich mit seinen Eltern und drei Geschwistern.

Dankbar ist er für die "sehr herzliche" Aufnahme in Löhndorf und wie für ihn das lange leerstehende Pfarrhaus hergerichtet worden sei. Gefreut hat er sich über die große Resonanz von den Gläubigen auf eine kürzlich gehaltene Predigt über ein Lied aus dem Gotteslob. Dabei hat er abwechselnd über die Strophen gesprochen und sie mit der Gemeinde gesungen. Singen ist seine Leidenschaft, und das Predigen ist ihm wichtig, ebenso wie die Gemeinschaft der Gläubigen. Das gehöre zum Sinn von Kirche: "Wenn man etwa zusammen betet, ist das ein anderes Gefühl, als wenn man alleine betet. Und man begegnet einander, knüpft Kontakte."

In seiner Heimat ist es für jedes der 3500 Gemeindemitglieder üblich, vor Schule oder Arbeit um 6.30 Uhr in die Messe zu gehen, werktags und dann auch sonntags. "Das gibt Kraft für die Seele und eine innerliche Freude, und es macht den Rest des Tages anders." Außerdem gingen die indischen Gemeindemitglieder, jung wie alt, wenigstens ein Mal im Monat zur Beichte. Nicht, weil sie gedrängt würden, sondern weil sie es als eine Notwendigkeit ansähen, vor Ostern sowieso. Gespannt ist er auf die Karwoche und das Osterfest hier, weil es anders sei als in Indien. In Indien gebe es beispielsweise am Gründonnerstag eine Fußwaschung in der Kirche, und die Karfreitagsliturgie sei ganz anders. Letztes Jahr in Dillingen hat er bei der Ostermesse das Osterlob "Exsultet" gesungen, allein am Ambo und auswendig in der abgedunkelten Kirche. Was er dieses Jahr macht, weiß er noch nicht, aber mit Dechant Achim Thieser habe er einen hilfreichen Mentor zur Seite. "Schließlich bin ich noch auf dem Weg und übe noch." Und nach Ostern?

"Da werden etwa 15 Flüchtlinge ins Westumer Pfarrhaus kommen, die ich betreuen werde. Das ist die nächste große Aufgabe, die ansteht."

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