Vor dem Jubiläum Das genaue Datum kennt niemand

SINZIG · Vier Urkunden führen zum Titel Stadt Sinzig. Heimatforscher legt Broschüre vor.

 Mit der Festschrift: Karl-Friedrich Amendt (links) und Wolfgang Dietz vor dem Sinziger Schloss.

Mit der Festschrift: Karl-Friedrich Amendt (links) und Wolfgang Dietz vor dem Sinziger Schloss.

Foto: Martin Gausmann

Große Feste werfen ihren Schatten voraus. Auch schon zwei Jahre vor der Stadtjubiläumsfeier 2017, wie es der Verein zur Förderung der Denkmalpflege und des Heimatmuseums gerade vormacht. So präsentierte der Vorsitzende Karl-Friedrich Amendt seine neue Broschüre "750 Jahre Sinzig - wann genau?", die auch ein Kapitel von Stadtarchivar Wolfgang Dietz über Sinziger Siegel und Wappen erhält, und er ging im genauso betitelten Turmgespräch im Schloss der Datierung ebenfalls auf den Grund.

Soweit dies eben möglich ist. Denn eine Urkunde zur Verleihung der Stadtrechte besitzt Sinzig nicht. Im Mittelalter gab es auch keine reichseinheitlichen Gesetze, welche die Bedingungen der Stadtbenennung festlegten. Zwar führten die vier Ms, Markt-, Mauer-, Maut-, und Münzrecht, zum Titel Stadt, nicht aber zur vollständigen Selbstbestimmung wie etwa der freien Hansestädte. König und Landesherren "behielten das Heft des Handelns in der Hand", so Amendt. Im Rückblick zeigten die Verpfändungen, "dass die sogenannten Stadtrechte der Kleinstädte, wie Sinzig oder Remagen, letztlich eine Mogelpackung waren". Dessen ungeachtet kreiste der Referent die Stadt-Datierung unter maßgeblicher Betrachtung von vier Urkunden ein. Sie stammen alle aus der Zeit nach dem Umzug der königlichen Verwaltung von der Sinziger Königspfalz auf die Burg Landskron 1207, der erst die Chance einer Selbstverwaltung eröffnete.

Die älteste Urkunde, vom November 1227, erwähnt für Sinzig einen Bürgermeister sowie ein Schöffenkollegium (Stadtrat): Damit liefere sie einen Hinweis, jedoch keinen Beweis zur Selbstverwaltung, sagte Amendt. Schwerer wiegt für ihn das Dokument vom Mai 1243, da es die Sinziger "civibus imperii in Sinzige" (Bürger des Reichs in Sinzig) nennt, was bedeutet, dass sie direkt dem Reich unterstanden und keinem regionalen Landesherrn. Als "Civitas" galten im Mittelalter kleinere Städte mit erheblichen Privilegien.

Solche beschreibt die Urkunde nicht. Dennoch: "Wenn es überhaupt eine Urkunde gibt, die die Stadtrechte Sinzigs belegt, dann ist es diese", erklärte Amendt.

Zwölf Jahre danach wird für den 1. April 1255 Sinzigs Beitritt zum "Rheinischen Städtebund" beurkundet, ein "Schutz- und Trutzbündnis" in der politisch instabilen Zeit des Doppelkönigtums im Reich. Mangels eines Sinziger Stadtsiegels unterzeichneten die Herren der Reichsburgen Landskrone und Hammerstein mit ihrem Siegel.

Die Burgherren förderten demnach das Recht Sinzigs, einer Stadt ohne Urkunde, "eigene Außen- und Bündnispolitik zu betreiben". Zur Zeit der "sogenannten Stadtwerdungsurkunde" von 9. Oktober 1267, auf welche sich die 750-Jahr-Feier im Jahr 2017 stützt, war dagegen Sinzigs Position schwächer als zuvor. Denn der Ort, der sich nach der Auflösung des Städtebundes unter den Schutz des Grafen von Jülich stellte, wurde um 1266/67 von Kurköln erobert. In genannter Urkunde versprach der Erzbischof den "opidanos von Sinzig bei allen Rechten zu belassen, die sie bisher vom Reiche gehabt". Stärkster Beleg für den Stadtstatus ist der Begriff "opidanos" für die Bürger. "Oppidum" heißt lateinisch zwar Stadt, doch nannten die Römern so ausgerechnet größere Ansiedlungen in besetzten Gebieten ohne Stadtrechte. Die Anrede kann also Sinzigs Anerkennung als Stadt belegen oder sogar das Gegenteil aussagen.

Karl-Friedrich Amendt hat sich an ein äußerst komplexes, im Detail schwierig auszudeutendes Thema herangewagt und das Feld bereitet für zukünftige Forschungen.

Den Sinzigern hält er nun nach intensiven Recherchen und mit vielen Argumenten vor Augen, dass schon vor 1267 Indizien für Sinzig als Stadt sprechen. In den Urkunden von 1227 und speziell von 1243 und 1255 erkennt er "drei Gründe, um mindestens 750 Jahre Stadtrechte zu feiern".

Die im Selbstverlag des Denkmalvereins erschienene Broschüre von Karl-Friedrich Amendt und Wolfgang Dietz hat 66 Seiten, zahlreiche Abbildungen und ist zur Schutzgebühr von drei Euro erhältlich.

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