Das Sinziger Wasser Auf den Spuren des flüssigen Elements

SINZIG · Einen "Foto-Spaziergang zum Thema Wasser in Sinzig" bot diesmal das Turmgespräch im Schloss. Mit der ihm eigenen Gründlichkeit spürte Karl-Friedrich Amendt, Vorsitzender des einladenden Denkmalpflegevereins, der historischen und aktuellen Trinkwasserversorgung nach, ging auf das Mineralwasser ein, fokussierte Rhein und Ahr im Stadtbereich sowie die Sinziger Bäche.

 Das Mäandrieren der Ahr im Mündungsbereich bei Kripp war ebenfalls Thema von Amendt.

Das Mäandrieren der Ahr im Mündungsbereich bei Kripp war ebenfalls Thema von Amendt.

Foto: Gausmann

Es überraschte die Zuhörer, wie viel "kultiviertes" Wasser verborgen floss und fließt. Römische Wasserrohre in der Bodendorfer Schützenstraße leiteten das Trinkwasser der Quelle "Zeipchen" oder "Zeipenbach" zunächst zu einer Römervilla und später ins Dorf. In Sinzig führte eine römische Wasserleitung - Rohrstücke zeigt das Heimatmuseum - von einer ehemaligen Quelle der Koisdorfer Straße durch die Ausdorfer Straße zum Brunnenplatz und vermutlich "durch ?Schröders Gässchen' zur römischen Villa Rustica auf der Zehnthofstraße". Der Referent visualisierte desgleichen den Lauf von Hellenbach und Harbach (Fützbach), die ihren Ursprung beide im Harterscheid haben.

Von Nordosten kommen drei Bäche, die sich unterhalb von Schloss Vehn zum Hellenbach vereinen. Verrohrt fließt er unter die Autobahn A 61 bis Löhndorf, dann offen, ab Eingang Westum wieder unter der Erde, speist bergseitig der Brunnenstraße eine Brunnenstube und stößt unterhalb der Westumer Kirche mit einem Bach aus Richtung Krechelheim zusammen. Der Straßenname "In der Rausch" erinnert an das Ohrspektakel der früher offen zusammentreffenden Gewässer. Erst ab dem Birkenweg fließt der Bach wieder offen Richtung Sinzig, dort "Kuhbach" genannt. Einst versorgte er nicht nur einige Mühlen, sondern mit einer Ableitung auch den Wassergraben des Sinziger Schlosses, was nördlich im Mauerwerk der Zulauf noch sichtbar ist.

Ab 1887 erfolgte in Sinzig die Inbetriebnahme eines modernen Wasserleitungsnetzes, dem 1903 das Elektrizitäts- und Wasserwerk auf der Kölner Straße folgte. Schrittweise bereiteten elektrische Pumpen bekannte, vor allem aber neu erschlossene Quellen auf und speisten sie ins Leitungsnetz ein. Amendt räumte auch mit einem Vorurteil auf. Nicht aus Rheinuferfiltrat, wie viele Sinziger glauben, erhalten sie ihr Trinkwasser, sondern "heute werden in der Niederaue die Rhein und Ahr begleitenden Grundwasserströme in etwa 20 Meter Tiefe angezapft". Das Sinziger Wasser ist so gut, dass es nicht gechlort werden muss. Aber es enthält relativ viel Kohlensäure. Damit sie nicht die Leitungen angreift, gibt es am Kranzweiherweg eine Anlage zur Trinkwasser-Entsäuerung.

Mineralwasser dagegen liebt man sprudelnd. Bodendorfs bereits 1598 bekannter "saurer Born" wurde um 1900 wirtschaftlich erschlossen. Die Kohlensäureverflüssigungs-Anlage (Technikmuseum) im ehemaligen Kurhaus ist ein Überbleibsel der Mineralwasser- und CO2-Förderung. Aber noch immer speist das 27 Grad warme Mineralwasser das Bad Bodendorfer Thermal-Schwimmbad. Der 1853 entdeckten kalten Quelle in Sinzig folgten Kureinrichtungen. 1865 wurden die Abfüllrechte an Apollinaris verkauft. Ab den 1920ern aber füllte man das Wasser ab und belebte "Bad Sinzig". Doch während die Badestadt und das Mineralwasser-Schwimmbad an der Kölner Straße Vergangenheit sind, floriert der Brunnenbetrieb.

Am Rhein, welcher der ufernahen römischen Ziegelei wohl als Verkehrsweg diente, steht als einziges Gebäude das Bootshaus, neben dem es einmal ein Strandbad gab. Die Adresse "Leinpfad" verweist auf die Mitte des 19. Jahrhunderts beendete Treidelschifffahrt. Amendt brachte zudem das Mäandern der Ahr, Hoch- und Abwasser, Brunnen und Brücken zur Sprache. Der Wasserreichtum und die grüne Lage Sinzigs könnten sich zum wirtschaftlichen Motor der Stadt entwickeln, wenn die touristische notwendige Infrastruktur gefördert würde, lautet das Ergebnis eines 2006 vorgestellten Gutachtens. Auch Amendt wünscht sich, wie er abschließend betonte, eine Stadtentwicklung im Tourismusbereich anstelle "kurzfristiger Gewinn-Interessen von Investoren".

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