Klassik im Kloster Totentanz und Sommerwiese

NONNENWERTH · Drittes Inselkonzert präsentierte wieder selten gehörte klassische Kompositionen.

 Das Trio Eos im Kloster Nonnenwerth

Das Trio Eos im Kloster Nonnenwerth

Foto: Martin Gausmann

Auch beim dritten Konzert der Reihe "Vertrautes und Vergessenes" erklangen auf der Rheininsel klassische Klänge, wie sie nicht so häufig auf den üblichen Programmen stehen - dieses Mal sogar mit einer ziemlich sperrigen Komposition. Das Eos Trio Frankfurt präsentierte drei Streichtrios in umgekehrt chronologischer Reihenfolge der Musikgeschichte und erntete begeisterten Applaus im vollen Barocksaal des Klosters.

Mit hohen Flageolett-Tönen, zwölftönigen Melodien und reibender Harmonik muteten Christoph Ehrenfellner (Violine), Elene Juloyan (Viola) und Verena Sennekamp (Violoncello) dem Publikum gleich zu Beginn des Konzertes einiges zu. Während vor den Fenstern des Saales ein sanfter Frühlingstag zu Ende ging, stieg drinnen die dunkle Kehrseite der "Goldenen Zwanziger" auf. Das 1928er Streichtrio op. 10 des polnisch-jüdischen Komponisten Józef Koffler zeugte von einer musikalischen Gratwanderung zwischen der atonalen Musik eines Arnold Schönberg und der freitonalen Musik des Impressionismus, wie sie Claude Debussy komponierte. Besonders der zweite Satz bot - kompositorisch einer Fuge nachempfunden - reichlich sperrige Harmonik und ein dunkles Lamento in der Geigenstimme, das schließlich im Nichts verhallte. Der dritte Satz steigerte diese dumpfe Stimmung in einen fast hysterischen Totentanz, in welchem zahlreiche musikalische Geschöpfe auftreten, die glücklicherweise schnell wieder verschwinden.

Nicht nur einige jüngere Konzertbesucher brauchten nach dieser interessanten, aber auch anstrengenden Erfahrung etwas harmonischere Musik, um wieder herunterkommen zu können. Diese bot das Trio mit dem Streichtrio D-Dur op. 12 von 1883 von Ernst Naumann, einem Freund von Robert Schumann und Johannes Brahms.

Dass sein Name heute größtenteils in Vergessenheit geraten ist, liegt wohl daran - so Moderatorin Sennekamp -, dass er keine größeren Werke komponiert hat, sondern zeitlebens der Kammermusik treu blieb. Im Streichtrio durften die Zuhörer erleben, was es heißt, im Schatten großer Komponisten zu wirken.

Der erste Satz wies mit den häufig verschränkten Motiven auf die Klangwelt Schumanns hin, wie auch die beiden gegensätzlichen Motivcharaktere im Schlusssatz. Der zweite Satz hingegen war mit der für Felix Mendelssohn-Bartholdy typischen Spritzigkeit versehen, und der dritte Satz glich einer Elegie aus der Feder Ludwig van Beethovens - perfekte Musik, um die Gedanken schweifen zu lassen. Zum Abschluss des Konzertes durfte an diesem Kammermusikabend natürlich ein Werk aus der Feder des großen Bonner Sohnes nicht fehlen: das Streichtrio G-Dur op.9,1, komponiert zwischen 1797 und 1798.

Der erste Satz entführte die Zuhörer auf eine strahlende Sommerwiese, deren Lebendigkeit aber schon im zweiten Satz eine leicht melancholische Note erhielt und schon den aufkommenden Herbst erahnen ließ. Die für Streicher ungewöhnliche Tonart E-Dur zeigte - so Ehrenfellner - einen Wesenszug des Komponisten Beethoven: Wenn die nötige musikalische Inspiration vorhanden war, pfiff er auf Widrigkeiten für die Instrumentalisten.

Doch das Trio bestand auch diese Hürde souverän. Das Scherzo zeichnete die Entwicklung des ersten zum zweiten Satz nach, doch sollte im letzten Satz nicht der Winter obsiegen. Ein Ausbruch an rasanter Spielfreude beschloss das Programm und entlockte zahlreiche Bravo-Rufe.

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