Wenn gefährliche Stoffe austreten Spezialeinheit probte im Gewerbegebiet Remagen den Ernstfall

REMAGEN · Gefahrstoffunfälle sind im Kreis Ahrweiler zwar nicht alltäglich, dennoch müssen die Feuerwehren darauf vorbereitet sein. Denn zusätzlich zu den Gewerbegebieten gibt es mit der Autobahn 61 und der Bahnstrecke am Rhein zwei potenzielle Haupteinsatzstellen.

 Britische Spezialanzüge schützen die Wehrleute beim Gefahrstoffeinsatz.

Britische Spezialanzüge schützen die Wehrleute beim Gefahrstoffeinsatz.

Foto: LUCA LAMONTE-AUSTIN

Für den Fall der Fälle gibt es den Gefahrstoffzug des Kreises unter Leitung von Friedhelm Jakobs. Einmal pro Jahr gibt es eine gemeinsame Übung aller Einheiten, die zu diesem Zug gehören. Übungsort für die Zusammenarbeit bei Großeinsätzen war diesmal das Gewerbegebiet Remagen. Carsten Delord, stellvertretender Gruppenführer der in Remagen stationierten Teilkomponente des Gefahrstoffzugs, hatte sich dafür ein komplexes Szenario ausgedacht.

Ein Blick in das Drehbuch: Beim Entladen eines Lkw-Anhängers erlitt ein Staplerfahrer einen Schwächeanfall. Dadurch beschädigte er mit dem Gabelstapler mehrere mit Gefahrstoffen gefüllte Tankbehälter. Grund für die Alarmierung des Löschzuges Remagen. Mit komplettem Tross rückte dieser zur Übungsstelle aus und sperrte diese zunächst weiträumig ab. Unter Atemschutz rettete ein Trupp den "bewusstlosen Staplerfahrer" aus dem Gefahrenbereich und führte eine erste Lageerkundung durch. Da der Austritt größerer Mengen rauchender Schwefelsäure und Toluol simuliert wurde, forderte die Einsatzleitung umgehend den Gefahrstoffzug des Landkreises Ahrweiler an.

Einsatzkräfte aus Ahrweiler und Burgbrohl rückten an und arbeiteten eine umfangreiche Liste an Aufgaben ab. So errichteten sie als erstes eine mobile Dekontaminationsstelle. Anschließend verschloss ein Trupp in Chemikalienschutzanzügen die Kanalisation, um ein Eindringen der Flüssigkeiten in das Abwassersystem zu verhindern.

Zu den Beobachtern der 90-minütigen Übung gehörte auch Remagens Stadtwehrleiter

Ein zweiter Trupp dichtete die Leckagen ab. Keine ganz leichte Aufgabe in den Schutzanzügen, in denen die Feuerwehrleute rein optisch durchaus etwas von Wesen von anderen Sternen haben. Zu den Beobachtern der 90-minütigen Übung gehörte auch Remagens Stadtwehrleiter Michael Zimmermann. Sein Fazit nach dem Dank an die Wehrleute: "Wir müssen zum Glück nur selten zu Einsätzen ausrücken, bei denen große Mengen Gefahrstoffe im Spiel sind. Wenn dies jedoch der Fall ist, ist es von erheblicher Bedeutung, dass alle Einsatzkräfte nicht nur ihr Handwerk beherrschen, sondern auch die Zusammenarbeit reibungslos funktioniert. Das haben die Feuerwehren eindrucksvoll unter Beweis gestellt."

Die Schutzanzüge der Wehrleute sind übrigens relativ neu. Waren die Wehrleute bis 2012 mit rund 15 Kilo schweren Ganzkörperanzügen im Einsatz, so tragen sie seitdem britische Modelle. Diese haben jeweils nur fünf Kilo Eigengewicht und sorgen mit einem Zuschnitt im "Schmetterlingsformat" im Ernstfall für mehr Bewegungsfreiheit. Zudem bieten die 1000 Euro teuren Modelle einen besseren Schutz und sind im Endeffekt auch kostengünstiger, obwohl sie nur einmal nutzbar sind und dann entsorgt werden müssen. Die alten Anzüge schlugen jeweils mit 3500 Euro zu Buche und mussten nach jeder Kontamination aufwendig gereinigt und halbjährlich zum Preis von 70 Euro geprüft werden. Das entfällt nun.

"Mit den neuen Anzügen sind wir Vorreiter in Rheinland-Pfalz", hatte denn auch Kreisfeuerwehrinspekteur Udo Schumacher beim Wechsel der Ausrüstung bekundet.

Gefahrstoffzug

Der Gefahrstoffzug für den Kreis Ahrweiler besteht aus den Teileinheiten Altenahr, Ahrweiler und Remagen. Mit Experten der Akademie für Krisenmanagement, Notfallplanung und Zivilschutz (AKNZ) ist er schwerpunktmäßig für Gefahrstoffunfälle in Unternehmen, auf der A 61 und der linksrheinischen Bahnstrecke zwischen Brohl und Rolandseck zuständig. Im Bedarfsfall werden Experten der Tuis (Transport-Unfall-Informations- und Hilfeleistungssystem), einer Organisation der chemischen Industrie, hinzugezogen. Die Feuerwehr ist dabei vor allem auf die Erstmaßnahmen ausgerichtet.

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