Remagener wollen Einkaufsmöglichkeiten selbst verbessern Eine Markthalle für die Innenstadt

REMAGEN · Seit einem Jahr gibt es nach der Schließung der Kaiser's-Filiale in der Remagener Innenstadt weder ein Lebensmittelgeschäft noch eine Drogerie. Rund 800 Meter müssen die Remagener zurücklegen, um sich in der Peripherie mit Waren des täglichen Bedarfs eindecken zu können.

 Ein Frequenzbringer fehlt seit der Schließung von Kaiser's (r.) in der Remagener Innenstadt.

Ein Frequenzbringer fehlt seit der Schließung von Kaiser's (r.) in der Remagener Innenstadt.

Foto: Martin Gausmann

"Das Zentrum ist ein wenig ausgeblutet. Eine gewisse Lebensqualität haben wir aber noch, da es Bäcker und Metzger gibt. Die Schmerzgrenze ist noch nicht erreicht. Gerade deshalb sollten wir früh genug die Weichen stellen", meinte Karin Keelan von den Grünen. Ihre Fraktion hatte zur Diskussions- und Informationsveranstaltung eingeladen, um der Frage nachzugehen: Wie geht es weiter ohne Nahversorgung?

Der Andrang und das Interesse waren unerwartet groß. Gut 50 Remagener drängelten sich in der Studentenkneipe "Baracke", um sich insbesondere einem Konzept zu widmen, das seit einigen Jahren insbesondere im von der Nahversorgung gebeutelten ländlichen Raum umgesetzt wird: eine multifunktionale Nahversorgung gerade an Standorten, wo sich herkömmliche Anbieter zurückgezogen haben.

Das Prinzip: Bürger nehmen die Nahversorgung selbst in die Hand, gründen eine Genossenschaft oder eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts und führen das Geschäft auf eigenes betriebswirtschaftliches Risiko. Durch eine gezielte Auswahl eines Grundangebotes, ergänzt durch Dienstleistungen und weitere Angebote entsteht die wirtschaftliche Grundlage.

In der Regel werden von allen Artikeln im Lebensmittelbereich zwei, ein Markenprodukt und ein sogenanntes No-Name-Produkt, vorgehalten. Dabei wird das passgenaue Sortiment von den Bürgern mitbestimmt und ist somit nicht fremd vorgeschrieben. So ist ein Waren- und Dienstleistungsangebot auf die individuelle Situation des Quartiers abgestimmt.

Darauf spezialisiert hat sich die Unternehmergesellschaft (UG) "DORV". Der Name steht für "Dienstleistung und Ortsnahe Rundum Versorgung". Dienstleistungen, Lebensmittel, sozial-medizinische Versorgung, Kommunikation und Kulturangebot soll es unter einem Dach geben.

"Meckern reicht nicht, man muss etwas tun", erklärte DORV-Geschäftsführer Heinz Frey, der eigens von Jülich angereist war, um in Remagen die Philosophie des Unternehmens darzulegen. Die bereits etablierten "DORV"-Läden würden sich als Quartierszentren tragen. "Es reicht völlig aus, Lebensmittel auf einer Verkaufsfläche von 150 Quadratmetern anzubieten", so Frey. Die üblichen Verkaufsflächen seien völlig überdimensioniert.

Am Beispiel des leerstehenden Kaiser's-Geschäftes wurde deutlich gemacht, dass dort - wie in einer Markthalle - mehrere Einzelhandelsanbieter und Dienstleister Platz und Raum finden könnten. Unter anderem könnte ein Café als Kommunikationstreff untergebracht werden. Denkbar sei zudem ein "Senioren-Handwerker-Service", Frischfleisch, Brot, Milch, Toilettenartikel und vieles mehr.

Der vorhandene, benachbarte Einzelhandel müsse davon nicht nachteilig berührt werden. Frey: "Was in Remagen fehlt, soll hier zusammengeführt werden."

Voraussetzung zur Schaffung eines solchen Geschäftes sei ein entsprechender Bürgerwille. Nicht nur das: Auch das Anfangskapital müsse von den Bürgern aufgebracht werden. Frey: "Der Bürger muss es in die Hand nehmen." Ob der Rettungsring für die unterversorgte Innenstadt nun geworfen wird, bleibt abzuwarten. Die Grünen wollen zu einer Folgeveranstaltung einladen, nachdem zum Auftakt viele Remagener die Hand gehoben hatten, um damit zu signalisieren, dass sie an einer Vertiefung des Konzeptes stark interessiert sind. Die Neugierde ist jedenfalls geweckt.

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