Informationsveranstaltungen in Nierendorf Verein will Leben der Franken zeigen

NIERENDORF · Das Projekt eines Frankendorfes bei Nierendorf Gemarkung stößt nicht überall auf Gegenliebe. Deshalb hatte der Verein Frankensiedlung Nithrindorp am Wochenende zu Informationsveranstaltungen an den favorisierten Standort eingeladen. Es ist ein vom Verein gepachtetes 11 000 Quadratmeter großes oberhalb des Regenrückhaltebeckens zwischen Birresdorf und Nierendorf.

 In einer Zeltstadt zeigte der Verein Frankensiedlung, wie er sich die Inhalte des Freilichtmuseums zwischen Birresdorf und Nierendorf vorstellt.

In einer Zeltstadt zeigte der Verein Frankensiedlung, wie er sich die Inhalte des Freilichtmuseums zwischen Birresdorf und Nierendorf vorstellt.

Foto: Martin Gausmann

Einige Hundert Interessierte schritten denn auch durch das beflaggte Palisadentor aus Fichtenstämmen, um sich die Pläne erläutern zu lassen. Wobei sich Vereinsvorsitzender Mathias Heeb auch den Kritikern stellte.

"Uns geht es darum, unseren Besuchern die Lebensweise der Menschen im Frühmittelalter näherzubringen", sagte Heeb. Dies nicht in einem Museum mit Vitrinen, sondern in einem nachgebauten Franken-Dorf, in dem jeder Besucher selbst mitmachen, ausprobieren und miterleben kann. Der mittlerweile 70 Mitglieder starke Verein wolle sich dabei in erster Linie an Familien sowie Kinder und Jugendliche wenden und ein "für die gesamte Region einmaliges Kultur-Projekt" aus der Taufe heben.

Dörfliche Struktur wie vor über 1200 Jahren

Dazu will der Verein eine dörfliche Struktur aufbauen, wie sie im fünften bis achten Jahrhundert üblich war. Eine Art Freilichtmuseum soll Einblicke in die handwerklichen Fähigkeiten der Franken geben.

Ein halbes Dutzend Zelte war für ein Wochenende auf dem Grundstück in der Gemarkung "Britzenhülle" aufgebaut, in denen der Verein schon einmal zeigte, wie künftige Aktivitäten aussehen könnten. Ein Schmied bearbeitete Metall auf seinem Amboss, beim Bogenbauer ging es um Treffsicherheit, und die Frauengruppe stellte Lederbeutel und Holzamulette her. "Eine Weberei, eine Töpferei, ein Langhaus als Gemeinschaftsgebäude und einige kleine Lager- und Wirtschaftsgebäude sind ebenfalls geplant", so Heeb. Er machte klar, dass der Verein maximal zwei Gebäude pro Jahr errichten möchte. "Wir bauen nur genauso viel, wie wir uns finanziell und vom Arbeitsaufwand her leisten können", sagte er.

Insgesamt sollen im Endausbau einmal 15 Gebäude auf dem Gelände stehen. Für die Informationsveranstaltung hatte der Verein schon einmal vorgearbeitet und den Rohbau eines fünf Meter hohen Wirtschaftsgebäudes als Anschauungsobjekt errichtet - allerdings aus dünnen Balken, da es wieder abgebaut werden muss. 15 Personen waren dafür vier Tage lang im Einsatz, wobei auch modernes Werkzeug zum Einsatz kam, weil es, so Heeb, "ausnahmsweise schnell gehen musste". Dabei sei es vor allem um die Darstellung der einstigen Bautechnik gegangen, mit Holzzapfen als Verbindungselemente und Wänden aus Lehmputz sowie Haselrutengeflecht als Basis.

Gebäude sollen ausschließlich aus Holz und Lehm gebaut werden

Wie einst die Franken will der Verein sämtliche Gebäude ausschließlich mit den Materialien Holz und Lehm errichten. Wer richtig in die Welt der Franken eintauchen will, der soll auch für einen längeren Zeitraum von vielleicht einer Woche in der Frankensiedlung wohnen können, in kleinen Schlafgebäuden. Das seien allerdings keine Wohngebäude, betont Heeb. Die Gäste würden dann in die Struktur der Siedlung eingebunden und könnten durch ihre Mitarbeit in der Siedlung ein ziemlich authentisches Gefühl für das Leben der Menschen aus dieser Zeit bekommen.

Wobei dank eines modernen Sanitärgebäudes am unteren Ende des Grundstücks die hygienischen Bedingungen dem heutigen Standard entsprechen sollen. Mittlerweile wurden auch schon einige Pflanzen und Bäume angepflanzt und ein Kräutergarten angelegt, mit dessen Hilfe die Besucher einen Einblick erhalten, welche Kräuter und Gewürze damals zur Zubereitung von Speisen genutzt wurden.

Im September will der Verein das Projekt zusammen mit Architekt Udo Heimermann im Bauausschuss der Grafschaft vorstellen und anschließend einen Antrag auf Änderung des Flächennutzungsplanes sowie Ausarbeitung eines Bebauungsplanes stellen. In diesen Verfahren sollen dann sämtliche Fragen rund um die in einem Landschaftsschutzgebiet gelegene Frankensiedlung geklärt werden. Heeb: "Dabei werden auch die Bedenken und Befürchtungen der Kritiker thematisiert und gegebenenfalls in die Planungen eingearbeitet." Außerdem würden ohnehin von Amts wegen der Naturschutz, der Lärmschutz und die Verkehrssituation geprüft für dieses künftige "Sondergebiet Tourismus".

Das sagen die Gegner des Projekts

Der Kritiker sind indes nicht wenige. 200 Grafschafter haben sich auf einer von einer Interessengemeinschaft (IG) initiierten Unterschriftenliste gegen die Frankensiedlung ausgesprochen. IG-Sprecher Wolfgang Reuss: "Wir sind nicht grundsätzlich gegen eine Frankensiedlung, nur nicht an dieser Stelle und mit dieser Ausrichtung." Die Gegner können sich "kaum vorstellen, dass die Errichtung eines Gewerbebetriebes in einem Landschaftsschutzgebiet genehmigt wird". Nach Einschätzung der IG werde das Vorhaben nach Fertigstellung ein Gewerbebetrieb unter dem "Deckmantel eines eingetragenen Vereins" sein mit einer Art Beherbergungsbetrieb. "Das hat nichts mehr mit einem gemeinnützigen Verein zu tun, der lebendige Geschichte vermitteln möchte", sagte Reuss. Außerdem befürchte die IG, dass mit der Frankensiedlung die Lärm- und Verkehrsbelastung in den umliegenden Ortschaften deutlich erhöht werde.

Schließlich habe der Verein selbst rund 15 000 Besucher pro Jahr prognostiziert. Nicht zuletzt bestehe die Sorge, dass bei einer möglichen künftigen Insolvenz des Vereines die Gemeinde Grafschaft die Trägerschaft für die Frankensiedlung übernehmen müsste und somit auch die Allgemeinheit Kosten für ein an sich privates Unternehmen zu tragen habe.

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