Bölinger Künstlerin Dorle Schweiss "Ich bin keine Blümchenmalerin"

BÖLINGEN · Die Begegnung mit der Bölinger Künstlerin Dorle Schweiss entpuppt sich schon nach wenigen Minuten als eine der besonderen Art. Wild stehen die roten Haare zu Berge, die Augen funkeln hinter der Brille. Die 70-Jährige ist bunt gekleidet, die Farbtupfer auf ihrer Stoffhose sind gewollt. Flink wie ein Wiesel huscht sie in ihrem bunten Haus an der Rheinbacher Straße die zum Teil schmalen Stiegen hinauf, bis man im zweiten Stock in ihrem licht durchfluteten Atelier steht.

 Dorle Schweiss (links) bei einer ihrer Ausstellungen in den Gewächshäusern in Bölingen.

Dorle Schweiss (links) bei einer ihrer Ausstellungen in den Gewächshäusern in Bölingen.

Foto: Gausmann

In ihrem Atelier präsentiert sich nicht nur ihre Staffelei, sondern auch ein fulminanter Blick über die Grafschafter Felder. Bis man dort oben angekommen ist, sind einem schon unzählige Werke der Frau, die von sich sagt, dass sie kurz vorm Einschlafen ein kreatives Genie ist, begegnet. Freie Zentimeter ohne Gemälde oder Kunstgegenstände muss man in dem Haus, an dem der Stauden-Produktionsbetrieb der Familie Schweiss angegliedert ist, suchen.

Dorle Schweiss ist quirlig, schlagfertig, steckt voller Humor. Eine Frau aus dem Leben, die genau hinschaut, wie's Leben tickt, die es aber auch über alle Maße zu lieben scheint. Die anderen aufs Maul schaut und - ihre zweite Leidenschaft - in Geschichten auf Papier festhält. Wie die vom Manderscheider Dechant, dem einst ein Ziegenbock durchs Dorf hinterher bis in sein Haus lief. Oder die vom Ausflug am See, bei dem sich eine Kuh auf Dorle Schweiss' weißer Jeans niederließ.

Als Kind malt sie leidenschaftlich gern Pferde. Als die Lehrerin sie zur Strafe auffordert, den Heiligen Sankt Martin zu zeichnen, kommt der natürlich auch nicht ohne Ross aus. Als junge Frau lernt sie als einziges Mädchen Baumschule, ein spezieller Gartenbauzweig. Dort lernt sie auch ihren Mann Walter kennen; 1967 wird Hochzeit gefeiert.

Die Kinder Britta und Rüdiger kommen 1967 und 1968 auf die Welt. "Sie waren klein, meine Welt auch." Da animiert sie ihr Mann, sich auf ihre Stärken zu besinnen. Sie grast alles an Kursen, Fortbildungen und Akademien ab, was nicht bei Drei auf dem Baum ist. "Dass ich überall dran gerochen hab', war gut. Man nimmt von jedem Dozenten was mit."

Mehr als 40 Jahre und 1000 farbenfrohe, abstrakte, gegenständliche, moderne Bilder später räumt sie ein, dass es Werke gibt, über die sie heute sagt: "Wie konnte ich nur." Dorle Schweiss, die auch Skulpturen anfertigt, liebt die großflächigen Bilder, "die behält man für sich". So prangen abstrakte farbenfrohe Gemälde in der Küche, die griechische Mythologie hat's bis in ihr Bad geschafft. "Wenn ich male, kann die Welt untergehen.

Im Atelier vergesse ich alles", lacht die Grafschafterin, die Freude hat, ihrer achtjährigen Enkelin Mal-Unterricht zu erteilen. Und sich daran erinnert, dass sie mal so im Element war, dass sie den Pinsel in der Küche in ein Gurkenglas tunkte. Die aber auch über sich sagt: "Ich bin keine Blümchenmalerin, da kommt was Eigenes aus dem Bauch." Inspiration pur waren für sie ihre Reisen nach Kuba, Südafrika, Tunesien, Marokko oder auf Mauritius. "Heute ziehen wir mit dem Wohnmobil, das das Christkind auf den Hof gestellt hat, los. Das ist ein lässiges Leben ohne Zwänge.

Leinwand, Farbe und Pinsel sind immer dabei." August Macke und der Spanier César Manrique sind die Vorbilder der Künstlerin. Ein Windspiel von Manrique, das auf Lanzarote steht, hat Walter Schweiss seiner Frau nachbauen und vors Gewächshaus stellen lassen. Mit 26 handgemachten Kugellagern auf einem von ihr bemalten Riesenstein. "In den Gewächshäusern finden alle zwei Jahre Ausstellungen statt. Jetzt wieder von Ende September bis Anfang November 2015", so Schweiss. Am Ende der besonderen Begegnung stellt sie auch noch ihre Spontanität unter Beweis: Sie verspricht, Bilder aus vier Jahrzehnten ihres kreativen Schaffens nebst Skulpturen anlässlich des 40. Geburtstags der Grafschaft in der General-Anzeiger-Zweigstelle in Ahrweiler auszustellen.

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