Das Publikum war begeistert Flüchtige Frühlingsmomente

HOLZWEILER · Stipendiaten der Villa Musica gastierten mit dunklen Klängen in der Villa Bellestate

 Die jungen Musiker begeisterten das Publikum in der Villa Bellestate.

Die jungen Musiker begeisterten das Publikum in der Villa Bellestate.

Foto: Martin Gausmann

Mit einem klassischen Bläserkonzert haben junge Stipendiaten der Villa Musica Eingangsbereich und Wintergarten der Holzweiler Villa Bellestate bis zum Bersten füllen können. Musikalisch als Kontrapunkt zum österlichen Wetter vor den Fenstern begeisterten die Musiker mit ihrem Können und mit ihrem Ausdruck.

Da schien nach Tagen des unsteten Wetters endlich einmal die Sonne wieder etwas länger, und im Konzert widmete man sich dunklen, osteuropäischen Klängen. Musikalisch wurde dieser Bruch ebenfalls vollzogen. Den Reigen düsterer Melodien führte die fröhliche Ouvertüre zu Gioachino Rossinis "Der Barbier von Sevilla" an.

Wie ein flüchtiger Frühlingsmoment wirkten die feinen Motive der Oper, die bei ihrer Uraufführung 1816 durch Manipulation ein riesiger Flop wurde, dann aber einen Siegeszug durch ganz Europa antrat. Virtuos warfen sich die Jungmusiker die Motive zu und auch die bekannten Gassenhauer durften nicht fehlen. Das Publikum quittierte die hervorragende Leistung unter anderem mit "Super"-Rufen.

Leicht, aber spürbar folgte dann ein Umschwung in der Stimmung des Konzertabends. Das "Adagio und Allegro f-Moll" KV 594, von Wolfgang Amadeus Mozart 1790 ursprünglich für Flötenuhr komponiert, ist eine Trauermusik auf den österreichischen Feldmarschall Gideon Ernst von Laudon, der 1759 die Preußen unter Friedrich II. in der Schlacht bei Kunersdorf geschlagen hatte.

In waghalsiger Harmonie schraubte Mozart im Adagio die Musik zu einem oft sperrigen Ganzen zusammen. Nur das Allegro war ein Ausbruch an Heiterkeit als tiefe Verneigung vor dem Volkshelden. Doch in der Reprise des Adagio kamen die gewagten Harmonien zurück, auf der Gegenfolie des Allegro sogar noch sperriger. Das Publikum war spürbar von diesem ungewohnten Mozart in Bann gezogen - es vergaß für einen Moment sogar das Klatschen.

In ihrer diesjährigen Saison richten die Interpreten der Villa Musica ihren Blick besonders auf Osteuropa. Als den meisten Hörern unbekannter Komponist des Abends präsentierten die jungen Musiker den tschechischen Juden Pavel Haas, einen Vertreter der Komponistenriege, deren Schaffen jäh durch den Einmarsch der Nationalsozialisten gewaltsam zu Ende gebracht wurde.

Sein "Bläserquintett" op. 10 von 1929 vereint mährische Volksmelodien, jüdischen Synagogengesang und die Polyrhythmen der Epoche nach dem ersten Weltkrieg zu einem ganz eigenen Klangerlebnis. Kontrastreich schwang das Stück zwischen humorvollen Passagen, die dann aber in den vorherrschenden Molltonarten wieder untergingen.

Auch der dritte Satz, ein "Ballo eccentrico", war eher von einer bösartigen Ironie geprägt, als dass unbeschwerte Tanzfreude aufkommen konnte. In die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg entführten die jungen Musiker mit einer Bearbeitung des "Streichqartetts" Nr. 8, op. 110 von Dimitri Schostakowitsch.

Entstanden ist das Werk in kürzester Zeit 1960, als Schostakowitsch bei Dreharbeiten einer Dokumentation über die Zerstörungen des Krieges weilte. Trotz der düsteren Grundstimmung des Stückes konnten die Musiker auch die hoffnungsvollen Passagen gut herausarbeiten - dennoch schwere Kost für einen fröhlichen Frühlingstag.

Besonders die Brutalitäten des zweiten und vierten Satzes hängten sich wie eine Wolke über den Abend - da konnte auch der sarkastisch-banale Walzer dazwischen nichts ausrichten. Ein gelungener Kontrapunkt, dem das Publikum begeisterten Applaus schenkte.

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