Kreis Ahrweiler Messie-Haus in Niederzissen wird ausgeräumt

Niederkassel/Niederzissen · Den wievielten Anhänger Christel Schmitz nun mit Gestrüpp und Wildwuchs beladen hat? Die 59-jährige Mondorferin weiß es nicht. Auch sind die Kubikmeter Müll ungezählt, die sie mit Helfern in den letzten Wochen bereits aus dem Keller des völlig verwahrlosten Hauses in Niederzissen herausgeschleppt hat.

 Mit freiwilligen Helfern räumt die Niederkasselerin Gaetana Chiaramonte den gröbsten Unrat aus dem Garten und aus ihrem Haus in Niederzissen, das Messies verwüstet haben.

Mit freiwilligen Helfern räumt die Niederkasselerin Gaetana Chiaramonte den gröbsten Unrat aus dem Garten und aus ihrem Haus in Niederzissen, das Messies verwüstet haben.

Foto: Axel Vogel

Wie viel Unrat noch auf dem 770 Quadratmeter großen Grundstück auf die Abholung wartet? Sie will es sich gar nicht ausmalen, denn was für die beherzte Verwaltungsangestellte allein zählt: Die Arbeit muss getan werden, um ihre Freundin vor dem finanziellen Ruin und dem Zusammenbruch zu retten.

Gaetana Chiaramonte, die das 150 Quadratmeter große Einfamilienhaus geerbt hat, sieht sich in der Tat kurz "vor der Grenze des Erträglichen". Wie bereits mehrfach berichtet, ist die blinde Niederkasselerin Opfer einer "Messie-Familie" geworden. Die hat der 51-jährigen Witwe Anfang des Jahres nicht nur 150 Kubikmeter Müll hinterlassen, "sondern auch ein zerstörtes Haus", so die Eigentümerin, die in der Niederkasseler Stadtverwaltung arbeitet.

Neben einer Vermüllung richtete die exzessive Tierhaltung einen Schaden von rund 100.000 Euro an, sagt Chiaramonte. Geld für die Sanierung hat die verzweifelte Eigentümerin nicht. So ist sie gezwungen, das mit einer Hypothek belastete Haus so schnell wie möglich zu verkaufen. Darum opfern Freunde wie Christel Schmitz Samstag für Samstag ihre Freizeit zum Saubermachen.

Das Wort "Messie" klingt für Außenstehende abstrakt und wenig dramatisch. Freilich gewinnt der Begriff eine fast schon gruselige Bedeutung für jeden, der das Einfamilienhaus von Gaetana Chiaramonte am Niederzissener Ortseingang aus nächster Nähe gesehen hat.

Allein beim Blick auf den 30er-Jahre-Bau mit seinem verwilderten und mit Unrat und Holzabfällen gespickten Garten ringt ein 60 Jahre alter Bürger aus Rheidt, der nicht genannt werden möchte, nach Worten. "So etwas hätte ich im Leben nicht erwartet, das ist ja totaler Schrott", beschreibt der Italiener, der mit Chiaramonte befreundet ist, seine Eindrücke.

"Weil die Freundin in Not ist", arbeitet sich der Steinmetz jeden Samstag acht Stunden lang durch Dickicht und Müll im Vorgarten. Deutlich schlimmer erlebt das Haus allerdings, wer es betritt, so wie Chiramontes 45 Jahre alter Nachbar. "Das war schon ein Schock", sagt der Servicetechniker, der mit seiner Frau und dem elf Jahre alten Sohn anpackt. "Vor allem der Gestank war widerlich."

Der rührt von einer Vielzahl von Tieren her, welche mit Chiramontes Mietern unter einem Dach gelebt hatte. Die Mieter waren eine Lehrerin, ihr Mann, der als Gartenbauer arbeitet, und zwei Kinder. Neben Hunden, Katzen, einem Nasenbär, Chinchillas und Mardern weiß die Vermieterin von Reptilien und lebenden Futtertieren wie Ratten, die teils frei im Haus liefen.

Tierische Hinterlassenschaften haben die Böden vom Dach bis zum Keller ruiniert, in dem es besonders düster aussieht. Wenn sie hier aufräumt, fühlt sich Christel Schmitz ein Stückweit an amerikanische Horrorfilme erinnert. Nicht nur völlig lichtlose Verschläge wirken verstörend, in denen unter unwürdigen Bedingungen Hunde gehalten wurden. Schaurig sind vor allem Tierknochen, die Schmitz in dem mit Abfall, Stroh und Erde angefüllten Kellerboden zuhauf einsammelt.

All das muss beseitigt werden, sagt Immobilienmakler Manfred Jeckstadt, bevor der Verkauf des Hauses wenigstens in etwa die Hypotheken von 50.000 Euro decken kann. "Es gab schon einige Interessenten", sagt Jeckstadt. "Aber als die das Haus gesehen haben, war immer die erste Frage: Der Unrat kommt aber noch weg?"

Dafür haben Chiramonte und ihre Helfer noch bis August Zeit. Solange ist die Bank damit zufrieden, dass nur die Zinsen der Hypothek bedient werden. Bis dahin hofft die Niederkasselerin, noch weitere Freiwillige zu finden, die ihr beim Aufräumen helfen und dabei, "den Fluch des Messie-Hauses wieder loszuwerden", so sagt sie.

Wer Gaetana Chiaramonte samstags unterstützen will, und etwa die Holzabfälle im Garten entsorgen kann, soll sich bitte melden unter der Rufnummer 02208/1097.

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