Kultur- und Heimatverein Niederzissen Angst um die Zukunft der Vereine

NIEDERZISSEN · Die Kontaktpflege zu artverwandten Vereinen stärkte der Kultur- und Heimatverein Niederzissen erneut mit seinem gut besuchten fünften Neujahrsempfang in der Bausenberghalle.

 Vorsitzender Richard Keuler (von links) überreichte Manfred Sattler einen Bausenberg-Krotzen. An Sattlers Rede knüpften Kreisbeigeordneter Friedhelm Münch und VG-Chef Johannes Bell an.

Vorsitzender Richard Keuler (von links) überreichte Manfred Sattler einen Bausenberg-Krotzen. An Sattlers Rede knüpften Kreisbeigeordneter Friedhelm Münch und VG-Chef Johannes Bell an.

Foto: Ginzler

Als Ortsbürgermeister und Vereinsvorsitzender hieß Richard Keuler die Vertreter aller Ortsvereine, der katholischen Kirche, der befreundeten Vereine aus Ahrweiler, Sinzig, Königsfeld, Waldorf, Wehr und erstmals Dedenbach ebenso willkommen wie Gäste aus Politik und Wirtschaft.

Für das Vorjahr hob der Gastgeber etwa den Austausch mit Vereinen aus Sinzig, Königsfeld und Waldorf hervor, die gestalteten Außenanlagen der ehemaligen Synagoge Niederzissen, wofür er Albert Schäfer, Beppo Fiorelli und Gerwig Käse dankte, Fortschritte an Henks Mühle, die Brückenerneuerung über den Brohlbach durch die Seniorenwerkstatt und die Fußbodensanierung der alten Rodderer Schule durch den dortigen Bürgerverein.

"Sind die Vereine von heute die Sorgenkinder von morgen?", fragte Manfred Sattler provokativ in seinem Vortrag und antwortete mit einem aufrüttelnden "Ja". Auf allen Ebenen, so der Präsident der IHK Koblenz und Ortsbürgermeister von Wassenach, haben sich die Gesellschaft und mit ihr die Freizeitinteressen in den vergangenen 50 Jahren verändert. Nach dem Krieg waren Vereine "Lebenselixier im Dorf und ländlichen Raum", boten Freude, Fahrten, Feste, Ausgleich im Alltag und Selbstbewusstsein dank des gemeinsam Erreichten. Heute drücken Überalterung und Nachwuchssorgen. Viele Menschen scheuen die Verbindlichkeit in Vereinigungen.

Angesichts eines Freizeitüberangebots - "professionelle Anbieter verdrängen die Vereine" - und des Trends zu flexibler, individueller Freizeitgestaltung erscheinen Vereinsangebote nicht mehr attraktiv. Wechselnde Arbeitszeiten vereiteln die regelmäßige Teilnahme am Vereinsleben. Auch durch neue Formen der Kommunikation gerät es ins Abseits: "Jeden Abend eine Stunde Facebook, da hat man keine Zeit für einen Verein."

Sattler mutete seinem Publikum die ganze Wahrheit zu. Verantwortlich für die Misere seien auch die Vereine selbst, die vielfach ihr Programm unverändert umsetzten. Es gelte hingegen, die Angebote permanent anzupassen, ganz neue Wege einzuschlagen, kreativ zu denken und "noch mal richtig dazuzulernen".

Um "Personal", Aufwand, Kosten zu sparen, schlug er vor, die Vereine im Ort zu einem einzigen mit mehreren Abteilungen zusammenzufassen, einen Verein für mehrere Orte zu schaffen und statt vieler Feste, wie 2013 in Wassenach praktiziert, eines gemeinsam zu feiern. Angebote, Werbung und Dokumentation müssten sich im Wettbewerb mit Profianbietern verbessern. Es gelte modern zu kommunizieren (Mobiltelefon, E-Mail, SMS) und junge Menschen aktiv einzubinden.

"Eine wunderbare Chance für Vereine sich einzubringen", sagte darauf Verbandsgemeindechef Johannes Bell und appellierte an die Mitglieder sich in den betreuenden Grundschulen einzubringen: "Das würde beide Seiten befruchten."

Dem Applaus auf Sattlers Rede nach zu urteilen, sprach Kreisbeigeordneter Friedhelm Münch den Anwesenden aus dem Herzen, als er als er den Referenten aufforderte: "Sie könnten durch die Dörfer ziehen und überall diesen Vortrag halten, damit die Orte nicht zu Schlafstätten werden."

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