Kommentar Zufrieden mit sich selbst

Bad Neuenahr · Wie allergisch Bad Neuenahrs Kommunalpolitiker auf kritisches Hinterfragen ihrer Entscheidungen reagieren, haben die Fraktionsvorsitzenden nun in einer gemeinsamen Erklärung deutlich gemacht.

Während sich die Ratsakteure "Mut, gute Vorbereitung und Sachkenntnis" bescheinigen, attestieren sie dem aus Volks- und Betriebswirten, Juristen und Haushaltsrechtlern bestehenden Bund der Steuerzahler und auch kritischen Berichterstattern mangelndes Urteilsvermögen, ein Arbeiten auf der Basis von Mutmaßungen und schlampige Recherche. Der Bund der Steuerzahler - vom Rat als "selbsternannter Hüter öffentlicher Finanzen" bezeichnet - lasse sich zudem vom General-Anzeiger vor den Karren spannen. Andernorts genießen Presse und Bund der Steuerzahler eine andere Wertschätzung.

Bereits vor Monaten hatte der Mainzer Steuerzahlerbund eindringlich auf den fragwürdigen Kosten-Nutzen-Effekt bei einem etwaigen Kauf der Ahr-Thermen aufmerksam gemacht und eine deutliche Warnung ausgesprochen. Der Zeitung bedurfte es da gar nicht.

Schließlich hatte die Aktiengesellschaft (AGBN) die Ahr-Thermen noch vor zwei Jahren für einen Euro angeboten, eine Veräußerung der dazu gehörenden Grundstücke war gegen Darlehensübernahme offeriert. Gleichzeitig sollten der Stadt 500 000 Euro Anteil an der Spielbankabgabe überwiesen werden. Das kann man im Geschäftsbericht der AGBN nachlesen. Erst recht die Vertreter der Stadt, die ja mit 27,4 Prozent an der AG beteiligt ist.

Nun ist der Rat zufrieden mit sich und dem Elf-Millionen-Euro-Deal (Kauf und Sanierung), dem damit einhergehenden Kredit und den Folgekosten, die auf den Steuerzahler zukommen. Zuletzt betrug der Jahresfehlbetrag aus dem laufenden Betrieb der Thermen 800 000 Euro. Vergessen hat der Rat, dass er neben dem reinen Kaufpreis von drei Millionen Euro noch ein altes Blockheizkraftwerk (400 000 Euro), Wohlfühlkarten (500 000 Euro) und die Bürde, die es im Zusammenhang mit dem Landeszuschuss für den Bademantelgang gibt (1,7 Millionen Euro), übernommen hat. Dass noch sieben Millionen an Sanierungskosten hinzukommen, sollte nicht unerwähnt bleiben.

Hervorgehoben werden vom Rat auch die Wertschöpfung, die von den Thermen ausgehe, und die Steuern, die Thermenmitarbeiter aus ihren Einkommen erbringen würden. Da es sich fast ausnahmslos um Geringverdiener handelt, führen sie allerdings so gut wie gar nichts an das Finanzamt ab. Vielleicht sollte man die SPD bitten, dort mal nach dem Mindestlohn nachzufragen. Zur Wertschöpfung ist zu sagen, dass in der Tat Ferienwohnungsbetreiber von den Thermen profitieren. In überschaubaren Teilbereichen auch der Einzelhandel. Das Gros der Steuerzahler indes nicht.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort