Wohnraum für Asylbewerber Steigende Flüchtlingszahlen und zu wenige Unterkünfte

KREIS AHRWEILER · Die Städte und Gemeinden an Rhein und Ahr haben ein Problem zu lösen, das sie schnell vor eine Überforderung stellen könnte: Es gilt, die immer größer werdende Zahl an Flüchtlingen angemessen unterzubringen und zu verpflegen.

In ganz Deutschland verteilte Erstaufnahmeheime sind längst überfüllt. Einige Bundesländer haben inzwischen Wohncontainer aufgestellt, um allen Asylsuchern ein Dach über dem Kopf zu bieten. Auch in Gewerbegebieten, abseits jeder Wohnbebauung, werden Flüchtlinge untergebracht. Die Kommunen sind nun gefordert, Lösungen zu finden. In Sinzig sucht man jetzt nach privaten Unterkünften, nachdem die Kapazitäten des städtischen Wohnraums ausgeschöpft sind.

Insbesondere sind es Syrer, die derzeit um Aufnahme bitten. Knapp fünf Prozent der Flüchtlinge müssen nach einem Verteilerschlüssel des Bundes in Rheinland-Pfalz untergebracht werden. Das Land weist diese wiederum den Kreisen zu, die den Kommunen. Für Remagen beispielsweise bedeutet dies: Knapp 13 Prozent der Asylsuchenden im Landkreis Ahrweiler müssen in der Römerstadt untergebracht werden. Derzeit sind es 50 Personen, die von der Stadt insbesondere in stadteigenen Häusern am Kripper Batterieweg betreut werden. Die Heime wurden gerade für 173 000 Euro auf Vordermann gebracht. Viel Platz gibt es nun nicht mehr.

In Sinzig wurden Wohnungen an der Friedrich-Spee-Straße hergerichtet. Sie befinden sich in einem guten Zustand. Teilweise stehen allerdings vier Betten in einem Raum, beheizt werden sie mit Öfen. Lange wird es nicht dauern, und die Wohnungen sind komplett belegt. Die 40-jährige Axra aus Bosnien wird ihre dortige Bleibe in den nächsten Tagen räumen, sie hat woanders ein Zimmer vermittelt bekommen. "Als Zigeunerin habe ich in meiner Heimat keine Rechte. Deshalb bin ich hier", sagt sie. Nun sucht sie Arbeit. Solange sie keine findet und bis sie überhaupt arbeiten darf, ist sie auf die Hilfe des Staates angewiesen.

Sie erhält Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (362 Euro), die sich aus Grundleistungen zur Sicherung des physischen Existenzminimums sowie einer Geldleistung zur Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums zusammensetzen. Hinzu kommen Kosten für Unterkunft und Heizung sowie individuelle Sachleistungen.

Nach der Anerkennung als Asylant wird Axra Hilfen nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch oder dem Zwölften Sozialgesetzbuch bekommen. Heißt: Es werden die Regelleistung sowie die Kosten der Unterkunft gewährt. Bis es allerdings soweit ist, kann viel Zeit ins Land streichen. Die Dauer der Asylverfahren variiert nämlich sehr stark, was daran liegt, dass jeder Fall in der Regel sehr individuell ist und entsprechend gewertet werden muss.

Fast 60 "Leistungsempfänger" sind in Sinzig registriert. Carsten Lohre von der Stadtverwaltung spricht von einer "leicht angespannten Situation", die schnell ernster werden kann. Unter Hochdruck arbeitet er daran, weiter privaten Wohnraum anzumieten, um etwaigen neuen Zuweisungen Rechnung tragen zu können.

Groß sei die Hilfsbereitschaft: "Das Rathaus erreichen viele Anrufe engagierter Bürger, die bereit sind, Arbeitskraft, Möbel oder Kleidungsstücke zur Verfügung zu stellen, um die Situation zu verbessern."

Die Lage ist auch in der Kreisstadt angespannt, bislang konnten aber alle 49 Asylbewerber untergebracht werden. "Wir sind aber auf der Suche nach geeigneten Unterbringungsmöglichkeiten", teilte das Rathaus mit. Stadtsprecher Karl Walkenbach: "Der Flüchtlingsstrom wird in nächster Zeit nicht abreißen und uns weiterhin vor Herausforderungen stellen."

Auf der Grafschaft leben derzeit 23 Asylbewerber in angemieteten Wohnungen. Für die Gemeinde geht das in diesem Jahr mit Kosten von 117 000 Euro einher. Probleme mit der Nachbarschaft gebe es keine. Mehr als das Doppelte muss übrigens Bad Breisig für seine 65 Asylbewerber aufbringen. Damit alleine ist es nicht getan. Bürgermeister Bernd Weidenbach: "Es wird eine besondere Aufgabe, die Bewohner aus anderen Ländern mit vereinten Kräften ins Gemeinwesen und, nach Anerkennung, ins Arbeitsleben zu integrieren."

Aufenthaltsgestattung

Während geprüft wird, ob einem Asylantrag stattgegeben wird, ist dem Asylbewerber der Aufenthalt in Deutschland erlaubt. Diese "Aufenthaltsgestattung" ist jedoch an einen bestimmten Ort gebunden, den die Behörden festgelegt haben ("Residenzpflicht"). Mitunter unterliegt der Bewerber noch weiteren Auflagen. Durchschnittlich dauert es rund neun Monate, bis über einen Antrag entschieden wird. In Einzelfällen kann das Verfahren allerdings auch bis zu 42 Monate dauern.

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