Kritik am Energieversorger Ahrweiler Stadt wirft EVM Versäumnisse vor

AHRWEILER · Die Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler sah sich gestern veranlasst, die bei der Energieversorgung Mittelrhein (EVM) ausgelösten "Irritationen", die es derzeit um den Zustand des seit dem 1. Januar von der Stadt in Eigenregie betriebenen und von der EVM übernommenen Trinkwassernetzes gibt, näher zu erläutern.

Nicht das Wassernetz sei in einem sanierungsbedürftigen Zustand, sondern nach derzeitigem Kenntnisstand ausschließlich die zwölf Kilometer lange Transportleitung zwischen Wachtberg und dem auf Neuenahrer Gebiet liegenden "Tritschkopf", von dem aus das Trinkwasser in das Verteilernetz der Kreisstadt gelangt. In einer Pressekonferenz bei der EVM war allerdings von unterstellten Mängeln im gesamten Netz die Rede.

Die Stadt habe nie von einem "verwahrlosten Netz" gesprochen, wie es dargestellt worden sei, unterstrich gestern Erster Beigeordneter Detlev Koch. Vielmehr sei das Bad Neuenahrer Netz in gutem Zustand. Anders sehe es bei der Transportleitung aus, die von Wachtberg über die Grafschaft nach Bad Neuenahr führt. Schäden und Unzulänglichkeiten sollen nun von einem Gutachter untersucht und analysiert werden (der GA berichtete). Mit dem Ergebnis werde man sich dann an die EVM wenden, kündigte Koch gestern an.

Ganz anders die Darstellung der EVM, die gestern auf GA-Anfrage erneut erklärte, die Stadt habe in einem Schreiben sehr wohl "das gesamte Netz in Frage gestellt". EVM-Sprecher Christian Schröder: "Auf die nun beklagte Transportleitung sind wir überhaupt nicht angesprochen worden. Statt dessen warf man uns vor, das gesamte Netz sei in schlechtem Zustand." Auf die Wartung der Transportleitung angesprochen, erklärte Schröder: "Die Leitung wurde 1999/2000 gebaut. Sie ist in gutem Zustand und wurde alle Vierteljahre untersucht."

Dies gelte auch für die Schächte, die im selben Zeitrhythmus begangen wurden. "Sie waren alle völlig in Ordnung." Von einer Dokumentation der Begehungen in Wort und Bild, die dies belegen könne, sei der Stadt jedoch nichts bekannt, sagte Koch.

Mit großer Wahrscheinlichkeit ist bekanntlich der Trinkwasserstörfall vom vergangenen September durch Mängel an zumindest einem Schacht ausgelöst worden. Die EVM als Betreiber des Wassernetzes habe die Stadt nicht auf Mängel und Defizite aufmerksam gemacht, so der Vorwurf der Stadtverwaltung. Etwaige Unzulänglichkeiten seien daher ihr alleine anzulasten.

Das im Zuge des Störfalls vom Kreisgesundheitsamt ausgesprochene Abkochgebot sowie die seither erfolgte starke Chlorung des Wassers hätten das Image der Kur- und Badestadt beschädigt, auch der Tourismus sei in Mitleidenschaft gezogen worden, rief Koch in Erinnerung.

Er gehe davon aus, dass die Transportleitung auf Grafschafter Gebiet stark sanierungsbedürftig ist, was beim Störfall deutlich geworden sei. Schächte hätten unter Wasser gestanden, da es an erforderlichen Pumpen fehlte. Dass damals E-Coli-Bakterien ins Trinkwasser gelangt seien, sei durch Gülleauftrag auf am Schacht liegenden Feldern aber auch auf Unterdruck im Schacht zurückzuführen, glaubt Koch.

Inzwischen habe man alle Schächte mit Pumpen ausstaffiert. Dies reiche aber nicht aus, um allen Erfordernissen Rechnung zu tragen, erläuterte Dezernatskoordinator Rainer Boes. Beigeordneter Koch ergänzte: "Wir haben vorsorglich 500 000 Euro im Haushalt bereit gestellt, um umfassend sanieren zu können." Was im Einzelnen an der Transportleitung repariert werden müsse, werde das in Auftrag gegebene Gutachten aufzeigen.

Ob die Stadt den Energieversorger für den entstandenen Imageschaden als Folge des Trinkwasserstörfalls haftbar machen will, vermochte Koch gestern nicht zu sagen. Jedoch wäre es bei einer fehlerfreien Transportleitung nebst mängelfreien Bauwerken wohl kaum zur Trinkwasserproblematik, die Bad Neuenahr und die gesamte Grafschaft über Wochen in Atem gehalten hatte, gekommen.

Koch ging auch auf das von der EVM nicht übernommene Personal ein. Man habe zu keinem Zeitpunkt zugesagt, das Personal zu übernehmen, sagte der Erste Beigeordnete. Jedoch habe man darüber nachgedacht, es zu beschäftigen. Koch dementierte nicht, dass der Stadt das zuvor von der EVM bezahlte Personal jedoch zu teuer war.

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