Bad Neuenahr Scharfe Töne in Richtung Kur AG

KREISSTADT · Statt eines Scharmützels scheint es nun eher eine heftige Auseinandersetzung zwischen der Kur AG und der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler zu geben.

Am Donnerstag wies Bürgermeister Guido Orthen in aller Schärfe die Darstellungen der Aktiengesellschaft (AGBN), an der die Stadt mit 27,4 Prozent beteiligt ist, zurück, es habe hinsichtlich der künftigen Ausrichtung der Aktiengesellschaft lediglich "Missverständnisse" gegeben. Es sei seit anderthalb Jahren eindeutig, dass sich die AGBN aus dem originären Kurgeschäft zurückziehen wolle, um sich künftig ausschließlich der eigenen Immobilienverwaltung zu widmen.

Entgegen der Aussage des AG-Vorstandes habe es sehr wohl - quasi als Signal für den Kur-Rückzug - einen Austritt aus dem Deutschen Heilbäderverband gegeben. Inzwischen liege dem Verband aber die Bitte der Kur AG vor, sie wieder aufzunehmen. Unmissverständlich wies Orthen ferner darauf hin, dass künftig der Stadt die Spielbankabgabe zustehe.

Alleine schon deshalb, weil sich der "Große Sprudel" und die Heilmittel der Trinkkur im städtischen Eigentum und Besitz befänden. Auch werde die Stadt in Kürze eine eigene Kurverwaltung eröffnen - gegenüber des Thermalbadehauses der Kur AG. Auf Anfrage bestätigte die Stadt, dass eine Diskussion über einen Verkauf der städtischen Geschäftsanteile an der Kur AG stattfinden könne. Somit ist derzeit offen, ob die Stadt auch in Zukunft Aktionär der Aktiengesellschaft Bad Neuenahr bleibt.

Wie berichtet, hatte der Stadtrat am Montag den Gesellschaftsvertrag der "Heilbad Gesellschaft Bad Neuenahr-Ahrweiler mbH" beschlossen. "Mit der Gründung der Heilbad Gesellschaft Bad Neuenahr-Ahrweiler mbH haben wir die neue - und einzige - Kurverwaltung in Bad Neuenahr aus der Taufe gehoben", sagte Orthen gestern.

"Seit fast zwei Jahren vernehmen wir die eindeutigen und keinesfalls 'missverständlichen' Ansagen der Aktiengesellschaft, sich vom Kurbetrieb zu trennen, weil dieser defizitäre Geschäftsteil wesentliche Ursache für die Schieflage des Unternehmens sei", so der Bürgermeister. Zu keinem Zeitpunkt habe man der Stadt gegenüber signalisiert, dass die Kur AG nun doch am Kurgeschäft festhalten wolle. Im Gegenteil. Orthen: "Alle anderen Darstellungen grenzen schon fast an eine infame Lüge." Stadtrat und Verwaltung hätten sich seitdem intensiv mit "der Struktur und den Essentialien des Heilbades Bad Neuenahr" beschäftigt. "Kern aller seitdem getroffenen Entscheidungen war immer, den Status als Heilbad für die Stadt zu sichern", sagte Orthen. "Mit dem Kauf der konstitutiven Elemente des Heilbades (Quelle, Kurpark, Konzerthalle) im vergangenen Jahr sind diese der Disposition eines einzelnen privaten Unternehmens entzogen. Als Eigentümerin ist die Stadt seitdem bereits Trägerin des Heilbades."

Die Wahrnehmung bestimmter Aufgaben sei dann mittels Vertrag der AGBN für eine Übergangszeit übertragen worden. Diese Vereinbarung war von der Kur AG zum 31.12. gekündigt worden. Orthen: "Die Aufgabenwahrnehmung musste neu organisiert werden." Da im Spielbankgesetz von der ?Kurgesellschaft' in Bad Neuenahr-Ahrweiler" die Rede ist, habe die Stadt sich für eine privatrechtliche Organisation der Aufgabenwahrnehmung in Form der GmbH entschieden. So sei die Heilbäder GmbH entstanden. Denn dass die "zur Förderung des Kurbetriebs und des Fremdenverkehrs" zweckgebundene öffentliche Förderung des Landes Rheinland-Pfalz in Form eines Anteils an der Spielbankabgabe an die städtische Gesellschaft fließe, sei elementar.

Das sagen die Fraktionsvorsitzenden zur Entwicklung der Kur AG und zur Spielbankabgabe

  • Nur mit Hilfe der Spielbankabgabe seien die Aufwendungen für die Heilbad-Infrastruktur zu finanzieren und deren Niveau dauerhaft zu erhalten, sagte CDU-Fraktionsvorsitzender Christoph Kniel. Die städtische Heilbad Gesellschaft stehe dabei für eine transparente und zweckentsprechende Verwendung der Mittel.
  • Hans Boes (FWG) sagte: "Da sie sich in ihrem Leistungsspektrum auf Angebote beschränkt, die der allgemeinen Standortsicherung und -förderung dienen, greift sie nicht in den örtlichen Wettbewerb ein." Denn Leistungen wie Fitnessstudios, Physiotherapie, Fango, Massagen, Bewegungstherapie und selbst Wannenbäder böten zahlreiche Betriebe in der Stadt an. "Da überschätzt die AG ihre Bedeutung für den Standort deutlich und belügt sich selbst, wenn sie davon ausgeht, dass nur sie Leistungsträger der örtlichen Gesundheitsbranche ist", so Boes weiter.
  • "Damit wir nicht missverstanden werden: Alle Fraktionen im Stadtrat würdigen die historischen Leistungen der AG und insbesondere der Mitarbeiter. Es würde uns freuen, wenn die AG als 'Gesundheits-AG' ein gewichtiger Akteur der örtlichen Gesundheitsbranche bliebe. Dies muss aber eine wirtschaftlich solide Entscheidung des Unternehmens sein und keine schöne Fassade ohne Inhalt, nur um weiterhin Empfänger der Spielbankabgabe zu sein. Für das aktuelle Operettentheater haben wir alle wenig Verständnis," erklärte Elisabeth Graff, SPD-Fraktionsvorsitzende, gestern Abend.
  • Für Wolfgang Schlagwein, Fraktionsvorsitzender der Grünen, ist die Gründung einer städtischen Heilbad Gesellschaft auch deshalb zwingend und richtig, "damit die Stadt auch einen echten Einfluss auf ihre Beteiligungsgesellschaft ausüben kann, so wie es die Gemeindeordnung fordert." Die bisherige Beteiligung der Stadt an der AG sei indes vor allem für die Aktiengesellschaft bequem. Sie habe den Eindruck erwecken können, als seien wesentliche Unternehmensentscheidungen mit der Stadt "abgestimmt", weil diese ja Anteilseignerin und Mitglied im Aufsichtsrat sei. Schlagwein: "Faktisch haben wir eine Stimme in einem Gremium mit neun Mitgliedern." Die nächste Frage, mit der sich die Stadtratsmitglieder zu beschäftigen hätten, sei daher, darüber zu diskutieren, "wie wir mit unserem Aktienpaket umgehen".
  • David Jacobs, FDP-Fraktion, hob den Beirat der neuen Heilbad Gesellschaft als Novum hervor. "Hier wird ein echtes Sprachrohr aus Vertretern der Kliniken, der Ärzte, der medizinisch-therapeutischen Berufe, des Ahrtal-Tourismus, der Werbegemeinschaften und der Beherbergungsbetriebe entstehen. Dies unterstreicht die Legitimation der Gesellschaft zur Interessenvertretung des Heilbades. Hier hat die AG zunehmend eigene wirtschaftliche Interessen verfolgt. Durch die von ihr selbst vorgenommenen Kursänderungen geriet die einstige Kur-Verwaltung zum Instrument der Selbstvermarktung."
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