Andrea Nahles SPD-Generalsekretärin auf Wahlkampftour im Kreis Ahrweiler

Ahrweiler · Langsam rollt die schwarze Audi-Limousine auf den Parkplatz der Pius-Kirche in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Der prominente Passagier wird bereits erwartet.

Vom Sinziger SPD-Ortsvereinsvorsitzenden, von der Bad Neuenahrer SPD-Fraktionsvorsitzenden und von einem Vertreter der Jusos. Andrea Nahles steigt aus, lächelt und winkt. Sie trägt einen blauen Hosenanzug, dazu weiße Schuhe und ein weißes T-Shirt. "Sind die Gummibärchen da?", fragt sie.

Die SPD-Generalsekretärin ist auf Wahlkampftour. Mit Hausbesuchen will die in Umfragen weit zurückliegende Partei fünf Millionen Bürger erreichen. Nahles klingelt für den Sieg. Auch an den Haustüren in der Kreisstadt.

"Ich habe zwei Katzen und will die Türe nicht so weit aufmachen", sagt ein Mann aus einem Mehrfamilienhaus an der Straße "Auf den Steinen". "Ich möchte gerne mit Ihnen ins Gespräch kommen", sagt Nahles. Kommt sie. Wenn auch nur kurz. "Gehen Sie wählen?", fragt sie an einer anderen Tür.

"Ja", ist die Antwort. "Und zwar SPD." "Das ist gut so", kann die Generalsekretärin, die im Wahlkreis 199 als Direktkandidatin auftritt, da nur sagen. Hauptsache, der Mann geht wählen. Immerhin sind bei der vergangenen Bundestagswahl zwei Millionen SPD-Wähler zu Hause geblieben. Die gilt es jetzt zu mobilisieren.

Missionarsarbeit will Nahles an den Haustüren nicht leisten. Schließlich lässt sich in drei Minuten zwischen Tür und Angel kein Christdemokrat bekehren. Erst recht nicht, wenn dabei auch noch ein Kamerateam, das Nahles im Schlepptau hat, filmt und jeden Winkel ausleuchtet.

Langatmige Diskussionen im Treppenhaus werden vermieden. "Mich würde interessieren, welche Themen Sie besonders bewegen", lautet die Türöffner-Frage der Generalsekretärin.

Der Klingelknopf wird so - wie Parteichef Sigmar Gabriel sagt - "zur wichtigsten Technologie im Wahlkampf". Nahles nutzt ihn, ohne in den Verdacht zu geraten, im Auftrag einer Staubsaugerfirma, der Zeugen Jehovas oder als Mitglied einer Drückerkolonne unterwegs zu sein. Einfach hat sie es in ihrem Wahlkreis trotz ihrer bundesweiten Bekanntheit nicht.

Knapp 25 Prozent der Erststimmen entfielen 2009 auf die Eifelerin, nur 21,1 Prozent der Zweitstimmen gingen an die SPD. Kein Wunder, dass CDU-Kontrahentin Mechthild Heil neulich von einem "schwarzen Wahlkreis" sprach.

Mindestlohn, Kita-Ausbau, Bekämpfung der Altersarmut, bezahlbare Mieten - das sind ihre Haustürthemen, die aber nur dann angerissen werden, wenn das Gegenüber sie auch von sich aus anspricht. Sie wirkt sehr ungezwungen und sympathisch, wenn sich die Haustüren öffnen. Schnell ist sie mit ihrem Gegenüber im Gespräch.

Auch wenn das nur kurz ist. Der Umstand, dass Andrea Nahles seit November 2009 Generalsekretärin ihrer Partei ist, hat nichts an ihren Lebensgewohnheiten geändert. Nach wie vor wohnt sie im 500-Seelen-Dorf Weiler, lebt dort auf dem kleinen Bauernhof, den einst ihre Urgroßeltern bewirtschaftet haben.

Ist sie auf Tour - und das ist sie notgedrungen oft - dann passt Ehemann Marcus Frings, ein Kunsthistoriker, auf das gemeinsame zweijährige Töchterchen auf. "Ich habe den richtigen Mann gefunden, der gut damit klar kommt, eine starke Frau an seiner Seite zu haben", sagt die Tochter eines Maurermeisters und einer Finanzangestellten.

Nahles, die jüngst erklärte, als "klassische Frau" erzogen worden zu sein, ist Literaturwissenschaftlerin, hat Politik, Philosophie und Germanistik studiert, bevor sie in der Politik aktiv wurde. Da war sie allerdings nie unumstritten. Als Linke in der SPD hatte sie vielmehr einen äußerst schweren Stand.

So verband sie mit dem einstigen SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering eine gepflegte Feindschaft. Müntefering hatte eigene Vorstellungen davon, wer SPD-Generalsekretär werden sollte. Und in dieser Vorstellungswelt spielte Nahles keine Rolle. Müntefering ist längst weg, Nahles ist noch da. Und damit das so bleibt, verteilt sie an den Bad Neuenahrer Haustüren neben Gummibärchen vorsichtshalber auch Tütchen mit Blumensamen. Es sind Vergissmeinnicht.

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