Weinfest in Heimersheim Mägde und Ritter spenden viel Handgeklapper

HEIMERSHEIM · Neuzeitliche Straßenschilder und -laternen verschwanden unter Sackleinen. Dafür wiesen Schrifttafeln den Weg und brannten Kerzen und Feuer. Statt in Jeans und Softshell-Jacke schlüpften Frauen in Samtkleider und Herren in Kniebundhose.

 Weinkönigin Hannah zieht beim Festumzug in Heimersheim die Blicke auf sich.

Weinkönigin Hannah zieht beim Festumzug in Heimersheim die Blicke auf sich.

Foto: Gausmann

Der Euro wurde wahlweise zum Silberling oder Taler, und mit dem Erwerb eines Lederbandes sicherten sich die Besucher des historischen Weinfests Heimersheim Zugang in eine andere Zeit. "Seid gegrüßt, holde Magd" und "Tretet ein, tapferer Recke", hieß es oft beim Einlass in die rustikal mit Stroh und Jute gestalteten Innenhöfe, die die Heimersheimer für ihre Gäste und den Weingenuss öffneten. Gaukler, Ritter, Bettler und Edelleute gaben sich ein Stelldichein bei Markt und Festumzug.

Das Mittelalter lebte zum 19. Mal auf beim Weinfest zu Ehren des Rebensafts und der zum Auftakt inthronisierten neuen Weinkönigin Hannah Möhren. Wo sie war, brandete Beifall auf, der am Wochenende "Handgeklapper" hieß, oder "Jubilatio maximalis", wie die Moderatoren Heinrich Möhren und Herold Malonius es formulierten.

Der Umzug war einer der Höhepunkte des Festes und von Einheimischen ebenso bestaunt wie von Auswärtigen. Menschen aus ganz Deutschland erhoben die tönernen Becher. Sogar Zuschauer aus Australien, Ghana und Kolumbien tanzten beim Umzug am Straßenrand zu mittelalterlichen Melodien mit oder ließen sich von den Artisten der Gruppe "Saltamus Gaudio" im wahrsten Sinne von deren Jonglierbändern einwickeln.

Auch wenn sich wohl wegen des vorhergesagt unbeständigen Wetters die Menschen nicht ganz so dicht in den Gassen drängten, wie schon in anderen Jahren. Aber beim Umzug blieb es trocken. "Barfuß-Mönch" Hermann Hecker war einmal mehr ohne Schuhwerk unterwegs, und in einer offenen Kutsche präsentierten sich nicht nur die Ex-Weinkönigin Vanessa Sion und Silberjubilarin Angela Ockenfels, sondern auch Ahrweinkönigin Viktoria Kugel und Weinmajestäten der Umgebung.

Auch andere Majestäten machten beim Festumzug mit: Karnevalsprinz Werner Schmidt hatte bei den "Närrischen Landskronern" Strumpfhose und Ornat gegen den Zwirn eines Edelmanns getauscht, und der neue Ehlinger Hahnenkönig Leo Krause trug Zylinder. Beim TTV Ehlingen war außerdem die elfjährige Elena Füllmann dabei: Im geschmückten Rundbogen ganz oben auf dem Wagen sitzend winkte sie als "Winzernachwuchs" den Zuschauern zu.

Ein besonderes Augenmerk galt zudem den Söldnern von Milites Sentiacum, die imposant ihre Waffen präsentierten, oder der Falknerei Anderswelt, die mit amerikanischen, indischen und afrikanischen Uhus sowie "Einhornhunden" gekommen war. Möhne mutierten zu Marktfrauen, Schul- und Kindergartenkinder mimten Maiden und Recken, und der Schützenverein Bauern und Kaufleute. Schellenklang und Trommelschlag, Schalmeienspiel und Dudelsackpfeifer waren schon von weitem zu hören. Erwachsene die es beim Weinfest zu bunt trieben, waren bei Medicus und Kräuterfrau richtig.

Schmied, Schmuckwerker, Gewandschneider, Glasbläser und Wippdrechsler waren zu bestaunen. Beim Mäuseroulette schauten längst nicht nur Kinder zu, für die es überall etwas zum Mitmachen gab: So beim Bogenschießen oder in der Specksteinwerkstatt, beim Eierquetschen, Flugbesenbauen oder auf einem handbetriebenen Holz-Riesenrad.

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