Unternehmertag in Ahrweiler Kreishandwerkerschaft ringt um den Nachwuchs

KREIS AHRWEILER · Der demografische Wandel in Deutschland macht sich mehr und mehr bemerkbar, und zwar in allen Bereichen. Auch auf dem Arbeitsmarkt. Und so suchen Handwerker, Dienstleister oder Händler, also praktisch alle, die Ausbildungsplätze anzubieten haben, derzeit mit allen möglichen Mitteln und Instrumenten nach geeignetem Nachwuchs.

Auf dem Gelände der Ahr-Akademie in Ahrweiler veranstaltete die Kreishandwerkerschaft zum zweiten Mal ihren Unternehmertag. Die Zielgruppe: Jugendliche, die sich noch nicht entschieden haben, welchen Berufsweg sie einmal einschlagen möchten.

Die aktuellen Zahlen machen Kreislehrlingswart Rolf Genn mehr und mehr Sorgen: die rund 500 Handwerksbetriebe im Kreis mit etwa 10.000 Beschäftigten bilden derzeit exakt 727 Auszubildende aus. Aber: es könnten rund 100 Azubis mehr sein. Stellen sind nicht besetzt, Bewerber sind keine da. "Gravierend ist das insbesondere im Nahrungsmittelhandwerk", weiß Genn schon seit langem zu berichten.

Mitten in der Nacht aufzustehen, um in Bäckereien Brote zu backen - oder aber schwere Schweinehälften in Metzgereien zu stemmen, damit sind die Jugendlichen in Zeiten des Überangebots an Ausbildungsplätzen nicht mehr zu locken." Das Handwerk muss sich darauf einstellen. "Es gibt bei uns kaum mehr schwere Säcke, Mehl und andere Produkte kaufen wir mittlerweile in 25-Kilo-Gebinden, Maschinen erleichtern die schweren Arbeiten, wo es geht", so Genn, der die Probleme als langjähriger selbstständiger Bäcker nur zu gut kennt.

Längst hat das Handwerk die Suche nach den Handwerkern von morgen ausgedehnt, berichtet der Leiter der Ahr-Akademie, Stefan Gustav. Es gibt neue Projekte, etwa das der "zweiten Chance." Seit Februar bietet das Handwerk 25- bis 35-jährigen ohne Abschluss eine Ausbildung an. Erste Erfolge zeichnen sich ab.

Demnächst sollen junge spanische Menschen Azubiverträge in Deutschland unterzeichnen und hier lernen, um möglichst danach auch in Deutschland zu arbeiten. Bei einer Jugendarbeitslosigkeit von 50 Prozent in Spanien ist das sowohl eine Chance für die jungen Iberer, wie auch für die deutschen Betriebe.

Es gibt Optionen für Studium-Abbrecher oder aber erste Kontakte schon zu Grundschülern. "Wir kämpfen an allen Fronten um den Nachwuchs", so Gustav. Beim Unternehmertag in Ahrweiler wurde dieser Nachwuchs direkt angesprochen. Am Stand der Heizung- und Sanitärinnung konnte man sich am Lötkolben oder Schweißgerät probieren. Bei der Schreinerinnung gab es Frühstücksbrettchen mit Gravur, bei den Fleischern galt es, das exakte Gewicht eines Schinkens zu schätzen, um etwas zu gewinnen.

Kreishandwerksmeister Frank Wershofen, Landrat Jürgen Pföhler und Handwerkskammer Hauptgeschäftsführer Alexander Baden waren persönlich gekommen, um den Handwerker-Nachwuchs und die anbietenden Innungen zu begrüßen. Besonders interessant: immer wieder gab es "Berufspraxis" zu sehen und zu erleben. Sei es bei Expertengesprächen, Vorträgen, Modenschauen oder beim Schaufrisieren. Jeder Gast konnte in die Berufswelt hineinschnuppern und sich dann an der "Ausbildbar" konkret beraten lassen.

Und dass man im Handwerk nicht nur den üblichen Anforderungen des Jobs nachgehen muss, stellte Dachdeckerin Sonja Theisen aus Monreal unter Beweis. Die junge Frau trägt nämlich in diesem Jahr den Titel "Miss Handwerk." Mehr als eine Millionen Besucher nahmen online an der Wahl teil. In Ahrweiler führte Sonja Theisen also nicht nur Arbeiten an Schiefer oder andere Tätigkeiten aus ihrem Handwerk vor, sie durfte auch fleißig Autogramme schreiben.

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