Philharmonie Bonn spielte in Bad Neuenahr Freiluft-Konzert unter dem Kurhaus-Dach

BAD NEUENAHR · Das Wetter kann die gut aufgelegten Bonner Philharmoniker und ihren Solo-Klarinettisten nicht ausbremsen.

 Alexander Hildebrand brilliert auf der Klarinette.

Alexander Hildebrand brilliert auf der Klarinette.

Foto: Martin Gausmann

Die weißen Plastikstühle und die Bühne unter freiem Himmel blieben verwaist, das Areal zwischen Kurhaus und Steigenberger Hotel leer. Wegen des unsicheren Wetters hatte sich die Aktiengesellschaft Bad Neuenahr (AGBN) nur wenige Stunden vor Beginn des Konzerts zur Wiederbelebung des historischen Musikareals gegen eine Freiluft-Soirée entschieden - auf dem Areal hatte früher im Sommer fast täglich das Kurorchester in einem Musikpavillon gespielt. Die Entscheidung bedeutete aber nicht, dass das Gastspiel der Klassischen Philharmonie Bonn ausfiel.

Drei Mal hätten die AGBN-Mitarbeiter wegen Regens die Stühle abwischen müssen, aber vor allem auch die wertvollen Instrumente der Musiker seien Grund dafür gewesen, dass das Konzert ins Kurhaus verlegt wurde, erklärte dort zum Auftakt AGBN-Vorstand Christoph Reinicke. Die Ortsverlegung bewegte einige der mehr als 500 Karteninhaber dazu, enttäuscht nach Hause zu gehen, weil sie gerade auf das Freiluft-Ereignis gesetzt hatten, andere erlebten dafür erstmals die Atmosphäre im Kurhaussaal, wenn sie sich angesichts der höheren Temperaturen dort auch mit dem Programmblatt Luft zufächelten.

Schweißtreibend war jedoch vor allem, was die Musiker unter dem Dirigat Heribert Beissels auf dem Podium boten. Spätestens nach dem ersten Auftritt Alexander Hildebrands mit seiner Klarinette zweifelte wohl keiner im Publikum mehr, dass es richtig gewesen war, zu bleiben. Der langjährige Soloklarinettist des Orchesters ließ alle Register seines Instruments beim Klarinettenkonzert Carl Maria von Webers sowie bei Variationen für Klarinette und Orchester von Gioachino Rossini effektvoll leuchten. Während mancher Zuhörer wohl gebannt die Luft anhielt, begeisterte der gebürtige Karlsruher mit schier atemlosen Läufen. Einer der Höhepunkte war die treibende Jagdmusik gegen Ende des Stücks. Jede Wendung verfolgte das Publikum gebannt, keine Nuance mochte es missen, und selbst in den kurzen Spielpausen schien der Saal angefüllt mit dem Nachhall der packenden Klänge.

In fast übersinnliche Sphären glitt die Klarinette bei Rossinis Variationen, in denen erneut die furiose Fingerfertigkeit und beinahe tollkühne Darbietung des Solisten auf das luzide und punktgenaue Spiel des Orchesters traf. An Dynamik standen Beissels Musiker dem Solisten nicht nach. Durchweg facettenreich gestalteten sie ihre Interpretationen.

Eingestimmt auf eine sommerliche Soirée hatte Mozarts "Kleine Nachtmusik", deren Zauber sofort gefangennahm und die so wunderbar nach draußen gepasst hätte. Prägnant, ohne zu protzen, rasant, ohne laut zu werden, zupackend und sensibel zugleich, tat sich das Orchester insbesondere in Mozarts Linzer Sinfonie hervor. Bravorufe für den Solisten und viel Applaus für das Orchester.

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