"Marienthaler Lichterabend" Die Seefahrer spielen im Kirchenschiff

MARIENTHAL · Ligurien zu Gast in Marienthal. Das passte bestens am Samstagabend, während die Schwüle des Tages aus den hohen Mauern entwich und kühle Winde aus den Weinbergen in die Kirchenruine des einstigen Augustinerinnenklosters fielen.

 Die fünf Musiker von "I Liguriani" faszinieren das Publikum mit ihrer atemberaubenden Geschwindigkeit.

Die fünf Musiker von "I Liguriani" faszinieren das Publikum mit ihrer atemberaubenden Geschwindigkeit.

Foto: Martin Gausmann

Zu Gast beim Marienthaler Lichterabend war das Ensemble "I Liguriani". Mit Gesang, Violine, Dudelsack, Akkordeon, Querflöte und Gitarre präsentierten die fünf Profis Musik ihrer Heimat.

Sie hatte es in sich. Vor allem, was die Geschwindigkeit betrifft, schienen sich die Musiker gegenseitig zu Höchstleistungen anzuspornen. Insgesamt war der Abend geprägt von Kommunikation. Nicht nur, was die Gespräche bei einem Glas Rotwein in der Pause betrifft.

Auch auf der Bühne, wo Flöte und Fidel, Akkordeon und Dudelsack in geschäftige Zwiegespräche traten, in die sich die anderen geschwätzig einmischten, bis sich neue Zweier- oder Dreiergrüppchen bildeten. Ligurien liegt in Nordwestitalien, grenzt an Frankreich, das Piemont, die Emilia-Romagna und die Toskana, hat bei seiner Musik von allen etwas abbekommen. Mazurken, Sbrando und Monferrine aus dem Piemont, Walzer aus Frankreich und Schottland.

Die Musik ist immer frisch und schnell. Auch wenn Texte anderes sagen: Nach zehn Jahren erkennt die Frau die Untreue ihres Mannes. Das "traurige Lied", entfaltet sich musikalisch äußerst flott. "Die Frau hat den Text geschrieben, der Mann die Musik", liefert die Gruppe als Begründung. Das Ensemble kann auch eindringliche, sanfte Töne, etwa beim Wiegenlied aus Genua. Und später, als der Dudelsack äußerst verhalten die Gesangsstimme begleitet, Anklänge an orientalische Musik entstehen. Sobald die quirlige Flöte sich einschaltet, Violine und Akkordeon dazu kommen, ist es aus mit der Beschaulichkeit.

Ein Lied aus der Résistance beginnt langsam und verhalten, sanfte Musik beschreibt die Trauer der Menschen. Szenenapplaus gibt's bei einem Anti-Kriegs-Lied aus Ligurien, einem Lied über das Leid. Zum Ende hin kommt wieder Tempo auf: von Schottland inspirierte französische Tänze sind angesagt, italienisch interpretiert, Walzertakt ohne Atemholen. Musik, die Spaß macht, wenn auch der Dudelsack sich zunächst zu sträuben scheint, einzustimmen.

Pechfackeln und Teelichte schaffen etwas Helligkeit in die Ruine. Die letzten Wanderer haben die Weinberge verlassen, der Himmel zeigt einen letzten Anflug von Licht. Zugaben werden gewährt. Künstler Friedhelm Pankowski, der mit seiner Frau Marie Jo die Reihe der Lichterabende vor 28 Jahren begonnen hat, hatte die Ligurier eingangs als Seefahrer vorgestellt und versprochen: "Sie nehmen uns in dem Kirchenschiff mit." Kein leeres Versprechen, sondern Faszination bis zum letzten Ton.

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