Erhalt alter Bausubstanz in Bad Neuenahr Der Vorwurf: Die Stadt reißt sich ab

Bad Neuenahr-Ahrweiler · Eine neue Bürgerinitiative kämpft für den Erhalt alter Bausubstanz in Bad Neuenahr. Nun fand eine erste "Mitgliederversammlung" statt.

 In einer modernen Innenstadtfassade spiegelt sich ein Bad Neuenahrer Altbau. FOTO: GAUSMANN

In einer modernen Innenstadtfassade spiegelt sich ein Bad Neuenahrer Altbau. FOTO: GAUSMANN

Foto: Martin Gausmann

"Ich bin erschüttert, was in Bad Neuenahr so geschieht", "Einiges muss hier wieder in die richtige Bahn gelenkt werden", "Die entsetzliche Entwicklung muss gestoppt werden." Wenn es um Städtebau und Gestaltung der Innenstadt geht, dann liegt nach Meinung der Mitglieder der im vergangenen Sommer gegründeten Bürgerinitiative "Unsere lebenswerte Stadt" einiges im Argen. Die um Pastoralreferent Markus Hartmann gruppierten Bad Neuenahrer setzen sich für die Erhaltung alter Bausubstanz ein, für mehr Sensibilität, wenn es um optische Veränderungen des Umfeldes geht. Dabei soll die Stadtgestaltung zum "gemeinschaftlichen Prozess" werden. Nun fand eine erste "Mitgliederversammlung" statt.

"Wir wollen nicht nur motzen, sondern Verantwortliche zu einer anderen Haltung bewegen", so Architekturfotograf Axel Hausberg. Und: "Ich glaube immer noch, dass man etwas verändern kann." Unverändert bleibt indes vorerst die Struktur der Gruppierung. Die Frage, ob man Bürgerinitiative bleiben oder zum eingetragenen Verein avancieren will, wurde vertagt.

"Eigentlich sind wir 50 Jahre zu spät", meinte Sprecher Markus Hartmann angesichts der zahlreichen - auch in anderen Städten zu beobachtenden - Bausünden vergangener Jahrzehnte. 31 Großbaustellen, so Hartmann, würde die von ihm ins Leben gerufene Gruppe in der Kreisstadt aktuell "beobachten". Alte, schöne Gebäude würden zu Gunsten von ästhetisch eher uninteressanten Gebäudekomplexen verschwinden. "Eine Stadt reißt sich ab und verliert ihr Gesicht", so Hartmanns Fazit. Jeder baue, wie er wolle - oft ohne Rücksicht auf die vorhandene Nachbarbebauung.

Es gebe einen ausgeprägten "Bauherrenindividualismus", der in der Kreisstadt von großer Goldgräberstimmung begleitet werde. Eigentumswohnungen würden "auf Kosten des Stadtbildes, der Stadtgeschichte und anderer sozialen Schichten und Generationen hochgezogen". Kurzum: Die Rendite regiere die Bauszene.

Gleichzeitig beobachte man jedoch auch den Reichtum an Baukultur in der Kur- und Badestadt und zahlreiche Eigeninitiativen für den Erhalt des Stadtbildes. "Jedes Haus erzählt eine Geschichte", sagt Hartmann. Und die solle noch vielen Generationen erzählt werden können.

Im Rahmen von "kritischen Stadtrundgängen" will die Initiative weiter sensibilisieren. Anfang April möchte man sich die Lindenstraße vornehmen, nachdem man vor Wochen bereits die Gebäude an der Poststraße in Augenschein genommen hatte. Ausstellungen sollen folgen, die Bürgerschaft will man umfassend informieren. Auch an einem Forum für Verkäufer alter Immobilien und potenzieller Käufer von historischen Gebäuden werden gebastelt, teilte Markus Hartmann mit.

Nicht weiter diskutiert werden konnte die Frage, ob man einen eigenen Verein gründen will oder ob es beim losen Zusammenschluss einer Bürgerinitiative bleiben soll. Die Zeit war nach der Vorstellung der verschiedenen in der Initiative tätigen Arbeitskreise und der lebhaften Diskussionen einfach zu weit fortgeschritten.

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