Philipp Oebel in Lantershofen "Däm Schmitz sing Frau eß widder do"

LANTERSHOFEN · Es gibt wohl kaum eine Stadt, in der mehr Lieder erschienen sind, als in Köln. "Rund 30 000 sind es bisher und jeden Tag werden es mehr. Bei manchen fragt man sich: Warum?", meint Philipp Oebel.

 Philipp Oebel bei seinem Gastspiel.

Philipp Oebel bei seinem Gastspiel.

Foto: Martin Gausmann

Der Musiker, Jahrgang 1962, zieht mit der Gitarre in der Hand und der Kappe auf dem Kopf an jedem Sonntag im Sommer durch die Kölner Altstadt, hält hier und da mal an und bringt dann alte kölsche Lieder zum Vortrag, die so genannten "Krätzjer." Das sind kleine Geschichten, meistens lustig, auch schon mal traurig.

Am Freitag war Oebel weit vor den Toren seiner Heimatstadt, mit der Unterstützung des Vereins Kulturlant hatte die Bürgervereinigung Lantershofen den Musiker für ein Konzert im Winzerverein gewonnen. Ziel war zum einen die Belebung der ehemaligen Kneipe im jetzigen Dorfgemeinschaftshaus, aber auch die Pflege der Mundart, die dem Verein am Herzen liegt. Da kann man sich gerne mal "kölsche Tön" anhören. Und die präsentierte Philipp Oebel mehr als zwei Stunden lang, danach schmerzten nach seinen Angaben die Finger, und die Stimme war "ausgesungen."

Bis es soweit war, hatten die 60 Gäste, unter denen sich zur Freude des Sängers auch zahlreiche junge Leute befanden, viel Bekanntes und Unbekanntes aus der nahen Domstadt gehört. Lieder von Sängern und Gruppen aus früheren Tagen waren dabei, wie die der "Pudelbande", der "Vier Botze" oder der "Zwei Drüjje." Karl Berbuer und Willi Ostermann lebten ebenso auf, wie Fritz Weber. "Su lang mer noch Zaus em Kessel han", "Rötsch mer jet, Angenies" und der "Prinz von Krahnebäume", das war Stoff zum Mitsingen und deshalb lagen auf den Plätzen auch Texthefte aus, in denen zumindest die Refrains der "Kwalitätskrätzjer" zu lesen waren.

So manch ein Text hatte sich übrigens geändert. Und so war "dem Schmitz sing Frau" nicht mehr durchgebrannt, sondern "widder do", was dem Schmitz gar nicht recht war. Josef Passavanti, der Anfang des 20. Jahrhunderts in Köln als Künstler und Straßenmusikant unterwegs war, hatte aus Beethovens "Ode an die Freude" die "Ode an e Hämmche" gemacht. Auch die war im Repertoire und ließ manch einem das Wasser im Munde zusammen laufen.

"Krätzjer" müssen übrigens keine besonders alten Stücke sein, wie Oebel mit dem "Aldi-Rap", einem vertonten Gedicht von Ingeborg F. Müller bewies. Und auch Oebels eigene Verse vom "Mädche us dem Bilderstöckche" zur Musik des "Girl from Ipanema" ist ein ganz junges Werk. Umso älter, nämlich mehr als 200 Jahre: "Armes Weib, was muss ich leiden," ein "Krätzjen", das die Leiden einer Frau mit einem Trunkenbold als Ehemann schildert.

Philipp Oebel steht mit seinem Kampf um den Erhalt der alten Kölner Lieder nicht alleine da, federführend ist hier die "Akademie för uns kölsche Sprooch", die immerhin bereits 14 000 Titel dreisprachig (Hochdeutsch, Kölsch und wie entdeckt) online anbietet. Klar, dass dort auch die ehemaligen und teils heute noch aktuellen Gassenhauer, wie der "Kölsche Jung" oder die Ostermann-Hymne "Och war wor dat fröher schön doch Colonia" präsent sind.

Beim Konzert in Lantershofen, dass von der Bürgervereinigung mit Kölsch vom Fass und kölschen Häppchen begleitet wurde, fehlten diese Lieder ebenfalls nicht. Am Ende ließ der Bürgervorstand einen Hut kreisen, da der Eintritt frei war. Das Ergebnis zeigte, dass es den Besuchern richtig gut gefallen hat. wbe

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