Ehrung für Bürger aus Bad Neuenahr Bundesverdienstkreuz für Annemarie Müller-Feldmann

BAD NEUENAHR · Annemarie Müller-Feldmann (85) wird heute für ihre langjährigen Verdienste um die Gedenk- und Erinnerungsarbeit und vor allem wegen ihres intensiven Engagements für die Aufarbeitung der Geschichte der Juden in der Region geehrt.

 Annemarie Müller-Feldmann führt über den neuen jüdischen Friedhof in Remagen.

Annemarie Müller-Feldmann führt über den neuen jüdischen Friedhof in Remagen.

Foto: Ginzler

Im Auftrag des Bundespräsidenten verleiht ihr Kulturstaatssekretär Walter Schumacher im Mainzer Kultur- und Bildungsministerium das Bundesverdienstkreuz am Bande.

Seit Jahrzehnten setzt sich die Bad Neuenahrer Bürgerin ehrenamtlich dafür ein, dass die verbliebenen Zeugnisse jüdischen Lebens erhalten bleiben, gepflegt und verstanden werden. Sie gab den jüdischen Menschen, die in der Kreisstadt und Umgebung lebten und im Nationalsozialismus ausgegrenzt, deportiert und ermordet wurden durch ihre Nachforschungen ein Gesicht. Indem sie Kontakt zu noch lebenden Juden beziehungsweise deren Nachfahren aufbaute, leiste sie einen Beitrag zur Versöhnung. Annemarie Müller-Feldmann ist einer jener beharrlichen Menschen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, die Erinnerung an den Holocaust wach zu halten.

Schon früh interessierte sie sich für Geschichte und fremde Kulturen. Am 27. September 1927 in Ulm geboren und dort aufgewachsen, ging sie zum Ägyptologie-Studium nach Bonn und wanderte nach der Heirat 1948 mit ihrem Mann nach Israel aus, wo 1952 Sohn Schmulik geboren wurde. Dank Vermittlung der Unesco arbeitete sie bis 1962 als Pressefotografin in Israel, eine Tätigkeit, bei der sie der Polit-Prominenz begegnete und viel Anerkennung erntete. Als sie mit ihrem zweiten Mann Israel besuchte, wurde das Paar von Mosche Dajan persönlich empfangen.

1967 eröffnete sie ihr Antiquariat in der Poststraße von Bad Neuenahr und ist bis heute fasziniert davon, "dass alle diese Dinge ihre eigene Geschichte haben". Obwohl sie beruflich und durch ihren Mann, einen Ägyptologen, viel von der Welt gesehen hat, hat sie sich ihr bodenständiges Naturell und die Freude am Austausch mit anderen Menschen bewahrt. Dies und das vielfältige Engagement brachten ihr in der Region Sympathien und Respekt ein.

Die Geehrte ist Mitglied im Förderverein für Archäologie und Museumskultur Bad Neuenahr-Ahrweiler, im Partnerschaftskomitee Brasschaat (Belgien) und im Bürgerverein Synagoge. Anfang der 90er Jahre hat die Hebräischkundige mit Astrid Lohmiller die jüdischen Friedhöfe in Ahrweiler, Bad Neuenahr und Dernau inventarisiert und dokumentiert sowie den Lebenswegen der Verstorbenen nachgespürt. Seit Jahren übernimmt sie dort und in Remagen Friedhofsführungen. Aktuell erkundet sie die Herkunft des letzten nicht identifizierten jüdischen Grabsteins in Dernau. Zudem setzt sie ihre Inventarisierung des jüdischen Friedhofs in Gelsdorf (Grafschaft) fort und stellt weiterhin Recherchen über einst in Gelsdorf lebende jüdische Familien an.

Müller-Feldmann ist Stadtratsmitglied. Sie gehört dem Rechnungsprüfungsausschuss und dem Seniorenbeirat der Kreisstadt an. Schließlich ist sie Europabeauftragte des Kreises Ahrweiler und FDP-Mitglied im Landesfachausschuss Europa. "Ich war ganz überrascht", kommentiert sie die Auszeichnung und fügt hinzu: "Ich freue mich sehr."

Wie schafft es die 85-Jährige all diese Aufgaben wahrzunehmen? "Ich bin fleißig, da hab ich keine Zeit zum Altwerden", sagt Annemarie Müller-Feldmann in ihrer unverkennbar gradlinig-humorvollen Art.

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