Ehemalige Synagoge in Ahrweiler Benefizkonzert mit polarisierendem Programm

AHRWEILER · Attac Ahrweiler und Amnesty International Ahrweiler veranstalteten ein Benefizkonzert mit nationalen und internationalen Künstlern zugunsten von Flüchtlingen, die im Kreis Ahrweiler leben, und solcher, die sich noch vor Ort in den Krisenregionen befinden. Das breite Programm vor zahlreichem Publikum umfasste Stücke vom französischen Chanson bis hin zum antifaschistischen Polit-Rap.

 Stephan Maria Glöckner und Andrea Neideck in der Aten Synagoge.

Stephan Maria Glöckner und Andrea Neideck in der Aten Synagoge.

Foto: Martin Gausmann

In ihren Grußworten gaben Landrat Jürgen Pföhler und der Beigeordnete der Stadt, Rudi Frick, ein Zeugnis davon, dass Flüchtlingshilfe eine Thematik ohne Partei- und Gesinnungsgrenzen ist. Allein in diesem Jahr erwartet der Kreis 400 bis 600 neue Flüchtlinge, davon allein 65 Prozent Syrer. Diese - so Pföhler - "können gar nicht zurück", da ihre Heimatstadt Aleppo zerbombt wurde.

Diese wollten "mit Hochdruck integriert" werden, was auf dem bürokratischen Weg auch gut von den Behörden gestemmt werden könne. Eine große Hürde stelle dabei der Deutschunterricht dar, da mittlerweile der Markt für Deutschlehrer leer sei. Der Kreis möchte sich unter anderem mit pensionierten Deutschlehrern über Wasser halten. Den Flüchtlingen eine wirkliche Heimat zu geben, sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die alle Bürger in die Pflicht rufe.

Die ehemalige Synagoge sei als symbolträchtiger Ort perfekt für ein solches Konzert. Frick wünschte sich, dass das Publikum die Impulse der unterschiedlichen Künstler ins "Draußen sein" mitnähmen und dort umsetzten.

Musikalisch boten der Nachmittag und Abend eine breite Palette an Stilen und dahinter stehenden Aussagen. Eher rockig und mit leichten afrikanischen Anklängen sangen die "Great Spirit Singers" von Frieden und Gerechtigkeit und forderten dazu auf, dem Neuen zu trauen. Mit der Hoffnungshymne "Freunde der Erde" gab es sogar eine Weltpremiere.

Philosophisch wurde es mit dem Rapper "Baldur MC feat. Arman". Das Sinziger Duo widmete sich in Stücken wie "Wende das Blatt" und "Was man nicht sieht, das verschwindet nie" besonders dem Thema Rassismus: "Es gibt nur ein Volk und das heißt Mensch!" Zu den Beats aus dem Drumcomputer konnte das junge Publikum nach Lust und Laune seine Nackenmuskulatur stärken.

Entspannende Momente gab es, als Andrea Neideck bekannte Stücke vortrug, wie den 1970er Chanson "Les Champs-Elysées" von Joe Dassin, oder das "Hallelujah" von Leonard Cohen interpretierte - letzteres im Duett mit Gitarrist Stephan Glöckner.

Beim Cohen-Stück und den melancholisch nachdenklichen Eigenkompositionen von Silvan Dünker hätte das Publikum eine Stecknadel fallen hören können. Auch die in seiner kurdischen Heimatsprache vorgetragenen Stücke von Saam Moosa sorgten für etwas Ruhe im vollen Programm.

"Jetzt kommt der Stilbruch!" Mit diesem Slogan kündigten sich "Rebel Music" aus Köln an, ein vornehmlich aus Jugendlichen bestehendes Musikerkollektiv, das mit seiner Kleidung direkt klarmachte, wohin es nun inhaltlich gehen sollte: Auf einem T-Shirt prangte das Antifa-Symbol, auf einem anderen stand "Niemand ist illegal".

Es folgten über 20 Minuten harter Sprache Wortschöpfungen wie "Pegidioten" und Parolen wie "kein Vergeben, kein Vergessen". Umstritten im Publikum war das Stück "Kobanê", in dem die jungen Musiker Angela Merkel und Barack Obama auf eine Stufe mit Terrorist Baschar al-Assad stellten. "Rebel Music" präsentierte sich als eine Art Flüchtlingshilfe der erhobenen Faust.

Den Kontrast dazu lieferte dann Stephan Maria Glöckner mit einer Eigenkompositionen zum Thema Flüchtlingshilfe: "Sie verteilt ihr Lächeln, ohne jeden Plan."

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