Interview AG Bad Neuenahr in der Liquiditätskrise

KREISSTADT · Am Freitag tagte der Aufsichtsrat der Aktiengesellschaft Bad Neuenahr (AGBN). Wichtigstes Thema: eine dringend erforderliche Kapitalaufstockung. Mit Christoph Reinicke, dem Vorstand des Unternehmens, sprach Victor Francke.

Die Hauptversammlung der AGBN ist verschoben. Warum?
Christoph Reinicke: Die für den 28. August anberaumte Hauptversammlung wird verschoben, um die geplante Kapitalerhöhung optimal vorzubereiten. Es waren weitere Beschlüsse des Aufsichtsrates notwendig. Der neue Termin wird voraussichtlich im Oktober stattfinden.

Und warum eine Kapitalerhöhung?
Reinicke: Sie ist wichtig, um die Innovations- und Investitionsfähigkeit zu erlangen.

Die Stadt, der 27,4 Prozent des Aktienkapitals gehört, muss einer Kapitalerhöhung zustimmen. Rechnen Sie ernsthaft damit?
Reinicke: Um das genannte Ziel zu erreichen, ist frisches Kapital erforderlich. Dabei muss man berücksichtigen, dass wir 2014 quasi neu gestartet sind. Da die Äußerungen des CDU-Fraktionsvorsitzenden Christoph Kniel zu den Ahrtal-Werken eins zu eins auf die AGBN übertragbar sind, müsste die Stadt, wenn sie den Eigenbeteiligungen bereitwillig Kapital zur Verfügung stellt, unserer Kapitalerhöhung ebenfalls zustimmen, um die Zukunftsfähigkeit und letzten Endes die Sicherung der Arbeitsplätze nicht zu gefährden. Am Montag werde ich in einer nichtöffentlichen Sitzung des Stadtrates hierfür werben. In vielen Einzelgesprächen habe ich bereits durchaus positive Resonanz bekommen. Eine Zustimmung zur Kapitalerhöhung wäre auch ein eindeutiges Zeichen der Stadt für die Zukunftsfähigkeit der Aktiengesellschaft.

Am Freitag tagte nun Ihr Aufsichtsrat. Nach unseren Informationen soll weiteres Anlagevermögen verkauft werden. Ist das so dringend nötig?
Reinicke: Die Verschiebung der Hauptversammlung führt dazu, dass die angestrebte Kapitalerhöhung erst im November stattfindet. Dies wirkt sich auf die Liquidität aus. Da wir gleichzeitig das Restrisiko einer Ablehnung der Kapitalerhöhung durch die Stadt haben, brauchen wir einen Plan B für die Kapitalbeschaffung. Daher haben wir gestern beschlossen, die für uns strategisch nicht so wichtige Hardtstraße 3 (Carpe Diem) zu veräußern.

Ist die Kreditwürdigkeit denn ohne diesen neuerlichen Kapitalzufluss nicht mehr gegeben? Nicht nur die örtlichen Banken werben doch damit, dass es bei ihnen angeblich keine Kreditklemme gibt....
Reinicke: Mit der Kreditwürdigkeit ist das so ein Thema. Die Bankenkrise hat in der Folge dazu geführt, dass die Kreditvergabe drastisch verschärft wurde. Das trifft vor allem den Mittelstand, zu dem wir ja auch gehören. Das heißt, wenn sie heute einen Kredit von der Bank erhalten wollen, müssen sie ausgezeichnete Sicherheiten oder aber bis zu 50 Prozent mit Eigenkapital hinterlegen. Wir haben zwar Immobilien mit einem Marktwert von mindestens 20 Millionen Euro, diese erscheinen aber nicht in der Bilanz und können daher von den Banken nicht als Sicherheit akzeptiert werden. Dazu kommt natürlich, dass die Zahlen der AGBN in der Vergangenheit alles andere als gut für eine Kreditvergabe waren.

[kein Linktext vorhanden]Es sind offiziell noch keine Zahlen der AGBN für das Geschäftsjahr 2014 bekannt. Wie stellen sie sich aktuell dar?
Reinicke: Die Zahlen werden erst zur Hauptversammlung veröffentlicht. Es kann aber schon so viel gesagt werden, dass wir für 2014 unseren Plan erreicht haben. Es sei aber daran erinnert, dass in der Hauptversammlung 2014 dargestellt wurde, dass wir über drei Millionen Euro ertragsverbesserndes Potenzial ausschöpfen müssen, um in die schwarzen Zahlen zu kommen. Für 2014 haben wir schon 1,2 Millionen realisiert (ohne Ahr-Thermen). Das Restrukturierungsprogramm läuft auch für 2015 planmäßig. Jedoch haben wir unsere Verkaufszahlen vor allem aus dem China- und Wassergeschäft noch nicht erreicht. Auch hier ist es wichtig, Kapital zur Ankurbelung der Geschäfte zu beschaffen. Aus dem operativen Geschäft haben wir keinen Cent übrig, um Investitionen und Innovationen zu finanzieren.

Was heißt das für Ihr Unternehmen? Ist die Zukunft gefährdet?
Reinicke: Wie schon erwähnt, dürfte die Zukunft finanziell wohl nicht gefährdet sein, da wir mit unserem hohen Substanzwert gut dastehen. Es muss uns aber gelingen, die von uns angestoßenen und noch anzustoßenden Zukunftsmärkte der Gesundheitswirtschaft schneller umzusetzen, und nicht nur operativ, sondern auch bilanziell in die schwarzen Zahlen zu kommen. Dies muss natürlich auch mit ausreichender Liquidität unterlegt sein. Die Zukunft ist damit erheblich vor allem durch die Vergangenheit belastet. Das heißt, wir müssen Altlasten eliminieren.

Es wird gemunkelt, dass es mehr als nur einen Liquiditätsengpass gibt, dass gar Handwerker nicht fristgerecht bezahlt werden können. Stimmt das?
Reinicke: Wenn kein Cent für Innovationen übrig bleibt, bedarf es eines sehr guten Cash-Managements. Es ist normal, dass in einer solchen Situation jeder darauf schaut, was bei uns passiert. Aber es ist genauso normal, dass ein Unternehmen Handwerkerrechnungen sehr genau prüft und erst dann bezahlt.

Mit der Stadt und der Heilbad GmbH liegen Sie im Streit. Gibt es bezüglich der Leitungs- und Markenrechte einen neuen Sachstand? Ist die von Ihnen angestrengte Feststellungsklage beschieden?
Reinicke: Es sind verschiedene Verfahren zwischen Stadt/Heilbad GmbH und uns anhängig, aber noch keines beschieden. Speziell zum Wasser wünschten wir uns eine schnelle Entscheidung, damit wir endlich verkaufen können.

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