Neujahrsempfang der Ahrweiler-CDU "Es muss eine Kultur des Kümmerns entstehen"

BAD BREISIG · Mit rund 300 Gästen, darunter die Bundestagsabgeordnete Mechthild Heil, Landtags- und Kreistagsabgeordnete, Bürgermeister sowie Vertreter von Vereinen, Banken, Schulen und Bundeswehr, feierte der CDU-Kreisverband Ahrweiler im Rheinhotel "Vier Jahreszeiten" in Bad Breisig am Sonntag seinen Neujahrsempfang.

 Beim Neujahrsempfang: Guido Ernst (von links), Gabriele Hermann-Lersch, Mechthild Heil, Tino Hackenbruch, Michael Korden, Jürgen Pföhler, Stefan Sell, Ingrid Näkel-Surges, Karl Heinz Sundheimer .

Beim Neujahrsempfang: Guido Ernst (von links), Gabriele Hermann-Lersch, Mechthild Heil, Tino Hackenbruch, Michael Korden, Jürgen Pföhler, Stefan Sell, Ingrid Näkel-Surges, Karl Heinz Sundheimer .

Foto: Martin Gausmann

Im Mittelpunkt stand eine vielbeachtete Rede von Stefan Sell. Der Professor für Volkswirtschaftslehre, Sozialpolitik und Sozialwissenschaften an der Hochschule Koblenz widmete sich dem Thema "Von der Wiege bis zur Bahre - Die demografische Entwicklung als der Leitfaden für politische Herausforderungen".

Für den Kreisvorsitzenden Horst Gies übernahmen dessen Stellvertreterinnen Ingrid Näkel-Surges und Gabriele Hermann-Lersch die Begrüßung der Gäste. In seiner Ansprache betonte Landrat Jürgen Pföhler, dass der demografische Wandel auch für ihn ein zentrales Thema sei, dem er sich im Falle seiner Wiederwahl mit Nachdruck widmen wolle. So werde es darauf ankommen, die Weichen für wichtige Zukunftsthemen zu stellen. Für den Kreis Ahrweiler seien dies vor allem die Anpassung des Öffentlichen Personennahverkehrs, die Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum und die Sicherstellung des Fachkräftenachwuchses.

Seine Ausführungen begann Stefan Sell mit einem allgemeinen Überblick zum Begriff des demografischen Wandels, der von drei Faktoren geprägt sei: Geburtenrate, Lebenserwartung und Wanderungssaldo. So werde jede Generation um ein Drittel kleiner werden. Zur Lebenserwartung führte der Professor aus, dass es 1960 in Rheinland-Pfalz 3000 Menschen gegeben habe, die älter als 90 Jahre waren. Heute umfasse diese Gruppe mehr als 40 000 Personen. Den schwierigsten Faktor bilde der Wanderungssaldo. Habe es 1993 noch einen Wanderungsüberschuss von fast 800 000 Menschen gegeben, sei die Zahl 2013 auf 450 000 gesunken.

Der Direktor des Instituts für Bildungs- und Sozialpolitik der Hochschule Koblenz geht davon aus, dass im Kreis Ahrweiler bis zum Jahr 2030 "jeder dritte Jugendliche nicht mehr da sein wird". Im Gegenzug werde die Zahl der Über-80-Jährigen um 54 Prozent zunehmen. Mit Blick auf die Zukunft hält es der Experte für notwendig, bestehende Bildungseinrichtungen demografiefest zu gestalten. Darüber hinaus hält er einen Systemumbau in der Alterssicherung für unerlässlich ("Rente mit 70"). Und in Erwartung einer stetig steigenden Zahl von Pflegebedürftigen müsse eine "Kultur des Kümmerns" entstehen. Schließlich sei eine positive Gestaltung der Zuwanderung alternativlos.

In Anlehnung an den Historiker Götz Aly wies Sell darauf hin, dass die Debatte um Einwanderung mit der Fiktion behaftet sei, dass sich zwischen erwünschten und unerwünschten Zuwanderern unterscheiden ließe. "Es ist eine Illusion, Zuwanderung auf Zuruf regeln zu wollen", stellte Sell klar.

Und Sell weiter: "Wir werden uns bemühen müssen, Menschen zu überzeugen, zu uns zu kommen." Ihnen müsse Arbeit und die Chance zum sozialen Aufstieg gegeben werden. "Bislang fehlt es der Politik an Weitblick und nachhaltigem Denken. Dies ist vielleicht ein historischer Auftrag an die CDU", gab Stefan Sell den Besuchern des Neujahrsempfangs der Christdemokraten mit auf den Weg.

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