Gemeindewald Kesseling 326 Unterschriften zur Abstimmung über Wald-Tausch

ALTENAHR · Montagmorgen, 10.30 Uhr, vor dem Altenahrer Rathaus. Annette Hoss zeigt auf ihre schwarze Aktentasche: "Da sind sie drin." Mit "sie" meinte die 48-jährige Initiatorin des Kesselinger Widerstandes gegen den Tausch von 360 Hektar Gemeindewald gegen eine Immobilie am Bonner Markt die Unterschriften für ein Bürgerbegehren. Adressat: Verbandsbürgermeister Achim Haag.

Doch bevor der Chef des Altenahrer Rathauses den braunen Umschlag in Empfang nehmen konnte, wurde dieser noch ergänzt. Denn auf den letzten Drücker erschienen zwei Kesselinger Bürger: "Wir haben noch Listen."

So waren es schließlich 326 Unterschriften, die Haag in Empfang nahm. Sichtlich beeindruckt sagte er: "Das ist eine sehr hohe Beteiligung. Eigentlich hätten nur 49 Unterschriften, also zehn Prozent der Wahlberechtigten ausgereicht." Es waren mehr als 66 Prozent, denn Kesseling hat 487 Einwohner über 18.

"Die unter 18 mussten wir bremsen", berichtete Hoss, die von einem "Querschnitt durch die Kesselinger Gesellschaft" begleitet wurde. So auch von der 19-jährigen Grafschafterin Anna Rosinsky, die es "der Liebe wegen" ins Kesselinger Tal gezogen hat. "Hier kann ich in Ruhe fürs Studium lernen, und ich möchte, dass der Wald auch unser Wald bleibt."

In die Abteilung Zugezogene fiel auch Bernhard Jansen (58). Er lebt seit zehn Jahren im Dorf und hat mit Annette Hoss für die Unterschriften Klinken geputzt. Für den Ortsteil Staffel stand Wolfgang Reiche (64) vor dem Rathaus: "Bei uns ist das Ergebnis ganz klar. Acht Staffeler wollen den Wald tauschen, 88 ihn behalten."

Vor laufender Fernsehkamera erläuterte Annette Hoss dem Verbandsbürgermeister den Grundgedanken des Bürgerbegehrens: "Wir haben die moralische Verpflichtung, unseren Wald künftigen Generationen zu erhalten. Beim Sammeln der Unterschriften für ein grundsätzliches Nein, auch bei künftigen Kauf- oder Tauschangeboten, haben wir gemerkt, 'Otto Doof' hat doch Möglichkeiten. Nur die Resonanz macht mich sprachlos."

Das weitere Prozedere erläuterte Haag dann so: "Die Unterschriften werden im Rathaus geprüft und mit dem Melderegister verglichen." Dann werde das Bürgerbegehren an den Gemeinderat weitergeleitet, der dann zwei Möglichkeiten habe: Das Begehren zuzulassen und per Abstimmung im Dorf wie bei einer Wahl durchzuführen oder bereits die Unterschriften als Bürgerwillen zu sehen und das mögliche Tauschgeschäft zu den Akten zu legen.

Haag kündigte an, trotz der Ferienzeit das Prüfverfahren zügig durchzuführen: " Wir spielen nicht wie manchmal beim Fußball auf Zeit. Die Prüfung wird schnellstmöglich durchgezogen, und das heißt bei uns unverzüglich."

In das eigentliche Geschehen mische sich die Verbandsgemeinde nicht ein. "Wir prüfen und beraten", sagte Haag, erklärte aber auch, dass ein Bürgerbegehren "gelebte Demokratie ist", es aber auch kein Verbot gebe, "unkonventionell zu denken". Doch auch dann müsse es eine wirtschaftliche und erst recht rechtliche Abwägung geben.

Bislang gab es in der Verbandsgemeinde Altenahr lediglich zwei durchgeführte Bürgerbegehren. Beide betrafen einen geplanten Aussichtsturm bei Lind. Die Beton-Version wurde schon vor fünf Jahren abgelehnt, vor drei Jahren auch aus Douglasien-Holz. Beide Male mit großer Mehrheit.

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