Obere Ahr-Hocheifel In das Naturschutz-Großprojekt sollen zehn Millionen Euro fließen

KREIS AHRWEILER · Nach dem Abschluss der Planungsphase läuft beim Naturschutz-Großprojekt Obere Ahr-Hocheifel (OAH) seit einem Jahr die Umsetzungsphase. Für das Projekt sind insgesamt zehn Millionen Euro vorgesehen.

Der Bund (68 Prozent) und das Land (22 Prozent) übernehmen den Großteil der Kosten. Für den Kreis verbleiben zehn Prozent, also eine Million Euro. Die ersten Baumaßnahmen werden sichtbar. An zwei Baustellen sind die Bagger angerückt, um Gewässer zu renaturieren.

Anlass für eine erste Zwischenbilanz. Diese zogen vor Ort Landrat Jürgen Pföhler, Hermann-Josef Romes, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Adenau, Projektleiter Jochen Mölle sowie die beiden Ortsbürgermeister, in deren Gemarkungen zwei Bäche und eine Teichanlage renaturiert werden: Torsten Raths aus Wershofen und Franz-Peter Schmitz aus Hümmel.

Es sei das größte Naturschutzvorhaben im Kreis Ahrweiler, sagte der Landrat. Als anerkanntes Bundesprojekt stehe die OAH auf Augenhöhe mit klangvollen Namen wie der Lüneburger Heide, dem Spreewald oder dem Odertal.

Das Kerngebiet umfasst 3300 Hektar und liegt in der Verbandsgemeinde Adenau. Die Oberahr und sämtliche Zuflüsse sollen geschützt und in ihrer natürlichen Entwicklung nachhaltig gesichert werden, mit Vorteilen auch für Hochwasserschutz, Landwirtschaft und Tourismus. Projektträger ist der Kreis Ahrweiler mit Unterstützung der Bundesrepublik Deutschland und des Landes Rheinland-Pfalz. Projektleiter ist der Biologe Jochen Mölle.

Er lieferte den Zwischenbericht: Zahlreiche Flächen in den Talauen seien erworben und für "Strukturverbesserungsmaßnahmen" bereitgestellt worden. Die Bearbeitung der Flächen mache besonders dort Fortschritte, wo größere zusammenhängende Talabschnitte verfügbar seien, so Mölle.

Welche Maßnahmen sind gemeint? Die Beseitigung von Fichtenriegeln in den Talauen beispielsweise. Vor allem in den abseitigen Tälern wurden Grünlandflächen - also Wiesen und Weiden - in den vergangenen Jahrzehnten zunehmend mit Fichten aufgeforstet, weil das Interesse an landwirtschaftlicher Nutzung nachgelassen hat. Diese Entwicklung hat zu einer biologischen Verarmung der Talauen geführt.

"Wir möchten, dass die Täler offen bleiben. Das gelingt nur durch nachhaltige Grünlandbewirtschaftung", sagte Mölle. Diese Nutzungsform - typisch für die Eifel - sorge für eine biologische Artenvielfalt. Extensiv genutztes Grünland sei wertvoller Lebensraum, den es zu erhalten gelte.

Angestrebt werden daher die Wiederherstellung von Grünland auf brach liegenden Flächen und die Entwicklung tragfähiger Bewirtschaftungskonzepte. Dies geschieht gemeinsam mit den landwirtschaftlichen Betrieben, die diese Flächen anschließend bewirtschaften. In vielen Talbereichen lassen sich die langfristige Offenhaltung und die nachhaltige landwirtschaftliche Nutzung nur durch solche Maßnahmen gewährleisten.

Zu den beiden Baustellen: Am Armuthsbach nördlich von Wershofen wird eine ehemalige Fischteich- und Angelsportanlage naturnah umgestaltet. Betonschalungen verschwinden, die Ufer werden abgeflacht. Die Wasserzufuhr aus dem Bach wird so weit reduziert, dass die Anlage nur noch bei Hochwasser gespeist wird - ähnlich einem natürlichen Altarm.

So entstünden wertvoller Lebensraum für Amphibien und Wasserinsekten sowie ein wichtiges Nahrungshabitat für die wenige Kilometer entfernt brütenden Schwarzstörche, fuhr Mölle fort. Diese Vögel seien sehr scheu und störungsempfindlich; daher sei der Baubeginn in den Herbst gelegt worden. Dann hätten sich die Störche mit ihren Nachkommen bereits auf den Weg nach Afrika gemacht, wo sie den Winter verbrächten.

Oberhalb des Teichs, an der Grenze zur Ortsgemeinde Hümmel, befindet sich ein massives Stauwehr im Armuthsbach. Früher sorgte es für die kontinuierliche Frischwasserzufuhr in den Fischteichen. Allerdings: Das Wehr ist trotz eingebauter Fischtreppe eine für fast alle Wasserorganismen unüberwindbare Barriere. Jetzt wird das Wehr abgesenkt und zu einer sogenannten Sohlgleite umgebaut, und zwar als naturnahe Steinschüttung mit sehr geringem Gefälle, welche die Fische durchqueren können.

Am Dreisbach in der Nähe des Laufenbacher Hofes bei Fuchshofen - das Gelände liegt ebenfalls in Wershofen - ein ähnliches Bild: Auch dort wird eine alte Wehranlage naturnah umgestaltet. Vor langer Zeit diente sie der Wiesenbewässerung am Laufenbacher Hof. Für beide Bäche gilt: Mithilfe der Projektmaßnahmen werden sie wieder durchgängig für Fische und andere Gewässertiere sein. Wenn die Bäche wieder frei passierbar sind, erhöht dies ihre biologische Artenvielfalt deutlich.

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