DDR-Flüchtlinge in Ahrweiler Zug um Zug in die Freiheit
AHRWEILER · Keiner, der dabei gewesen ist, wird die Szenen vergessen, die sich am 5. Oktober vor 25 Jahren auf dem Ahrweiler Bahnhof abgespielt haben. "Freiheit, Freiheit", skandierten Menschen aus den Waggons des ersten Sonderzuges, der tags zuvor in Prag mit 800 DDR-Flüchtlingen gestartet war.
Zug um Zug kamen die fortan amtlich "DDR-Übersiedler" genannten Menschen, denen Außenminister Hans-Dietrich Genscher vom Balkon der deutschen Botschaft in Prag die Genehmigung ihrer Ausreise verkündet hatte, in Ahrweiler an. Ahrweiler war deshalb ausgewählt worden, weil dort mit der damaligen Katastrophenschutzschule des Bundes die notwendige Infrastruktur für ein Auffanglager zur Verfügung stand. Erst kamen die Übersiedler, 1990 dann deutschstämmige Bürger aus dem ganzen Ostblock. Es sollten 30.000 werden.
Alle durchliefen das schon am ersten Tag bewährte Prozedere: Einchecken, Personalausweis bekommen, 100 Deutsche Mark Begrüßungsgeld und nach Möglichkeit direkt zu Westverwandten weiterreisen.
Doch auch Danke wurde gesagt. Etwa von Bundespräsident Richard von Weizsäcker, dem bei Gesprächen mit den Neubürgern oder Helfern auch schon mal ein "Du" über die Lippen kam. Denn das "Du" schweißte im Oktober 1989 alle zusammen, die das zusammen haben wollten, was zusammen gehört.
Und ein Ex-Berliner verteilte bei der Ankunft des ersten Zugs am Ahrweiler Bahnhof etwas ganz anderes als Bananen. Kaum war der Zug nach 24-stündiger Fahrt über die DDR im Bahnhof eingelaufen, brachte er 10 000 Mark in Hundert-Mark-Scheinen unter die Leute. Für die Empfänger ebenso unvergesslich wie die innigen Umarmungen mit wildfremden Menschen.
i An die Ankunft der Übersiedler erinnert heute ein Stück Berliner Mauer auf dem Bahnhofsvorplatz.
