Winzerverein Ahrweiler Winzer feiern 140. Geburtstag

AHRWEILER · Er sieht einladend aus, der jüngst an Stelle des alten Schuppens errichtete Glaspavillon im Hof des Ahrweiler Winzervereins an der Walporzheimer Straße in Ahrweiler. Eine aus Schiefer gehauene Treppe führt in den Keller, in eine Probierstube mit massivem Holztisch und Stühlen.

Mit der Anlieferung der Trauben begann schon immer der Prozess im Winzerhof. Das Foto stammt aus dem Jahr 1958.

Mit der Anlieferung der Trauben begann schon immer der Prozess im Winzerhof. Das Foto stammt aus dem Jahr 1958.

Foto: Martin Gausmann

Von dort lässt sich die Unterwelt weiter erschließen: Eine Glasplatte gibt den Blick frei in einen aus Bruchsteinen rund gemauerten Brunnen.

Edgar Bertram ist Vorstandsvorsitzender und Geschäftsführer des Winzervereins, der am 10. August 1874 gegründet worden ist und folglich in diesen Tagen 140. Geburtstag feiert. Bertram kennt die Geschichte der Genossenschaft, die auf dem Areal einer früheren Burg errichtet worden ist. Es soll eine Wasserburg gewesen sein mit einem hohen Rundturm. Er hieß "Roter Turm" oder Kautenturm und wurde 1811 abgerissen, weil er wohl zu viel Schatten warf.

Außer dem Brunnenschacht lassen die Kellermauern aus Bruchsteinen das Alter erahnen. Ihr unterer Teil hebt sich deutlich von oben ab, wo die Steine neuer erscheinen und sorgsamer aufgeschichtet sind. Es könnte sich um Relikte der Burg handeln, sagt Bertram und führt eine weitere These an: Da es eine Wasserburg war, sei denkbar, dass die Winzer für den Bau des Kellers 1875 einfach ein Gewölbe über die alten Gräben gebaut hätten.

Mit 1874 fällt die Gründung des Winzervereins in die Zeit, in der überall an der Ahr Genossenschaften entstanden. Den Winzern ging es schlecht. Weinhändler hatten sie in die Zange genommen: Zwar kauften sie den Wein, aber die Preise bestimmten sie selbst. So blieb den Winzern kaum ein Lohn für ihre Arbeit. Darum schlossen sie sich zusammen, um gemeinsam den Verkauf zu organisieren. Das war schwer, weil die heimischen Kaufleute ihre Gewinne wegbrechen sahen und darum keine Kredite gaben. Schließlich wurde eine Kölner Bank gefunden, bei der die Winzer persönlich haften mussten. Unter den 51 Winzern, die das Gemeinschaftsunternehmen schulterten, finden sich häufig die Familiennahmen Gies, Knieps und Mies.

Erster Präsident war Franz-Heinrich Mies. Er wurde 1899, nach 25 Jahren, von Nikolaus Mies abgelöst. Dann übernahm Philipp Mies das Ruder. Keller wurden gebaut, eine Remise, eine Gaststätte, eine Lagerhalle, ein Saal. Die Keller dienten der Bevölkerung im Zweiten Weltkrieg als Unterschlupf. Nach dem Krieg gaben zahlreiche Winzer auf, verkauften ihre Flächen an Kollegen aus Dernau, Rech, Mayschoß. Eine Fusion mit dem 1883 gegründeten Weinbauverein Ahrweiler fand 1961 statt.

Von 1975 bis 1980 geriet die Genossenschaft in Turbulenzen, viele Mitglieder kehrten ihr den Rücken. Investitionen sind seitdem die Antwort der Verbleibenden. Sie strukturierten den Betrieb von Grund auf um, erneuerten die Kellertechnik, bauten einen Verkaufsraum, installierten eine neue Brennerei und jüngst eine neue Abfüllanlage. So zeigt sich der Ahrweiler Winzerverein nach 140 Jahren modern und fit für die Zukunft. Im Keller blinken Edelstahlfässer, Barriques sind gestapelt, Fuderfässer stehen malerisch Spalier. Einige Räume über der Erde sind an die Stadt für das Ahrweinforum und für ein Winzercafé vermietet. Gerüchten um eine Fusion der kleinen Genossenschaft mit einer ihrer großen Schwestern erteilt Bertram eine schnelle Absage mit der Frage: "Warum sollen wir fusionieren? Es geht uns gut." Er weist auf die einst 20 Genossenschaften an der Ahr hin und stellt fest: "Jetzt gibt es noch drei, wir fühlen uns wohl. Sein oder nicht sein hängt nicht von der Größe ab, sondern von den handelnden Personen."

Der Ahrweiler Winzerverein hat derzeit 75 Mitglieder, die 25 Hektar Rebfläche bearbeiten. Produziert werden im Schnitt jährlich 200 000 Liter Wein, 80 Prozent Rotwein, hauptsächlich Spätburgunder, aber auch Frühburgunder, Portugieser, Regent und Dornfelder. Beim Weißwein dominiert Riesling vor Müller-Thurgau. Abgesetzt wird der Wein weitgehend im Direktverkauf.

So wird gefeiert

Die Genossenschaft feiert ihren runden Geburtstag am Freitag, 1. August, mit einem Gottesdienst in Sankt Laurentius um 17.30 Uhr sowie einem Sektempfang und anschließendem Festkommers ab 19 Uhr im Zelt auf ihrem Hof.

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