Projekt "Balu und Du" Junge Erwachsene kümmern sich bei Tafel plus um Kinder

KREIS AHRWEILER · "Bei uns gibt es kein Mittagessen. Auch nicht in der Schule." Der Satz von Mogli trifft Balu ins Herz. "Ich hab' ihm erst mal ein Eis gekauft. Für mehr war kein Geld da", notiert Balu in seinem Tagebuch.

 Balu ist glücklich, wenn sein kleiner Freund Mogli beim Spiel den Alltag vergisst. Foto: Privat

Balu ist glücklich, wenn sein kleiner Freund Mogli beim Spiel den Alltag vergisst. Foto: Privat

"Balu und Du" ist eines der Projekte von Tafel plus im Kreis Ahrweiler. Zu den 635 Kunden der Tafel gehören 300 Kinder. Kinder, die noch nie im Kino oder in einem Zoo waren. Kinder, für die ein einziges Gummibärchen Luxus ist. Kinder, die trotz Armut Lebensfreude haben wollen.

Da kommt Balu ins Spiel. Und das funktioniert so. In der Ahrweiler Tafelzentrale laufen bei Christiane Böttcher die Fäden zusammen. Junge Erwachsene zwischen 17 und 30 Jahren können sich bei ihr als Balu, der große Freund, bewerben. Ihnen werden Kinder (Moglis), die von Schulen oder Jugendamt gemeldet werden, zugeteilt. Ein Jahr lang treffen sich dann Balu und Mogli wöchentlich einmal, um gemeinsam Freizeit zu gestalten. Spielen, malen, basteln eine Fahrt mit der Rheinfähre oder zusammen kochen. Mogli und Balu besprechen gemeinsam, was sie unternehmen wollen.

20 Balus hat die Tafel plus zurzeit im Kreis Ahrweiler im Einsatz. Es sind Studenten der Fachhochschule Remagen, Berufsschüler, Gymnasiasten. Sie vereint das Ziel, Kindern aus sozial schwachen Verhältnissen einmal pro Woche das zu geben, was andere als Normalität verstehen. Dieses aber ohne großen finanziellen Einsatz. Denn das Taschengeld, das Balu mit Mogli auf den Kopf hauen darf, beträgt zehn Euro im Monat.

Deshalb sparen Mogli und Balu auch schon mal gemeinsam das Taschengeld auf, um dann damit das zu tun, was Mogli noch nie gemacht hat. Zum Beispiel schwimmen lernen. Was die Balus am meisten freut: "Wenn die Moglis auftauen, erzählen, wo der Schuh drückt, Vertrauen entwickeln."

"Arbeit mit Kindern ist Vertrauenssache", sagt Caritas-Koordinatorin Christiane Böttcher in ihrem Büro hinter dem Ahrweiler Bahnhof. "Es bedarf aber auch der Kontrolle." So muss jeder angehende Balu, dessen Einsatz auch als Praktikum anerkannt wird, ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen. Nach jedem Treffen mit Mogli muss Balu Tagebuch führen. "Das wird dann gelesen und kommentiert", sagt Böttcher, die als einzige die Namen aller Kinder kennt und strikt auf deren Anonymität nach außen achtet. "Armut darf nicht zum Stigma werden", ist eines der Prinzipien von Tafel und Tafel plus.

Was Böttcher bedrückt, ist die geringe Bereitschaft von Behörden und Betrieben, bei "Balu und Du" einzusteigen. So gibt es im ganzen Kreis bislang einen einzigen Partner. Eine kleine Eisdiele in Ahrweiler spendiert Mogli, wenn Balu den Ausweis des Projektes zeigt, ein Eis. "Das ist in Großstädten anders", sagt Böttcher. "Da können die Teams kostenlos in Museen oder auch schon mal ins Hallenbad." Diese Bereitschaft würde sie sich im Kreis Ahrweiler wünschen.

Doch da das Projekt erst ins zweite Jahr gehe, sei es wohl noch zu unbekannt. Wohl auch deshalb muss Böttcher, wenn es um neue Balus geht, "an der FH und der Berufsschule noch Klinken putzen". Denn neue Balus werden dringend gebraucht: "Wir haben eine ganze Warteliste von Kindern. Sie kommen aus Bad Neuenahr, Altenahr, von der Grafschaft, aus Remagen und aus Sinzig."

Wichtig für Böttcher: "Als Mogli kann sich niemand bewerben." Ausschlaggebend sei das Jugendamt. Doch eines hat Böttcher festgestellt: "In der Regel sind es alles Tafel-Kinder." Die Katze beißt sich folglich in den Schwanz. Doch für die Moglis zählt nur eins: "Einfach Kind sein, und wenn es nur für ein paar Stunden ist."

Infos: boettcher-c@caritas-ahrweiler.de

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