Christine Westermann plaudert "Im Alter geht noch was"

MARIA LAACH · TV-Moderatorin Christine Westermann in Maria Laach über das Älterwerden und das Leben sinniert. So erzählte sie von einem unangenehmen Schuhverkäufer, sprach über ein angekratztes Selbstwertgefühl und philosophierte über den Lebensweg, der auch noch mit 65 weiter gemeistert werden will.

 Christine Westermann im Informationszentrum des Klosters Maria Laach: Sie erzählt Nachdenkliches über das Leben.

Christine Westermann im Informationszentrum des Klosters Maria Laach: Sie erzählt Nachdenkliches über das Leben.

Ein älterer, gut gekleideter Mann wartet am Eingang des Informationszentrums Maria Laach. Er nutzt den Augenblick, mit Christine Westermann fotografiert zu werden. Als die TV-Moderatorin den ausverkauften Saal betritt, brandete Applaus auf. Kaum zu glauben, dass die sympathische Journalistin privat Selbstzweifel und Unsicherheiten plagen.

Hierüber kann sie mit Humor vor den 350 Zuhörern im Laacher Forum sprechen: "Sie sind gekommen, um nachzusehen: Wie sieht eigentlich die Frau vom Fernsehen aus? Ist die wirklich so dick? Fernsehen macht breit - sagen die Profis. Das sind optisch drei Kilo."

Dabei ist die Gastgeberin von "Zimmer frei" ein nachdenklicher Mensch. "Was geht noch, wenn man 65 ist?", so der Titel ihres Buches, fragt sich die Journalistin auch in Maria Laach: "Es liegt mehr hinter mir als vor mir. Wo will ich hin mit dem Leben? Und wo will das Leben hin mit mir? Mit 65 geht man nicht mehr federnden Schrittes auf die 70 zu. Ob ich da unversehrt ankomme, ob ich da überhaupt ankomme?" Westermann erzählt von ihren Eltern, die beide früh verstarben: "Meine Mutter war schon damals eine junge Alte, sie war eine Draufgängerin. Sie ist mit 64 gestorben."

Vielleicht zögerte die TV-Moderatorin deshalb beim Gedanken an ihren 65. Geburtstag. Möglicherweise hindert sie auch ihre innere Stimme, die ihre Leistungen und ihr Leben immer wieder infrage stellt: "Jeder Mensch erlernt im Laufe seiner Kinderjahre Muster, die viele Jahre lang sein Leben bestimmen werden, ganz egal, was passiert, etwas Gutes oder Schlechtes, etwas Großes oder Kleines. Fehlender Selbstwert ist zum Beispiel eines dieser Muster.

Sich nie gut genug fühlen, verbunden mit der Befürchtung, irgendwann werden es alle merken. Ich habe mich im Muster Selbstwert verheddert, mein kritischer innerer Einflüsterer begleitet mich seit vielen Jahren auf Schritt und Tritt." Dem Laacher Publikum beichtet sie, dass sie immer wieder bei vielen positiven Rückmeldungen eine einzige, negative Meinung total umhauen könne. Auch ihr Anfängergeist, mit dem sie stets aufs Neue die Themen ihres Leben und ihres Berufes aufgreife, mache verletzlich. Und seien es nur die gelben Turnschuhe, die sie mit knapp 65 Jahren in Istanbul kaufen wollte.

Der Verkäufer habe in ihrer Größe nichts Passendes auf Lager: "Er wirkt gereizt, guckt mich an. Erst meine Füße, die Beine, dann meine Gesicht. 'Sie sind über fünfzig', sagt er sichtlich genervt. 'In Ihrem Alter tragen Frauen keine Turnschuhe mehr, sie tragen Business-Schuhe.' Voller Verachtung hält er mir ein Paar beigebrauner Schuhe hin, die aussehen, als kämen sie geradewegs aus dem Nachlass eines orthopädischen Schusters."

Es sind diese mit Selbstironie gespickten und mit Abstand zu sich selbst gezeichneten liebenswürdigen Peinlichkeiten, mit denen Westermann begeistert. Durch eine Auszeit und Meditation habe sie ihre Balance wiedergefunden. Westermann: "Noch immer treibt mich in unbedachten Augenblicken Unruhe an und um. Da soll noch was gehen, da muss noch was kommen. Wie viel Zeit bleibt mir noch? Beinahe augenblicklich höre ich bei solchen Überlegungen eine sachte innere Stimme: Hier und jetzt ist alles in Ordnung, oder?" Mit 65 geht noch was.

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