Zwischen Linz und Koblenz 40 000 neue Aale für den Rhein

BROHL · 40 000 kleine Aale haben seit Mittwochmorgen im Rhein nur ein Ziel: wachsen, wachsen, wachsen. Dafür haben sie sieben bis acht Jahre Zeit. Und diese werden zumindest einige auch für Ausflüge in die Ahr nutzen.

 Fischereireferent Lothar Jürgenson setzt an den Ufersteinen die jungen Aale aus. Dort finden die Tiere Schutz.

Fischereireferent Lothar Jürgenson setzt an den Ufersteinen die jungen Aale aus. Dort finden die Tiere Schutz.

Foto: Martin Gausmann

Doch von Anfang an: Zum ersten Mal wurden am Mittwoch am frühen Morgen junge Aale im nördlichen Rheinland-Pfalz im Auftrag der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord (SGD) im Rhein ausgesetzt. Das hatten zwischen Linz und Koblenz bislang nur die Berufsfischer getan. SGD-Präsident Ulrich Kleemann: "Ziel des Besatzes ist die Erhaltung und der Schutz dieser vom Aussterben bedrohten Fischart, die zum natürlichen Artenspektrum des Rhein gehört."

400 Kilo brachten die etwa zwei bis drei Jahre alten Jungfische zusammen auf die Waage. Und sie hatten schon eine achtstündige nächtliche Tour in Spezialcontainern von Hamburg bis Brohl hinter sich, als sie im Brohler Hafen mit Bütten in den Container der MS Burgund umgeladen wurden. "Auf diesem Rheinabschnitt ist es der erste Einsatz dieser Art für das Laborschiff des Landes", sagte Lothar Jürgenson, Fischereireferent der SGD und Leiter der gestrigen Aktion. Er hatte fachkundige Unterstützung. Denn sein Pendant der SGD Süd, Thomas Oswald, war mit Kollegen angereist. "Dean ma des dohin", frotzelte der Bayer, den es beruflich nach Neustadt an der Weinstraße verschlagen hat, und hievte eine Bütte mit Aalen nach der anderen vom Kai auf die MS Burgund. Dort wartete ein 500-Kilo-Container auf die Fische, die anschließend vom Schiff aus über Fischereiboote an den mit Basaltbrocken befestigten Ufern ausgesetzt wurden. "Das lieben die Aale, denn die Steine und Höhlen bieten ihnen Schutz vor Feinden", sagte Jürgenson. Denn sie seien eine Art Leibgericht für Kormoran, Reiher, Hecht, Barsch und Co.

Frischwasser- und Sauerstoffzufuhr für den Container auf dem Schiff hatten zwei Gründe. Erstens sollten die zehn bis 15 Zentimeter langen Aale so fit wie möglich in die Freiheit entlassen werden. Und zweitens: "Hätten wir Temperaturen wie an Pfingsten, dann hätten wir schon heute Mittag Bouillabaisse im Tank", kam bayerischer Humor aufs Achterdeck. Oswald sieht in den Jungaalen so etwas wie Rheintouristen: "Nach acht Jahren kommt bei denen der genetische Kick, und dann geht's ab zu Fidel Castro." Denn die 7000 Kilometer lange Wanderung der Aale hat die Saragossasee nordöstlich von Kuba zum Ziel. Dort laichen die Tiere ab, sterben und die Larven genannten Miniaale lassen sich vom Golfstrom zurück nach Europa treiben. Dann geht's zumindest für die Jungen der in Brohl ausgesetzten Eltern wieder zurück in den Rhein. Der Kreislauf beginnt von vorn.

Laut EU-Aalverordnung sollen 40 Prozent der ausgesetzten Tiere den Kreis schließen. "Davon sind wir jedoch weit entfernt", sagt Jürgenson. Er geht davon aus, dass etwa ein Viertel der jungen Aale das Erwachsenenalter erreicht und sich dann auf Wanderschaft macht. Die Junglachse sind übrigens Wildfänge, die in Aquakulturen für ein Leben in Freiheit aufgepäppelt wurden.

Die SGD Nord lässt sich die Hege der Aale durchaus etwas kosten. Allein die gestern ausgesetzten Tiere schlagen mit 25 000 Euro zu Buche. In der Mosel kommen dazu noch Aale für 60 000 Euro.

Die MS Burgund

Die MS Burgund ist das Mess- und Laborschiff des Landes Rheinland-Pfalz. Sie wurde 1988 in Dienst gestellt, hat zwei Kapitäne und ist ganzjährig auf Rhein, Mosel und Saar im Einsatz. Das 38,85 Meter lange und 7,30 Meter breite Schiff dient auch als schwimmendes Klassenzimmer. Hauptaufgabe der Besatzung sind die physikalischen und chemischen Untersuchungen des Wassers.

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