Rheinbach vor der Kommunalwahl Am Verkehr scheiden sich die Geister

RHEINBACH · Es hätte nicht nur die Kinder in Rheinbach froh gemacht, sondern gewiss auch einige Erwachsene - besonders den Hüter der Stadtkasse, Kämmerer Walter Kohlosser.

Fußgängerzone oder alles wie bisher: Zur Hauptstraße gehen in Rheinbach die Meinungen auseinander.

Fußgängerzone oder alles wie bisher: Zur Hauptstraße gehen in Rheinbach die Meinungen auseinander.

Foto: Wolfgang Henry

Doch die Trauer über die Entscheidung des Bonner Süßwarenherstellers Haribo im September vergangenen Jahres, einen neuen Standort auf der rheinland-pfälzischen Nachbargemeinde Grafschaft anstatt in Rheinbach anzusiedeln, währte in der Glasstadt nicht lange. Denn die für den Goldbärchenproduzenten reservierten Flächen muss die Stadt nun nicht wie Sauerbier feilbieten.

Die Wahlperiode der vergangenen fünf Jahre stand allerdings nicht nur im Zeichen der möglichen Ansiedlung des prominenten, weltweit bekannten Unternehmens. Vor allem die Änderungen in der Schullandschaft, die Haushaltskonsolidierung und das Thema Verkehr mit seinen vielen Facetten beschäftigten in Rheinbach Rat und Verwaltung.

Zehn Jahre hatte die Stadt 30 Hektar Gewerbefläche an der Autobahn für den Bonner Süßwarenhersteller reserviert - immerhin ein Fünftel der Fläche von 150 Hektar. In den ersten beiden Abschnitten zwischen Hochschulviertel, Umgehungsstraße und A 61 sind auf 80 Hektar etwa 300 Betriebe mit 2400 Beschäftigten untergekommen.

Die Flächen sind nahezu voll vermarktet - und seit Dezember mit dem eröffneten Bahnhaltepunkt "Römerkanal" ausgestattet. Die übrigen 70 Hektar an möglichen Gewerbeflächen stehen noch zur Verfügung und sollen in den kommenden zehn bis 15 Jahren einen neuen Besitzer finden.

Die zusätzlichen Gewerbesteuereinnahmen könnte die Rheinbacher Stadtkasse gut gebrauchen. Rund 120 Millionen Euro Schulden hat die Glasstadt aufgehäuft. Ein Haushaltssicherungskonzept soll dafür sorgen, bis 2024 die dicken Minuszeichen im Etatwerk zumindest zu verringern. Ab 2015 bezahlen die Bürger mehr Grundsteuern und die Betriebe mehr Gewerbesteuer, wie der Rat Anfang April mehrheitlich beschlossen hat. Weitere Erhöhungen bis 2024 sieht das Haushaltssicherungskonzept vor.

Ein Streitthema der Rheinbacher Finanzpolitik bleibt auch nach der Wahl am 25. Mai das Spaßbad Monte Mare. Um eine mögliche Schließung des Bades zu verhindern, hat die Stadt dem Badbetreiber die Reduzierung der Pachtzahlungen zugesagt. Der Rat beschloss gegen großen Widerstand, die Pacht von 480.000 Euro auf 60.000 Euro zu senken.

Diesen Kontrakt kritisierten besonders die Sozialdemokraten im Rheinbacher Stadtrat heftig. Es sei nicht Aufgabe des Rates, ein privates Unternehmen zu subventionieren. CDU und FDP hielten der SPD entgegen, die Schließung des weit über die Grenzen der Stadt hinaus bekannten Erlebnisbades in Kauf zu nehmen, was diese jedoch verneinten. Die Kommunalaufsicht des Kreises segnete den Vertrag übrigens ab.

Dass Rheinbach seine Stellung als die Bildungsstadt im Rhein-Sieg-Kreis behalten soll, darin war sich der Stadtrat in den vergangenen fünf Jahren nahezu einig. Wie Alfter sprach sich Rheinbach für eine gemeinsame Gesamtschule am Standort Rheinbach aus. Was beiden Kommunen alleine nicht gelingt, bringen sie gemeinsam auf den Weg.

Allerdings gab es auch kritische Stimmen - vor allem aus der Elternschaft: Sie befürchteten, dass andere Schulen durch die neue Schulform benachteiligt werden. Mit der Hochschule, dem Berufskolleg, den Gymnasien, der Gesamtschule, der derzeit gefährdeten Förderschule und nicht zuletzt mit den Grundschulen ist in Rheinbach ein Standortfaktor entstanden, der neue Bewohner lockt. Doch auch jeder im Rat weiß, dass für mehr Einwohner die Infrastruktur angepasst werden muss - etwa bei den Kita-Plätzen für Kinder unter drei Jahren.

Ein Dauerbrenner in Rheinbach ist und bleibt das Thema Verkehr: Die gute Anbindung ist für manche Bewohner auch ein Fluch: So wünschen sich die Menschen in Wormersdorf seit Jahren einen besseren Lärmschutz zur Autobahn hin, um den Krach der vierspurigen, vielbefahrenen Nord-Süd-Verbinduung A 61 zu minimieren. Nachdem eine Bürgerinitiative zusätzlich Druck machte, kam Bewegung in die Frage. Der Landesbetrieb Straßenbau, Regionalniederlassung Ville-Eifel, hat für den Bau grünes Licht gegeben.

Was mit dem Verkehr in der Innenstadt geschieht, darüber scheiden sich weiterhin die Geister im Rat: In der Frage, ob sich die Hauptstraße mit ihrer charmanten Vielfalt an Geschäften in eine Fußgängerzone verwandeln soll, gehen die Meinungen im Rat recht weit auseinander. Andere wollen die Straße, auf der sich der Verkehr regelmäßig staut, in eine verkehrsberuhigte Zone umwandeln. Die politische Mehrheit ist aber dafür, dass die Hauptstraße so bleibt wie sie ist.

Drei Kandidaten treten in Rheinbach zur Bürgermeisterwahl an

Drei Bewerber wollen am 25. Mai den Chefsessel im Rheinbacher Rathaus erobern. Als "Titelverteidiger" geht Stefan Raetz (CDU) ins Rennen. Der 55 Jahre alte Jurist, der seit 1999 an der Spitze der Rheinbacher Verwaltung steht, bewirbt sich um eine vierte Amtszeit.

Auf eigenen Wunsch endet seine Wahlperiode nicht 2015, sondern bereits am 22. Juni dieses Jahres. Raetz wollte mit diesem freiwilligen Schritt den Weg dafür frei machen, dass Rats- und Bürgermeisterwahlen an einem Tag stattfinden - um Kosten zu sparen, wie der Christdemokrat ausführte.

Für die SPD tritt Dietmar Danz, Jahrgang 1951, zur Bürgermeisterwahl an. Mit 28 von 29 Ja-Stimmen und einer Enthaltung hoben ihn die Sozialdemokraten auf den Schild. Der Verwaltungsdirektor und Betriebsleiter eines kommunalen Eigenbetriebs in Euskirchen gilt als streitbarer Geist und erfahrener Kommunalpolitiker.

Ebenso alles andere als ein Neuling in der Rheinbacher Politik ist Heribert Schiebener von den Grünen. Der 64 Jahre alte IT-Spezialist gehört dem Stadtrat bereits seit 1989 an. Hoffnungen auf den Sieg macht sich Schiebener nach eigenem Bekunden nicht. Seiner Partei sei es aber wichtig, durch die Kandidatur deutliche Alternativen zur aktuellen Politik aufzuzeigen.

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