"Hooligans gegen Salafisten" in Köln Zehntausend protestieren gegen "Hogesa"

Köln · Nach den Krawallen im vergangenen Jahr war die Polizei auf "Hogesa" vorbereitet. Hooligans und Rechtsradikalen verging bei den scharfen Kontrollen die Stimmung - im Gegensatz zu den Kölnern.

Nichts ist wie sonst. "Heute geschlossen" steht an Türen von Geschäften im Kölner Hauptbahnhof. Menschen, die den Bahnhof zur hinteren Seite hin verlassen, zücken ihre Handys - und fotografieren - nicht den Dom, sondern Wasserwerfer. Überall ist Polizei, sind Mannschaftswagen.

Beklemmende Atmosphäre in der sonst so offenen und lebenslustigen Stadt. "Was ist denn hier los?", fragt ein kleiner Junge seine Mutter. "Heute ist ein besonderer Tag", antwortet sie und zieht den Jungen weiter.

Die Polizei ist nach den Krawallen im vergangenen Jahr an diesem Sonntag auf über 20 000 erwartete Demonstranten und Gegendemonstranten vorbereitet. Mit rund 3500 Polizisten, Wasserwerfern und einem Hubschrauber ist sie für den Großeinsatz gerüstet. 50 Hooligans ziehen kurz darauf durch den Hauptbahnhof, begleitet von Polizisten. Sie skandieren: "Er ist wieder da" - und jeder weiß, wen sie meinen.

"Ein Vermummter kann sowohl rechts als auch links sein"

Sie sind schwarz gekleidet, tragen teilweise Sonnenbrillen, haben Kapuzen - wie die linken Demonstranten: "Ein Vermummter kann sowohl rechts als auch links sein", nennt der Kölner Polizeisprecher Karlo Kreitz eine Schwierigkeit an diesem Tag. Die Polizei schafft es bis zum Abend trotzdem, die Gruppen weitgehend voneinander zu trennen. Nur vereinzelt kommt es zu Schlägereien zwischen Mitgliedern linker und rechter Gruppen.

Die gehen dafür auf die Polizei los: 150 Linke attackieren auf der Straße Polizisten. "Wir wollen sie schützend zum Ort bringen und werden dann von Linken angegriffen", wird Kreitz später sagen.

Die Polizisten setzen Pfefferspray und Schlagstöcke ein und bringen die Lage unter Kontrolle. Aus welchem Lager die Vermummten waren, die später auf einen Streifenwagen losgingen, ist erst mal nicht klar, genauso wenig wie bei der Attacke auf Leute an der Absperrung zu den Wasserwerfern.

Deeskalation auf Kölsch

Köln wäre nicht Köln, wenn selbst in so einer Situation der Karneval keine Rolle spielen würde: Gegendemonstranten stranden an einer Polizeikette. Etwa 30 Leute: Polizei gegen Demonstranten. Die Spannung steigt. Plötzlich stimmt die Gruppe ein Karnevalsliedchen an - irgendwann schunkeln sie. Deeskalation auf Kölsch.

In Köln-Deutz müssen sich rund 1000 Hooligans und Rechtsradikale anstellen. Der Barmer Platz, auf dem sie ihre Kundgebung abhalten dürfen ist hermetisch abgeriegelt.

An dem einzigen Zugang filzt die Polizei die "Hogesa"-Teilnehmer auf Glas, Alkohol, Waffen und Pyrotechnik. Jeden einzelnen. Gründlich. Auf dem Platz am Deutzer Bahnhof verlieren sich die 1000 Leute etwas. An den Krawallen im vergangenen Jahr waren 5000 Hooligans beteiligt.

Einige Ordner waren für Job nicht geeignet

Der Veranstalter der Kundgebung hat ein vergleichsweise recht banales Problem: Einige der Ordner, die er für die Kundgebung benannt hatte, waren aus Sicht der Polizei für den Job nicht geeignet. Ungeeignet ist einer, der getrunken hat oder vorbestraft ist. Vor Ort musste schnell Ersatz gefunden werden.

Reden werden gehalten, eine Band spielt. Aber die Stimmung ist so fad, dass der Frontmann am Mikro brüllt: "Was ist mit Euch los? Ihr seid nur mit euren Handys beschäftigt?"

Auf der anderen Seite des Bahnhofs sind die Gegendemonstranten aus dem bürgerlichen Lager. Es ist ein entspannter Protest gegen Gewalt und Rechts von rund 10 000 Menschen.

Familien mit Kindern sind dabei. Kölsche Gruppe wie die Höhner machen Musik. Eine Karnevalskapelle ist im standesgemäßen Outfit erschienen und hat auf einem Schild seine eigene Antwort auf "Hogesa" dabei: "Bunte Funken gegen braune Halunken."

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