Ausstellung im Max-Ernst-Museum in Brühl Tim Burton: Meister des wüsten Humors

Brühl · Für Cineasten und Verehrer von Tim Burton ist diese Ausstellung im Brühler Max-Ernst-Museum wie ein Familientreffen mit geliebten Protagonisten, mit Edward und der tragischen Leichenbraut, mit dem diabolischen Stainboy, dem Poltergeist Beetlejuice, nicht zuletzt mit dem bedauernswerten Hund Sparky aus "Frankenweenie".

Für jeden, der ergründen möchte, wie Burtons überbordende innere Traumfabrik funktioniert, was in dem Kopf dieses begnadeten Künstlers abläuft, gibt es in Brühl wertvolle Hinweise. Rund 600 Zeichnungen lassen ganz tief in diese Fantasiewelt blicken, die zwischen blankem Horror und abgedrehtem Witz, drastischer Brutalität und feiner Empathie für die Schwachen, die Verlierer und Ausgestoßenen oszilliert.

Auch zu sehen sind Figuren, die Burton für seine Stop-Motion-Filme animieren ließ. Man trifft auf die kniehohen Oompa Loompas aus "Charlie und die Schokoladenfabrik", auf Figuren aus "Mars Attacks" und die Windmühle aus "Sleepy Hollow" und "Frankenweenie" - eine Anspielung auf die Schlusssequenz des Frankenstein-Klassikers von 1931 mit Boris Karloff.

Es ist eine Ausstellung mit zauberhaften Details, die zwischen den wunderbar fein gestrichelten und unglaublich ideenreichen Zeichnungen aufblitzen. Da ist zum Beispiel ein handgeschriebener Zettel Burtons an Johnny Depp.

Der Regisseur von "Charlie und die Schokoladenfabrik" fragt seinen Hauptdarsteller, ob die Passage okay wäre, in der der von Depp gespielte Schokoladentycoon Willy Wonka sagen soll: "Alles in diesem Raum ist essbar, sogar ich - aber das nennt man Kannibalismus und wird in den meisten Gesellschaften nicht akzeptiert." Depp hat die Passage offenbar goutiert, jedenfalls spricht er sie mit ironischem Einschlag im Film.

Zeichnungen aus der Jugend

Die Ausstellung startet mit Zeichnungen des sehr jungen Burton, die bereits sowohl sein großes Zeichentalent offenbaren, als auch sein auf Horrorfilme gerichtetes Themenspektrum und ein recht ausgeprägtes Selbstbewusstsein. 1977, da ist er 19, zeichnet er auf einem Hintergrund, der an den Konstruktivisten Mondrian erinnert, ein Tableau von "Horror Movies".

"King-Kong", "Godzilla" und "Dracula" sind da erwähnt, als vierte Illustration ein Werk aus eigener Hand. Damals hatte er den bereits ersten Anlauf bei Disney versucht, war mit seinem Kinderbuchentwurf, der in Brühl zu sehen ist, aber gescheitert. Zwei Jahre später kommen die Disney-Bosse doch auf ihn zu.

Man hat seine Studienarbeit, den Animationsfilm "Stalk On The Celery Monster", gesehen und stellt ihn als Assistenzzeichner ein. Burton mokiert sich heute gerne über den altbackenen, prägenden Stil der "Nine Old Men" von Disney. Bände spricht das Blatt "Traumfabrik" von 1983, in dem Burton seine Disney-Depression formuliert: Er als Zeichner im dunklen Kerker als Gefangener mit irrem Blick, der sich eine Sonne malt. Fliehen kann er nicht, er hat keine Füße mehr.

Geburt eines "Monsters"

Burton fand einen Ausweg, begann noch zu Disney-Zeiten damit, sein bizarres Personal zu entwickeln, die langgliedrigen Wesen, die kleinen und großen Monster, die düsteren Umgebungen, in denen sich seine Figuren bewegen. Aus den delikaten Szenen, die nicht nur auf dem Zeichenblock im Atelier entstanden, sondern auch auf der Schreibtischunterlage, auf Blättern seines kleinen Skizzenhefts, das er immer mit sich führt, oder auch auf Papierservietten, wurden dreidimensionale Wesen, die er in seiner unnachahmlichen Stop-Motion-Animation zum Leben erweckte.

Der Besucher taucht in diesen Kosmos ein, wird mit Burtons kruder Poesie und seinem Brachialhumor konfrontiert. Man kann sich vorstellen, wie er lachte, als ihm einfiel, wie man den Spruch "Curtis is giving his eyes a rest" (Curtis gönnt seinen Augen eine Pause) umsetzen könnte. Da steht Curtis mit leeren Augenhöhlen herum, während seine Augäpfel es sich beim Cocktail auf Liegestühlen gutgehen lassen. Man muss ihn lieben, um diesen wüsten Humor genießen zu können.

Eine Ausstellung, die man nicht verpassen sollte.

Max-Ernst-Museum, Brühl, 16. August bis 3. Januar 2016. Di-So 11-18 Uhr. Katalog (Hatje Cantz) 24,80 Euro. Umfangreiches Rahmenprogramm.

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