Quelle-Erbin im Schadenersatzprozess "Schickedanz war eine Strohfrau"

KÖLN · Thomas Middelhoff stützt Angaben: Drei Anwälte zur Rechten, drei Anwälte zur Linken. Eingerahmt von ihren Rechtsbeiständen nahm Madeleine Schickedanz am Montag im Kölner Landgerichts Platz. Hier will sie etwa von Sal. Oppenheim, ehemaligen Bankeignern und dem Immobilienentwickler Josef Esch, der ihr Vermögensverwalter war, einen Schadenersatz von 1,9 Milliarden Euro erstreiten.

Treffen vor Gericht: Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz geht an Ex-Arcandor-Chef Thomas Middelhoff vorbei.

Treffen vor Gericht: Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz geht an Ex-Arcandor-Chef Thomas Middelhoff vorbei.

Foto: dpa

Schmächtig, in grauem Hoseanzug und weißer Bluse, die blonden Haare zusammengebunden saß sie da und hörte Thomas Middelhoff zu. Der ehemalige Chef des Aufsichtsrats und des Vorstands von Karstadt-Quelle, beziehungsweise Arcandor sollte als Zeuge schildern, warum Schickedanz 2005 kräftig Aktien zukaufte. Die verloren im Zuge des Niedergangs des Handels- und Touristikkonzerns an Wert und damit Schickedanz ihr Vermögen.

Schickedanz blickt Middelhoff gelegentlich an, verzieht aber keine Miene. Dabei stützt Middelhoff ihre in der Klageschrift geschilderte Version der Vorgänge, die auch schon ihr Ehemann Leo Herl an zwei Verhandlungstagen ausgebreitet hatte.

Für die Idee, Karstadt-Quelle von der Börse zu nehmen, reklamiert Middelhoff die Urheberschaft. So hätte eine Sanierung leichter gelingen können, sagte er. Auch habe eine Studie der Investmentbank Goldman Sachs, die er in Auftrag gegeben hatte, eine mögliche Wertsteigerung im Falle eines De-Listings, also eines Börsenabschieds offenbart.

Dazu hätten weitere Aktien von Karstadt-Quelle gekauft werden müssen. Schickedanz hielt 30,66 Prozent, weitere Anteilsscheine hatten ihr Neffe Martin Dedi sowie Allianz beziehungsweise Dresdener Bank. Letztlich sollte Karstadt-Quelle Schickedanz, der Bank Sal. Oppenheim oder der Bank Nahestehenden sowie einem Finanzinvestor gehören.

Dabei war Schickedanz die Einzige, die Aktien kaufen konnte, ohne dass bei bestimmten Schwellenwerten allen Anteilseignern ein Übernahmeangebot hätte unterbreitet werden müssen. Noch gravierender: Wenn der Großaktionär gewechselt hätte, dann hätten die kreditgebenden Banken dem Konzern die Verträge kündigen können.

Eine komplett neue Refinanzierung wäre nötig geworden, so das Ergebnis einer Untersuchung durch die Deutsche Bank, die die Finanzierung des Delistings hätte begleiten sollen, und einer Anwaltskanzlei. Schickedanz konnte aber keine weiteren Aktien kaufen, wie Esch, der für Middelhoff in Bankangelegenheiten für die Bank sprach, oder Matthias Graf von Krockow - sicher ist er da nicht - ihm erzählt hätten.

Die Lösung: Finanzinvestoren, Vermögensverwaltungskunden von Oppenheim-Esch und die Bank stellen Schickedanz die Mittel zur Verfügung. Schickedanz war also "Strohfrau", wie Middelhoff schilderte.

Festgezurrt wurde das Vorgehen auf Treffen am 5. und 19. März 2005. Anfang April wurde es zu Papier gebracht. Dabei variieren die Angaben Herls und Middelhoffs, was wann besprochen wurde und wie viel Aufwand es noch bedurfte, die Absprachen in eine Schriftform zu bringen.

Unklar auch, ob Schickedanz 500 Millionen für einen sorgenfreien Lebensabend habe erlösen wollen, wie Herl schilderte, oder eine Milliarde, wie Middelhoff sagte. Erstaunlich, dass Aktien von Karstadt-Quelle gekauft wurden, obwohl sich kein Finanzinvestor fand. Das wurde laut Middelhoff Mitte oder Ende August 2005 klar. Die schriftliche Vereinbarung von Rotterdam, die zum Delisting hätte führen sollen, sollte laut Middelhoff aber erst umgesetzt werden,wenn ein Finanzinvestor im Boot ist und eine Buchprüfung die ihm zugrunde liegenden Annahmen unterstreicht.

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