Y-Titty im Interview Philipp Laude über den Erfolg seines Comedy-Trios

KÖLN · 1.100.000 Abonnenten schauen sich die Videos regelmäßig an, bislang wurden 320 Millionen Einzelabrufe gezählt. Y-Titty scheint auf dem besten Wege, Kult zu werden. Im Interview erzählt Philipp Laude von der Erfolgsgeschichte seines Comedy-Trios.

Y-Titty verfilmt gerne Partys. Wann war denn die letzte Fete?
Philipp Laude: Silvester. Ich hatte Freunde eingeladen - ein paar alte aus meiner Heimat in Süddeutschland und neue aus Köln.

Irgendwas Auffälliges passiert?
Laude: Nee, dieses Mal nicht. Es gab schon krassere Momente. "Ihr Schweine habt mich angemalt", unser bekanntestes Video, ist durchaus autobiografisch.

Darf man mit dem Chef so was machen?
Laude: Klar, auf der einen Seite bin ich ein bisschen Chef, aber wir sind auch Kumpels.

Parodie auf Gotyes Hit "Somebody That I Used To Know" auf YouTube:

Wer ist noch Chef im Imperium von Y-Titty?
Laude: Wir haben Y-Titty zu dritt aufgebaut. Vor einem halben Jahr habe ich eine Firma gegründet, die nicht nur Y-Titty produziert, sondern auch den Ponk-Kanal und die Gruppe ApeCrime. Wir wollen YouTube damit auf ein neues Niveau heben, das inhaltlich und technisch mit anderen Medien absolut mithalten kann.

Was genau ist Ponk?
Laude: Ponk ist eine Comedy-WG, die sich zum Ziel gesetzt hat, irgendwann täglich zu senden. Entstanden ist die Idee dadurch, dass YouTube in den USA auf Kanäle zugegangen ist, um sie zu unterstützen, indem sie deren Arbeit vorfinanziert. Das Konzept war ein Erfolg und wurde auf Europa ausgeweitet. In Deutschland werden 13 Kanäle unterstützt. Wir wurden auch angesprochen.

Mit welchem Ergebnis?
Laude: Naja, wir wollen die Möglichkeiten von YouTube nutzen - uns aber nicht reinreden lassen, sondern selber produzieren. Deshalb haben wir neue Gesichter ins Universum geholt. Die Mitglieder von Ponk produzieren gemeinsam und nutzen dieselben Ressourcen.

Wer sind die Mitglieder?
Laude: Die drei Jungs von ApeCrime, wir haben auf YouTube ihre Videos entdeckt. Sie kommen auch vom Land. Zu Ponk gehört die Schauspielerin Lucrecia aus Köln. Und Julez, er macht witzige Straßeninterviews. Ihn habe ich auch beim Rumklicken entdeckt.

Und was befindet sich alles hier in diesem Bürokomplex?
Laude: Die Produktionsfirma Kultframe, hier werden zum Beispiel die Videos geschnitten. Und die Firma Mediakraft, sie vermarktet die Kanäle, besorgt die Werbespots, die vor unsere Videos geschaltet werden.

Zufrieden mit der Vermarktung?
Laude: Die Businesswelt ist noch nicht wirklich aufmerksam geworden auf das, was sich auf YouTube alles tut. Wir erreichen mit unseren Kanälen die Hälfte aller Jugendlichen in Deutschland, das hat einen gewissen Wert. Aber der derzeitige TKP (Tausender-Kontakt-Preis = Werbeeinnahmen pro 1000 Zuschauer, die Red.) könnte besser sein: Wir bekommen bei weitem noch nicht den TKP, den Fernsehen und andere Medien erhalten.

Welche sonstigen Einnahmequellen gibt es?
Laude: Auftritte und Merchandise, beispielsweise T-Shirts. Dann die eigenen Songs.

Wie alt sind die Fans?
Laude: 13 bis 25 Jahre. In dieser Gruppe erreichen wir im Moment vier Millionen Einzelpersonen.

Und so kommt man auf unvorstellbare 320 Millionen Klicks in den vergangenen Jahren? Sind das seröse Zahlen?
Laude: Die Zahl der Klicks wird auf der jeweiligen Seite angezeigt. Und YouTube prüft intensiv - die brauchen verlässliche Zahlen für die Vermarktung.

320 Millionen Klicks - besteht die Gefahr, dass man dabei abhebt?
Laude: Kaum. Es war nie so, dass uns jemand von außen vorgeschrieben hat, was wir zu tun und zu lassen haben. Nur wenn zu viele Menschen an dir zerren, baust du einen Schutzwall auf - was von der Allgemeinheit schnell als abgehoben aufgefasst wird.

Bleibt bei all diesen Aktivitäten noch Zeit für sich selbst?
Laude: Sehr wenig. Dabei ist diese freie Zeit wichtig, wenn man Comedy macht. Schlecht gelaunt funktioniert Comedy nicht. Deshalb versuche ich, jeden Tag mindestens acht Stunden zu schlafen und einen Tag in der Woche nichts für YouTube zu machen.

Wie geht das, wenn man ständig erreichbar ist?
Laude: Ich besuche meine Oma in Salzburg, die hat kein Internet.

"Der letzte Sommer" auf YouTube:

Woher kommen all diese Ideen für immer neue Videos?
Laude: Es passiert dauernd. Im Kino beispielsweise stelle ich mir ständig vor, was geschehen würde, wenn der Film in eine völlig andere Richtung ging. Wir haben eine spezielle Technik: Einer hat eine Idee, der zweite reagiert. Ob gut oder nicht gut - alles wird notiert. Im zweiten Schritt überlegen wir den Grundaufbau: Die meisten Sketche sind ein in sich geschlossenes Format - also Parodie oder Trailer. Dann hast du den Rahmen, indem du deine Idee platzierst. Ich weiß, dass es Autoren gibt, die ihre Ideen getrennt entwickeln und an einen Produzenten schicken, der dann auswählt. Das kommt für uns nicht in Frage.

Und so kommt plötzlich ein Einhorn ins Video?
Laude: Genau. Beim Dreh zu "Der letzte Sommer" haben wir uns überlegt, was es alles mit "letztes" gibt und sind auf das Einhorn gekommen.

Auf der Rihanna-Parodie zu "Diamonds" heißt es im Refrain "Alles voller Keime". Kann man sich auf den Sofas hier anstecken?
Laude: Nein, alles sauber. Aber wir haben halt einen passenden Reim gesucht, zudem waren einige von uns krank. So kommt das.

Sind die Akteure privat so "abgedreht" wie in den Videos?
Laude: Wir können so sein, sind es aber nicht immer.

Wie vollzog sich der Umzug aus dem Frankenland nach Köln?
Laude: Es war ein gewagter Schritt. Uns war klar, dass auch wir ein professionelles Management brauchen, um von unserer Arbeit vernünftig leben zu können. TC hat verschiedene Managements angeschrieben. Eines wollte, dass wir unseren Namen ändern, das andere wollte uns in die Richtung Stand-up schieben. Dann kam das Kick-Management aus Köln, die uns machen lassen.

Köln ist eine Hochburg der Stand-up-Comedy. Für Y-Titty keine Alternative?
Laude: Nein, uns schwebt ein Kinofilm vor - und mehr eigene Songs.

Auch weil man mit Coverversionen zu viel Tantiemen zahlt?
Laude: Ein Plattenboss hat uns erzählt, man schätze sich glücklich, wenn ihre Songs parodiert werden, weil die Originale danach in den Charts hochklettern. Man merkt schon, dass wir mit unseren Parodien meinungsbildend sind.

Wo sieht sich Philipp Laude in zehn Jahren? Noch bei Y-Titty?
Laude: Ja, das ist das, was ich machen will. Vielleicht stehe ich in 20 Jahren auch hinter der Kamera.

Wo liegt eigentlich dieser fränkische Ort? Hinkelstein? Stolperstein?
Laude: Nein, Hilpoltstein, bei Nürnberg. Fernsehen gibt's, Internet auch. Ein Gymnasium und Supermärkte en masse, aber kein Kino und keine Disco.

Macht das Land kreativ?
Laude: Ja. Das ist auch ein Grund, warum viele YouTuber aus ländlichen Regionen kommen. In der Stadt kannst du dich unterhalten lassen, auf dem Land musst du selber kreativ werden.

435.000 Freunde bei Facebook: Spürt man die Verantwortung?
Laude: Ja. Wobei es eine Herausforderung ist, alle Fragen zu beantworten. Deshalb stellen wir auch verstärkt Filme mit Infos über uns ins Netz. Aber wir hinken ständig hinterher, weil alles so schnell geht.

Und wie geht Ihr mit Hatern um - mit Leuten, die euch nicht mögen?
Laude: Auch sie sind ein wichtiger Bestandteil unserer Kanäle. Wir brauchen Kritik, um uns zu verbessern.

Schaut Philipp Laude eigentlich noch Fernsehen?
Laude: Nein, überhaupt nicht. Aber ich höre Radio. Doch dafür sind 17 Euro im Monat nicht gerechtfertigt.

Arbeitet Y-Titty am Fernsehen der Zukunft?
Laude: Internet wird das neue Fernsehen - und mit dem alten Fernsehen zusammenwachsen. Die Quote wird dann real gemessen werden und nicht mit irgendwelchen Kästen. Was das Fernsehen kann, kann das Internet längst und noch viel mehr.

Philipp Laude und das Comedy-Trio Y-Titty

  • Mitglieder: Philipp Laude (22), Matthias Roll (21) und Oguz Yilmaz (21). Phil, TC und OG, so die Künstlernamen, stammen aus Franken und leben mittlerweile in Köln.
  • Laude und Roll gründen Y-Titty 2006 im fränkischen Hilpoltstein, Yilmaz stößt 2009 zur Gruppe.
  • Der Name spricht sich "Waititty" aus und basiert auf dem englischen Kürzel "YTD", einer Abkürzung für "YouTube Dummies".
  • Die Videos entstehen in Eigenproduktion. Gedreht wird in Privatwohnungen, am Kölner Rheinufer, auf der Domplatte und in der Fußgängerzone. In den Filmen parodiert Y-Titty bekannte Lieder und Filmtrailer, aber auch Computerprodukte.
  • Bekanntestes Video ist die Parodie auf Gotyes Hit "Somebody That I Used To Know". Jeweils freitags werden neue Clips auf YouTube gestellt, am 18. Januar etwa der Til-Schweiger-Sketch zum Film "Kokowääh". Aufrufe: 285.868 bisher.
  • Y-Titty wagt sich auch an eigene Songs. Achtbare Erfolge verzeichneten die Singles "Ständertime", "Fest der Liebe" und vor allem die Nummer "Der letzte Sommer" zum Thema Weltuntergang.
  • Y-Titty war Gast in der Harald-Schmidt-Show, der Spiegel widmete dem Trio erst kürzlich einen ausführlichen Bericht.
  • Im September veröffentlichte Y-Titty das "NICHT-Buch" mit Hintergründen zur eigenen Geschichte.
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