Auf der weltgrößten Fitnessmesse Fibo in Köln ist der Trend klar: Jeder ist sein eigener Fitnesstrainer Mit der App zum Gorilla

KÖLN · Vor 30 Jahren muss es sehr einfach gewesen sein, zur Fibo zu kommen: einfach den Typen nach, deren Arme jedes T-Shirt sprengen. Es war die Zeit, in der Fitness gleich Bodybuilding war, in der Arnold Schwarzenegger gerade als "Conan, der Zerstörer" gefeiert wurde und erstmals als Terminator vor der Kamera stand.

 Die Fitnessmesse FIBO hat am Donnerstag in Köln begonnen.

Die Fitnessmesse FIBO hat am Donnerstag in Köln begonnen.

Foto: dpa

Und die deutschen Möchtegern-Conans, die kamen nach Kölle zur Fibo, die damals 10 000 Besuchern 69 Aussteller bot.

Heute machen sich Menschen mit Supersize-Muskeln rund um die Kölner Messehallen eher rar. Das Gros derer, die durch die Besuchereingänge strömen, ist fit auf eine Weise, die mehr Schnelligkeit als Bizeps meint. Und auch die Fibo, bis Sonntag in Köln zu erleben, ist ganz anders als in ihren Anfängen: größer (mit 725 Ausstellern die weltgrößte Messe ihrer Art), für Privatbesucher längst ausverkauft (58 000 Karten wurden abgesetzt). Und für die, die sie von Osten her betreten, beginnt sie mit - Uhren.

Und die haben es in sich: Smartwatches sehen aus wie Uhren, zeigen die Zeit an wie Uhren, aber nebenbei - oder vielmehr: vor allem - sind sie Sportlehrer, Kontrolleur, Navigator und Erzfeind überflüssiger Pfunde. Wenn man sie lässt.

Der freundliche Smartwatch-Anbieter am Fibo-Stand lässt sie "immer: Ich habe in der Uhr meine Workouts abgespeichert, ich kontrolliere mit ihr meine Herzfrequenz und..." - er klickt sich kurz durchs Menü, bis er zum Scanner gelangt - "ich scanne die Lebensmittel, die ich im Supermarkt kaufe!" Man kann sie auch, wenn man eine ehrliche Haut ist, fleißig eingeben: "Hühnchen, 150 Gramm" hat man verspeist, ein Brötchen mit Gouda undundund, macht soundso viel Kalorien gleich soundso viel Fett, das mit soundso viel Sporttraining verbrannt werden kann.

Willkommen in der digitalen Do-it-yourself-Welt der Fitness. Ob als App oder Uhr, am PC oder per Handy: Fit werden geht immer und überall, vor allem aber ohne Mitgliedschaft in der Muckibude. Zwar besuchten 2014 rund 3,4 Millionen der 20- bis 29-jährigen Deutschen häufig ein Studio, und mehr als eine Million der über 70-Jährigen tun das ebenfalls. Dem gegenüber stehen gut 51 Millionen, die nicht ins Studio gehen, deshalb aber nicht Sofahocker sind. Sie gehen zum Beispiel mit einer Uhr trainieren.

Und wenn's plötzlich ziept, weil man allein mit der Uhr was falsch gemacht hat? Dann legt man sich auf eine Aqua-Lounge-Massage-Liege (das Gefühl: im Whirlpool sitzen, ohne nass zu werden), oder man legt das schmerzende Bein hoch und isst sich glücklich und vor allem schlank mit "Low-Carb". Übersetzt heißt das "wenig Kohlenhydrate". Aus diesem Prinzip ist eine gigantische Ernährungsindustrie geworden. "Just taste it - einfach probieren", strahlt einen ein weißhaariger Mensch mit Teenagerfigur an und reicht einen Stab mit schokoladig aussehender Creme, die null Zucker enthält: "Better than Nutella!" Öh - naja.

An Stromstoß-Bandagen-Training und zuckenden Bodenkissen vorbei (letztere sollen die "inneren Muskeln" trainieren) geht es zum einzigen Stand, vor dem Baumstämme aufgebaut sind: Das Team von "Outdoor Gym" aus Bonn verlagert das Studio nach draußen in die Natur.

Schöne helle Fitnesswelt also - bis auf Halle zehn. Da wird's dunkler, die Musik lauter, und Stand Nummer eins heißt "Arnold's Sport Festival": Willkommen bei den Gorillas. Hier ist sie noch zu erleben, die solariumbraune, aufgepumpte Körperwelt. Aber auch für die gibt's garantiert schon eine App.

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