Leben im Mini-Mobil - Ein Eigenheim mit 1,47 Quadratmetern

Köln · Viel Platz hat er nicht, doch dafür hat er seinen Stolz nicht verloren: Ein Mann aus Köln lebt auf 1,47 Quadratmetern. Es ist sein Eigenheim, weil er nicht auf staatliche Hilfe angewiesen sein will.

 Der Arbeitslose Maik Stolze sitzt in Köln am Rheinufer in seinem selbstgebauten Wohnwagen. Durch sein kleines Eigenheim ist er nicht auf staatliche Hilfe angewiesen, sagt er.

Der Arbeitslose Maik Stolze sitzt in Köln am Rheinufer in seinem selbstgebauten Wohnwagen. Durch sein kleines Eigenheim ist er nicht auf staatliche Hilfe angewiesen, sagt er.

Foto: dpa

Maik Stolze ist ein Macher. Einer, der sich nicht unterkriegen lässt, nicht aufgibt oder verzweifelt. Auch wenn das Schicksal ihm Knüppel zwischen die Beine wirft. Wie damals, als sich die Schulden häuften und er aus seiner Wohnung flog. Jetzt wohnt Stolze in seinem Eigenheim: Es dürfte mit 1,47 Quadratmetern das kleinste in Deutschland sein. 210 Zentimeter lang, 70 Zentimeter breit und 122 Zentimeter hoch ist sein Mini-Wohnmobil.

Seit zwei Monaten wohnt Stolze in seinem Haus auf Rollen, das er mit einem Fahrrad zu jedem beliebigen Ort ziehen kann. "Die Idee ist aus der Not entstanden. Ich wollte keine Wohnung, die mir ein Amt bezahlt. Aber ich wollte auch nicht mit dem Schlafsack unter der Brücke schlafen." Stattdessen campiert er nun auf einem Firmenparkplatz in der Nähe des Deutzer Bahnhofs in Köln.

Morgens reinigt er für die Firma den Parkplatz, dafür darf sein Fahrrad-Wohnmobil dort stehen. "Ich bekomme sogar mein Frühstück ans Bett gebracht", erzählt er. Zwei Mitarbeiterinnen der Firma stellen ihm jeden Morgen Brötchen vor die Tür. Kaffee kocht er sich auf seinem Gaskocher. Zwei Fenster mit weißen Gardinen sorgen für eine Prise Spießigkeit.

Auf das Mobil mit dem Modellnamen "Homer S 2015" hat der gelernte Schlosser, der lange als Gastronomieeinrichter gearbeitet hat, Patent angemeldet. "Homer steht für meine Lieblingssendung Simpsons, das S für Stolze und 2015 für das Baujahr", erklärt Maik Stolze. Mit Wohnmobilen kennt er sich aus, seit er für einen großen Wohnwagen-Hersteller gearbeitet hat.

Nach einem Herzinfarkt und der Entfernung eines gutartigen Tumors am Hals hatte der 46-Jährige seinen Job verloren. Die Schulden häuften sich, schließlich konnte er die Miete für seine Wohnung nicht mehr zahlen und wurde vor die Tür gesetzt.

Inzwischen verdient der selbst ernannte "Camper vom Bahnhof Deutz" seinen Lebensunterhalt durch Flaschensammeln: 40 bis 60 Euro Pfandgeld kommen dabei täglich zusammen. Zehn bis zwölf Stunden ist er dafür meist unterwegs. "Ich brauche täglich ungefähr sechs Euro. Mit dem Rest zahle ich meine Schulden zurück", sagt der 46-Jährige. Von 8500 Euro habe er bereits ein Drittel abbezahlt. In gerade einmal sechs Wochen. "Jeder, dem ich etwas schulde, bekommt das auf den Cent wieder", verspricht er.

Längst ist das Mini-Mobil eine Touristenattraktion: Ständig bleiben Menschen stehen, fotografieren den gut gelaunten Mann vor seinem Gefährt. "Der ist mir gestern in der Waschanlage eingelaufen", ruft Maik Stolze ihnen zu. Diejenigen, die sich die Mühe machen, die Tafel an der Außenwand durchzulesen, erfahren die ernsten Hintergründe zu Stolzes Schicksals. "Ich finde das bewundernswert, dass Sie so leben", sagt eine Frau, die vorbei geht. Ihre Begleiterin nickt und wirft eine Euro-Münze in Stolzes Spendenbox.

"Ich will mein eigenes Geld verdienen, da habe ich meinen Stolz"

In seinem Mini-Mobil, das sogar alarmgesichert ist, hat Maik Stolze alles, was er braucht: eine kleine Elektroheizung und sogar einen Laptop. Strom liefert eine Solaranlage auf dem Dach, Aufbewahrungskisten mit Geschirr, Werkzeug und allerlei Hab und Gut sind unter der Decke und am Unterboden befestigt. Jeder Zentimeter ist perfekt genutzt. Seine Wertsachen trägt er in einem Rucksack bei sich, wenn er unterwegs ist. Er duscht bei Freunden oder in der Obdachloseneinrichtung "Oase".

Von Ämtern wendet der Camper sich bewusst ab: "Ich will mein eigenes Geld verdienen, da habe ich meinen Stolz." Nun hofft er, dass sich ein Investor findet, der seinen "Homer S 2015" in Serie baut. "Vielleicht habe ich dann auch wieder ein ganz normales Leben in einer Wohnung. Bis dahin mache ich das Beste aus meiner Lebenssituation." Doch es ist ihm wichtig zu betonen: "Ich bin kein Obdachloser. Schließlich habe ich ein Eigenheim."

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