Kölner Domradio Keine Sendung aus Wolkenkuckucksheim

BONN/KÖLN · Das Kölner Domradio sendet seit 14 Jahren und stellt sich trotz kleinem Budget der Herausforderung "Qualität".

 Der Name ist Programm: Vis-à-vis dem Kölner Dom ist der Sitz des Domradios.

Der Name ist Programm: Vis-à-vis dem Kölner Dom ist der Sitz des Domradios.

Foto: DOMRADIO

Das Domradio in Köln macht vor, wie ein Jahresbudget von drei Millionen Euro mit Hörerzuwachs bei einer geringen Reichweite und 6000 bis 7000 Besuchern täglich auf der Internetseite zusammenpassen. Ohne Quotendruck, aber mit Mini-Etat scheint's zu klappen.

Denn drei Millionen Euro sind eine Summe, mit der der WDR alleine für die Entwicklung von neuen, möglichst crossmedialen Formatideen plant. Das hat Intendant Tom Buhrow kürzlich in einem Interview mit der Seite medienpolitik.net verkündet. Das Geld dafür stammt aus den Rundfunkbeiträgen. Zusätzliche Mittel akquiriert der WDR aus Werbeerträgen.

Keine Rundfunkbeiträge oder Werbeeinnahmen

Das Domradio kann, anders als der Nachbar auf der anderen Straßenseite, weder aus Rundfunkbeiträgen noch aus Werbeeinnahmen schöpfen. Der Sender ist in Trägerschaft des Bildungswerks der Erzdiözese Köln und sendet - anders als die sechs Stationen des WDR - auf einer Frequenz, der 101,7 UKW. Außerhalb von Köln ist im Radio nur Rauschen auf dem Sendeplatz zu hören.

"Ich gebe jeden Euro so aus, als hätte ich ihn selbst in den Klingelbeutel getan", kommentiert Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen das knappe Budget. Der 52-Jährige ist seit der ersten Sendung am 11. Juni 2000, natürlich passend zu einem Kirchenfest - Pfingsten -, dabei.

Zu seinem Team gehören sieben Redakteure, vier Volontäre und etwa 25 freie Mitarbeiter. Auch wegen der geringen Senderreichweite setzt Brüggenjürgen auf das Internet als zusätzlichen Kanal.

"Wir sind ein Multimediasender", beschreibt er das Konzept. Deshalb offiziell auch die Selbstbezeichnung Domradio.de - mit Domain-Kürzel. "Wir können den Konsumenten nicht vorschreiben, wie man etwas nutzt." Deshalb bieten die Redakteure zusätzlich zum Hörprogramm im Internet Podcasts, Livestream, Videonachrichten, Newsticker, Spiele und Apps fürs Smartphone an.

"Ruhige, harmonische Popmusik"

Doch trotz des umfangreichen Onlineangebots sendet das Domradio auf seiner Frequenz ein 24-Stunden-Vollprogramm mit einem Wortanteil, der knapp über 50 Prozent liegt, unterbrochen von "ruhiger, harmonischer Popmusik", wie Brüggenjürgen das Musikangebot erklärt. Dazu gehört Blondies "Maria", "Lass mich nie wieder los" von den Sportfreunden Stiller oder auch "Old habits die hard" von Mick Jagger.

Aber der Sender verstehe sich nicht als "Musikspielstation". Der Durchschnittshörer sei zwischen 30 und 60 Jahre alt. Leute, die im Glauben gestärkt werden müssten, kölsche Katholiken oder eben jene, "die guten Willens sind".

Kurz: Nach dieser Definition so ziemlich jeder. Tatsächlich berücksichtigt das Team sehr weltliche Themen, wie etwa den Mauerfall vor 25 Jahren, den Erfolg der AfD bei der Sachsenwahl. Oder die Waffenlieferung Deutschlands an die Kurden im Irak und Doping im Sport sowie das Referendum über die Unabhängigkeit Schottlands. Aber natürlich immer mit dem besonderen christlichen Dreh.

"Das ist nicht immer die Stimme des Papstes", sagt Brüggenjürgen. "Aber im Sinne der christlichen Botschaft." Denn auch vor Themen wie dem Missbrauchsskandal, Kirchenaustritten und dem Protzbischof von Limburg, Franz-Peter Tebartz-van Elst, schrecken die Redakteure nicht zurück. "Wir haben deswegen nicht weniger User, sondern aufgrund der authentischen Berichterstattung eher mehr.

Berichterstattung fast ohne feste Korrespondenten

Wir leben ja nicht im Wolkenkuckucksheim", kommentiert dann Brüggenjürgen seine eigenen Sätze. "Ich glaube, wir decken fast alle Themen ab." Selbst über den Christopher Street Day wurde berichtet. Bei Ereignissen im Ausland setzt das Domradio auf sein Netzwerk, etwa auf andere kirchliche Einrichtungen wie die Caritas. "Die Kirche ist ein internationaler Laden. Christen leben und kommunizieren überall", weiß Brüggenjürgen.

"Wir fragen dann immer nach, ob in dem entsprechenden Gebiet eine deutschsprachige Organisation unterwegs ist." So komme die Berichterstattung ohne feste Korrespondenten aus. Weitere feste Elemente im Programm sind Liveübertragungen aus dem Dom, Laudes und Komplet am Morgen und am Abend sowie zu jeder vollen Stunde kurze biblische und literarische Texte.

Unterm Strich sind das die Bestandteile, die das Domradio von anderen Sendern unterscheiden. "Wenn das mal nicht funktioniert, dann kommt Protest", sagt Brüggenjürgen. Der Erfolg habe eben auch mit Identifikation zu tun. Denn gerade jene Menschen, die aufgrund ihrer Gebrechlichkeit nicht mehr jeden Sonntag in die Kirche gehen könnten, nutzen die Gottesdienstübertragungen - im Radio und im Internet.

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