Oppenheim-Verfahren auf der Zielgeraden In kleinen Schritten zum Urteil

KÖLN · Der Untreueprozess gegen die Ex-Führung von Sal. Oppenheim und den Immobilienentwickler Josef Esch ist auf der Zielgeraden. Sabine Grobecker, die Vorsitzende Richterin der 16. Großen Strafkammer, hat vor Ostern deutlich gemacht, dass die Kammer ihr Programm abgearbeitet hat und die Verteidiger aufgefordert, etwaige Beweisanträge möglichst bald zu stellen.

 Die Vorsitzende Richterin im Kölner Oppenheim-Prozess Sabine Grobecker gilt als sehr gründlich.

Die Vorsitzende Richterin im Kölner Oppenheim-Prozess Sabine Grobecker gilt als sehr gründlich.

Foto: dpa

Demnächst dürften also in Saal 210 des Kölner Landgerichts an der Luxemburger Straße die Plädoyers gehalten werden. Dabei hatte der Prozess nach eher gemächlichem Beginn zuletzt deutlich an Fahrt zugenommen.

Vor gut zwei Wochen hat die Kammer das Verfahren gegen Josef Esch bezüglich eines Immobiliengeschäftes in der Bockenheimer Landstraße in Frankfurt gegen eine Geldauflage eingestellt. Insgesamt muss Esch sechs Millionen Euro zahlen. Esch muss sich jetzt noch wegen möglichen Verstößen gegen das Kreditwesengesetz verantworten, wobei ihm allenfalls eine Geldstrafe droht.

In zwei Jahren drehte die Strafkammer jeden Stein um

Geständnisse haben Matthias Graf von Krockow und Christopher Freiherr von Oppenheim abgelegt. Und sie hatten schwere Stunden, als sie sich den Fragen des Gerichts gestellt haben. Grobecker und die Beisitzer waren exzellent vorbereitet. Immer wieder hielten sie den Angeklagten Dokumente, frühere Einlassungen oder die Aussagen von Zeugen vor und zeigten Widersprüche auf.

Die Angeklagten hätten gewarnt sein müssen. Die 52-Jährige Grobecker gilt als sehr gründlich. Auch für ihr erstes großes Wirtschaftsstrafverfahren war sie gut gewappnet. Sie hat etwa 1992 eine Doktorarbeit zum Thema "Betriebsaufspaltung und Konkurs" vorgelegt. Außerdem ist sie langjähriges Aufsichtsratsmitglied eines Ratinger Mobilfunk- und Medizintechnikdienstleisters.

Die Kammer hat in dem zweijährigen Prozess jeden Stein umgedreht. Aufsichtsräte, Entscheidungsträger oder Abteilungsleiter mussten in den Zeugenstand. Manche von ihnen mehrfach, weil Grobecker sich streng an ihren Arbeitsplan hielt und Tatkomplex nach Tatkomplex abarbeitete.

Wenn ein Zeuge einen weiteren möglichen Auskunftsgeber nannte, wurde auch der in den Zeugenstand gebeten. Und wenn Entscheidungsträger nichts Erhellendes beizutragen hatten, lud Grobecker auch Sekretärinnen. Die Kammer ging kleinschrittig vor. Das war nicht immer spannend, und so leerte sich Zuschauerraum. Neben Anwälten, die Material für Schadenersatzprozesse gegen die Bank und die Banker sammeln, schaut nur noch eine Handvoll Zuschauer vorbei.

Nie ließ sich Grobecker aus der Ruhe bringen. Nicht vom Blitzlichtgewitter zu Prozessbeginn im Februar 2013 und auch nicht von einer Besetzungsrüge, die die Zuständigkeit des Gerichts und die Auswahl von Richtern und Schöffen in Frage stellte und zu einem Neustart des Prozesses im Sommer führte.

Sie ließ auch den Angeklagten und deren Verteidigern, und die zählen immerhin zu den besten Strafverteidigern Deutschlands, Freiraum für umfangreiche Erklärungen, die manchmal Stunden, manchmal auch Tage beanspruchten. "Kommunikative Verhandlungsführung" nannte sie das. Ernste Konfrontationen gab es nicht, Grobecker leitete das Verfahren jederzeit souverän.

So entstand aus Mosaiksteinchen ein Bild, und es wurde nach mehr als 110 Verhandlungstagen deutlich, unter welchen Umständen die Bank Immobilien in Frankfurt von einer Grundstücksgesellschaft ankaufte, an der Krockow, Oppenheim und weitere Bankeigentümer beteiligt waren.

Auch der laut Staatsanwaltschaft "Strohmännerkredit" über die ADG an Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz, für den Bankeigner bürgten, wurde erhellt. Und es zeigte sich auch, unter welchen Umständen Sal. Oppenheim Arcandor einen Kredit gewährte und sich auch noch über eine Kapitalerhöhung an dem taumelnden Handelskonzern beteiligte.

Verhandlung wird am Mittwoch fortgesetzt

Durch diese Transaktionen und weitere zwei Immobiliengeschäfte, die nicht mehr verhandelt werden, sollen die Ex-Banker Krockow, Oppenheim, Friedrich Carl Janssen und Dieter Pfundt die Bank um Millionen geschädigt haben. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen schwere Untreue und Beihilfe dazu vor.

Und die Kammer hält die Ex-Banker für schuldig, wie sie Ende Januar nach Gesprächen mit den Prozessbeteiligten über eine mögliche Abkürzung des Verfahrens sagte. Das Gericht hat Krockow eine Strafe zwischen zwei und drei Jahren in Aussicht gestellt. Oppenheim muss mit 22 bis 34 Monaten rechnen, Pfundt mit 20 bis 32 Monaten.

Strafen bis zu zwei Jahren können zur Bewährung ausgesetzt werden. Das erklärt wohl die Eile, mit der Oppenheim und Krockow zuletzt Fehler einräumten. Das wollen Pfundt und Janssen nicht. Beweisanträge sind so wohl am ehesten noch von ihnen zu erwarten, wenn der Prozess am Mittwoch fortgesetzt wird.

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