Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt Ganz nah dran am Abenteuer Forschung

KÖLN · Man muss einen Plan haben. Am besten zwei, denn für Kinder gibt es ein Faltblatt extra. Alle zwei Jahre öffnet das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln-Porz seine sonst gut gesicherten Türen. Und an fast jedem Punkt, der auf dem Plan verzeichnet ist, bleibt die Botschaft die gleiche: Raumfahrt ist keine Orchideen-Wissenschaft, sie hilft uns Erdlingen.

 Fast wie im Weltall: Ein Vater besichtigt in Köln auf dem Gelände des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt zusammen mit seinem Kind ein Übungsshuttle.

Fast wie im Weltall: Ein Vater besichtigt in Köln auf dem Gelände des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt zusammen mit seinem Kind ein Übungsshuttle.

Foto: dpa

Besonders deutlich wird die Kernaussage in "Envihab", der neuen DLR-Großforschungsanlage, die im Sommer eröffnet wurde und an diesem Sonntag zum ersten Mal fürs große Publikum zugänglich ist. Hier geht es zum Beispiel darum, wie sich ein Flug zum Mars auf den Körper eines Menschen auswirkt. Aber eben auch um die Folgen langer Bettlägerigkeit - für die Knochen, die Muskulatur und nicht zuletzt die Psyche.

Eine DLR-Mitarbeiterin erklärt den Gästen: "Im nächsten Projekt verordnen wir 60 Tage Bettruhe. Die Probanden dürfen niemals aufstehen, nicht einmal die Beine anziehen." 1440 Stunden lang die Beine ausstrecken, für die Hygiene gibt es Duschliegen, in die die Testpersonen umgebettet werden. Und das alles nicht einmal in der Horizontalen, sondern noch um sechs Grad zur Kopfseite geneigt.

Ähnlich prickelnd wirkt die Vorstellung, sich auf der Humanzentrifuge anschnallen zu lassen. In dem Trockenschleudergang wollen die Forscher präziser als bisher die Auswirkungen erhöhter Schwerkraft untersuchen. Und auch da gilt: Was dem Astronauten beim Raketenstart hilft, soll auch Patienten nützen, die an Osteoporose, Muskelschwund oder Herz-Kreislauf-Problemen leiden. "Das irdische Schwesterlabor" zur Raumstation ISS nennen die Wissenschaftler ihr neues Forschungszentrum.

Lange Menschenschlangen gibt es auch vor den Flugzeugen, die teilweise von innen zu besichtigen waren - unter anderem der Parabelflieger des DLR, dessen steile Flugkurven etwa 22 Sekunden lange Phasen der Schwerelosigkeit ermöglichen. Das sind Momente der totalen Stille und mithin das genaue Gegenteil zu den Versuchen in den diversen Windkanälen am Boden. Tausende Ohrstöpsel werden an diesem Tag verteilt, damit die Besucher die Vorführung unbeschadet überstehen.

Der Beschallung entkommt man indes auf dem 55 Hektar großen Gelände nicht. Lautsprecher sind an diesem Tag so verteilt, dass man lückenlos die Botschaft mitbekommt: "Wir brauchen Weltraumforschung!" Das wird Alexander Gerst unterstreichen. Der 37-jährige Deutsche wird im Mai 2014 als Astronaut zur Internationalen Raumstation ISS aufbrechen und dann für 150 Versuche sechs Monate dort verbringen. "Für mich war das immer ein Kindheitstraum", sagte der promovierte Geophysiker.

Deutlich irdischer mutet der Versuch an, einen 16 Tonnen schweren Lkw eine Stunde lang an einen Kran zu hängen. Befestigt nur mit einer Klebefläche, die so groß ist wie eine EC-Karte. Das Experiment mit dem im DLR entwickelten Klebstoff gelingt souverän. Vieles anderes bleibt an diesem Tag angesichts der Informationsfülle ungesehen. Die Solarforschung etwa, und die neuartigen Flugzeugtriebwerke streift nur ein Seitenblick. Vielen der gut 30.000 Besucher, die das DLR meldet, wird es nicht anders ergangen sein.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort