Sommer am Rhein Entspannen, Feiern und Grillen

KÖLN · Im Sommer zieht es die Kölner ins Grüne. Ob entspannen am Rhein, feiern an den Wiesen oder grillen am Aachener Weiher - die Möglichkeiten sind vielfältig. Unsere Autorin hat die schönsten Liegewiesen der Domstadt getestet.

Das Ende eines heißen Tages in Köln kann sehr kühl sein. Gegen 19.30 Uhr weht in der Flora ein leichtes Lüftchen. Die Bänke jenseits der Palmenallee, die den Nachmittag über dicht an dicht besetzt waren, sind verwaist. Nur hier und da findet sich noch ein Pärchen, das die Zeit vergessen hat. Rasensprenger versprühen einen erfrischenden Nebel und sorgen dafür, dass das Gras morgen wieder genauso grün ist wie heute. Auch die Terrasse des Gartenlokals "Dank Augusta" hat sich geleert. Im Flora-Weiher träumen Neptun und Delfin von schaumbekrönten Wellen. Nur rund um die blumengesäumte Fontäne vor dem prachtvollen Festhaus, das letzten Sommer wieder eröffnet wurde, ist noch etwas los. Es ist ein beliebtes Fotomotiv.

Im Blücherpark hingegen - die Ehrenfelder, die aus Nippes und aus dem Bilderstöckchen können sich nie einigen, zu wem er jetzt eigentlich gehört - sitzt noch eine Familie beim Tavli-Brettspiel, perfekt ausgestattet mit Tisch und Stühlen. Kleine Jungs, die einmal große Kicker werden wollen, jagen dem Ball hinterher, am Kahnweiher-Kiosk stehen die Leute noch immer für Cola, Kölsch und Cappuccino an.

Unter den alten Linden haben Nadia Dimassis Freunde eine opulente Tafel mitten im Grünen aufgebaut: Auf weißen Tischtüchern türmen sich süße und herzhafte Leckereien. "Heute morgen sah das noch viel toller aus", lobt die Ehrenfelderin, die hier ihren 40. Geburtstag feiert, "ich wollte keine Geschenke - stattdessen sollte jeder etwas mitbringen." Bei über 30 kulinarisch fantasievollen Gratulanten hat das prima funktioniert: "Nur der Sekt wird langsam etwas knapp." Ist aber nach acht Stunden Feiern nachvollziehbar.

Während der Biergarten im vorderen Teil brummt, garantiert der hintere Teil des Stadtgartens Ruhe und Erholung. Auch hier, im Karree zwischen Westbahnhof, Venloer-, Gillbach- und Spichernstraße, gibt es viele Laubriesen, unter denen es sich auf den sanft hügeligen Liegewiesen gut entspannen lässt. Hier haben es sich Dorothee (36), Jochen (34), Joana (acht Monate), Josephine (3), Johannes (34), Tina (25) und Leni (3) gemütlich gemacht. "Wir wohnen im Belgischen Viertel, das ist nah bei", erklärt Jochen, "und es ist schön hier. Sonst würden wir vielleicht in den Grüngürtel gehen, aber hier gibt es mehr Bäume und mehr Schatten." Das weiß auch der Wochenendbesuch aus Ludwigsburg zu schätzen: Der Kölner Jochen und der gleichaltrige Johannes sind Cousins. "Wir sind zum ersten Mal hier", sagt Johannes. Aber, so wie es aussieht, nicht zum letzten Mal.

Wer's laut und angesagt mag, kommt am Aachener Weiher nicht vorbei. Schon von Weitem hört man das dumpfe Wummern der Bässe. Auf dem Kulturdeck ist eine Elektroparty in vollem Gange. Das Ostasiatische Museum nebenan nimmt's mit Würde und fernöstlicher Gelassenheit. Rund um den Weiher sieht man vor lauter Decken kaum noch Wiese. Sonnenanbeter, die jenseits der 30 sind, müsste man hingegen mit der Lupe suchen. Und würde trotzdem kaum fündig. Leonie, Marieke und Marleen sind alle drei 24 - und damit genau am richtigen Ort. Die Freundinnen aus dem grenznahen Enschede (Niederlande) kennen sich schon seit Schultagen. Marleen hat in Köln BWL studiert und nun ihren ersten Job in der hippen Domstadt. Für Leonie und Marieke perfekt: "Wir brauchen nur zwei Stunden bis hierhin." Das Sahnehäubchen: "Marleen wohnt direkt gegenüber."

Chillen und grillen. So könnte man auf eine griffige Formel bringen, was im Volksgarten in der Südstadt abgeht. Die dichten Rauchschwaden, die über den Baumwipfeln aufsteigen, künden davon, dass hier, in der Grünanlage unweit des Sachsenrings, das Dorado der Barbecue-Fans liegt. Aber der Kölsche an sich ist ja tolerant: So werden hier auch die Slackliner geduldet, die auf zwischen zwei Stämmen gespannten Seilen den Balanceakt proben, die Beach-Volleyballspieler ohne Strand oder die Hyperaktiven, die einer sirrenden Plastikscheibe hinterher hechten. Mitten drin spielen die beiden Freundinnen Carla und Magdalena aus Sülz eine Runde Karten, und drei junge Franzosen aus Nancy haben es sich neben ihren Fahrrädern gemütlich gemacht. Sie lassen sich den Oberkörper von der Sonne bräunen und sind, bei Musik und mit Kaltgetränken, ganz entspannt im Hier und Jetzt. Antoine (24), Charlie (22) und Guémaël (23) machen in Köln ihren Master in Wirtschaftsenglisch. Aber die Zeit, jedes Wochenende in den Volksgarten zu gehen und dort zu entspannen, die muss einfach sein.

Regelrecht verwunschen wirkt dagegen der Friedenspark am Agrippinaufer, in dessen Mitte das ehemalige Fort I der preußischen Befestigungsanlagen liegt. Zwischen überwucherten Ruinen, lauschigen Laubengängen und verwinkelten Wegen hat Medizinstudentin Simone (20) ein stilles Plätzchen gefunden, um für ihre nächste Prüfung zu pauken. Andere spielen hier Boccia, machen Picknick oder nutzen den sonnigen Tag, um ein Familientreffen zu veranstalten. So wie die Verwandten aus Köln, Stuttgart und dem Vorgebirge, die im hinteren Teil des Parks ihr Lager aufgeschlagen haben und sich anschicken, einen Grillkäse zu verspachteln. Zum Nachtisch gibt's Kuchen. Dass den ein nackter Kinderfußabdruck ziert, macht ihn keinesfalls ungenießbar.

Am Decksteiner Weiher ist es heute überraschend ruhig. Nur vereinzelt trifft man an der Brücke am Äußeren Grüngürtel auf Bräunungsaktivisten. Dabei ist es unglaublich idyllisch hier. Das Wasser liegt wie ein riesiger Spiegel in der Sonne, gerahmt von Uferwiesen, von Schilfrispen, Kastanien und Platanen. Der Blick von der Brücke ist atemberaubend.

Fast wie am Meer kann man sich an der "kölschen Riviera" fühlen. Das Rheinufer in Rodenkirchen verfügt über feinsten weißen Sand. Mit ihren Töchtern Maike (27) und Julia (23) kommt Gaby (54) schon seit Jahren her: "Seitdem die Amy geboren ist." Amy ist inzwischen 13, eine Jack-Russell-Terrier-Hündin - und natürlich wieder mit von der Partie. Fünfter im Bunde ist Pietro (30). "Der Sand, das saubere Wasser, die Menschen, die Schiffe", zählt Gaby die Vorzüge des Strandurlaubs mitten in der Großstadt auf. Früher hatte es die Hotelfachfrau viel näher. Inzwischen wohnt sie in München, ist nur zu Besuch in Köln bei den Kindern: "Aber ich komme hier trotzdem immer wieder hin." Auch zum Schwimmen. Aber das bleibt heute allein Amy überlassen. Die Erklärung: "Wir haben uns hier spontan nach dem Einkaufen versammelt - und alle kein Badezeug dabei."

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