Kardinal Woelki Ein Leverkusen-Schal für den kölschen Jung
KÖLN · Rainer Maria Kardinal Woelki wird in sein Amt als Erzbischof von Köln eingeführt. Sein Vorgänger Joachim Meisner ist zu Tränen gerührt.
Es ist erst ein paar Tage her, dass der WDR in Berlin ein Gespräch mit dem künftigen Kölner Erzbischof aufzeichnete. Rainer Maria Kardinal Woelki skizzierte darin seine vorrangigen Aufgaben und sagte, in der Tradition der Kirche sei der Bischof immer auch "als der Vater der Armen" bezeichnet worden.
Gerade im Blick auf ganz konkrete soziale Probleme im Erzbistum "müssen wir bei den Menschen sein", fügte er im Interview hinzu. Als wollte er vor seiner Einführung schon ein erstes Zeichen setzen, beginnt er den Samstagmorgen mit einem Frühstück bei Obdachlosen, geht dann zu Fuß zum Dom, dabei immer wieder Hände schüttelnd.
Schon kurz vor 8 Uhr haben sich die ersten Gläubigen vor den Domtüren versammelt, bis zur Öffnung eine Stunde später bilden sich lange Schlangen. Nach Schätzungen eines Bistumssprechers sind letztlich knapp 4000 Menschen in der Kirche, mehrere hundert weitere beim Public Viewing auf dem Roncalliplatz, als das feierliche Pontifikalamt unter dichten Weihrauchschwaden um 10.30 Uhr im Dom beginnt.
Dutzende Messdiener und Priester begleiten Woelkis Einzug. Bevor er an den Altar tritt, bleibt er kurz stehen, spricht ein stilles Gebet und nimmt erst dann die letzten Stufen. Der Aachener Bischof Heinrich Mussinghoff als dienstältester Oberhirte eines der Kölner Kirchenprovinz zugeordneten Bistümer geleitet Woelki zur Kathedra, also zum Bischofsstuhl. Feierliche Augenblicke für den 58-Jährigen, der in der Reihe der 94 Nachfolger des heiligen Maternus der einzige gebürtige Kölner ist.
"Wir heißen Dich hier in Köln, in Deiner Heimat, ganz herzlich willkommen", ruft der bisherige Diözesanadministrator Stefan Heße unter dem Beifall der Gläubigen in den Dom hinaus. Der Päpstliche Nuntius Nikola Eterovic spricht davon, dass er sicher sei, der bisherige Berliner Erzbischof Woelki werde auch als Kölner sein früheres Amt nicht vergessen und die Kirche dort geistlich und materiell unterstützen. Ein Lächeln huscht durch Woelkis Gesicht, hatte er doch angekündigt, auch weiter überall in Deutschland um Hilfe für den Umbau der Hedwigs-Kathedrale zu bitten. Das sei schließlich eine nationale Aufgabe.
Wünsche an den Erzbischof Langanhaltender Beifall schließlich, als Dompropst Norbert Feldhoff die Ernennungsurkunde des Papstes verliest, mit der Woelki dann auch offiziell Erzbischof ist. "Du, unser verehrter Bruder schienst uns vollkommen geeignet, diese Herde des Herren zu übernehmen und kraftvoll zu leiten", heißt es in Franziskus Botschaft.
Der bisherige Kölner Erzbischof Joachim Kardinal Meisner überreicht einen Teil des Petrus-stabs, den der Apostel getragen haben soll und der vor rund 1050 Jahren nach Köln kam. Meisner ist zu Tränen gerührt, klopft Woelki dreimal auf die Brust und umarmt ihn innig, seinen ehemaligen Geheimsekretär, also engsten Mitarbeiter. Heißt das etwa, dass Woelki nach Köln zurückgekommen ist, weil Meisner doch noch seinen Einfluss geltend gemacht hat?
Der emeritierte Erzbischof soll es immer noch gut können mit Marc Ouellet, dem Chef der vatikanischen Behörde, die für Bischofserhebungen zuständig ist, und der letztlich dem Papst die Liste vorgelegt hat, aus der das Domkapitel den Erzbischof wählen konnte. In seiner Predigt dankt Woelki Meisner ausführlich, stellt sich aber vor allem in die Tradition von Josef Kardinal Frings, dessen Bischofsstab er nun trägt, jenen sozial engagierten Oberhirten aus den 40er bis 60er Jahren, der im Kölner Erzbistum immer noch wie ein Heiliger verehrt wird.
Während in normalen Gottesdiensten lediglich Wein und Wasser zum Altar gebracht werden, erhält der Erzbischof an diesem Tag symbolisch spezielle Gaben aus fast allen Teilen der Diözese. Kräftig gelacht wird, als die Düsseldorfer eine CD der Toten Hosen mit dem Song "An Tagen wie diesen" und die Leverkusener einen Fanschal von Bayer 04 sowie eine Großpackung Aspirin überreichen.
Viel Beifall gibt es, als die Kölner dem bekennenden FC-Fan Woelki einen Geißbock und ein Fässchen Kölsch mitbringen, "um auf die Erfolge des FC anzustoßen". Aus Bonn erhält er ein in der Kita Sankt Nikolaus gebasteltes Schiffchen mit Karten für eine Dampferfahrt und Haribos. Als einzige Region des Erzbistums ist der Rhein-Sieg-Kreis nicht mit Gaben vertreten.
Neben Woelki versammeln sich Meisner, Eterovic, der Münchner Kardinal Reinhard Marx, dessen Vorgänger Friedrich Wetter und der Präfekt der päpstlichen Glaubenskongregation, Gerhard Ludwig Müller, am Altar. Eigentlich sollte auch der Mainzer Kardinal Karl Lehmann die Eucharistie mitfeiern.
Er ist aber nicht da. Wollte er, der Weggefährte von Kardinal Walter Kasper, nicht gemeinsam mit Müller am Altar stehen?, wird schnell spekuliert. Kasper und Müller streiten gerade öffentlich um die Frage, ob wiederverheiratete Geschiedene das Recht erhalten sollen, die Kommunion zu empfangen. Doch eine Sprecherin des Erzbistums sagt, Lehmann hätte kurzfristig bei einer anderen Feier einspringen müssen.
Und dann gibt es noch eine Welturaufführung: Die vier Domchöre mit rund 300 Sängern bringen zunächst abwechselnd und dann gemeinsam mit Orgel und Bläsern die grandiose Komposition "Nos sumus testes" (Wir sind Zeugen), also den Wahlspruch Woelkis zu Gehör. In seinem Schlusswort fordert der neue Erzbischof die Christen auf, sich gegenseitig zu stützen. "Dann können wir auch für die Gesellschaft wichtig sein", fügt er noch hinzu.
Vor den Domportalen haben sich derweil Hunderte versammelt, die dem neuen Erzbischof gratulieren wollen. Die Diözese hat Würstchen, Suppe, Berliner, Brezel und Kölsch spendiert. Jeder soll mitfeiern, ist an diesem Tag die Devise. Auf der Bühne spielt die KVB-Band "Du bess Kölle", Woelki, der kölsche Jung, singt natürlich mit. Manch einem stehen Tränen in den Augen bei so vielen rheinischen Akzenten, die viele jahrzehntelang vermisst haben. Eine Besucherin aus Aachen sagt ganz nüchtern: "Einen solchen Einstand hätte sein Vorgänger doch niemals gegeben."
Marx über Meisner
Der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, der Münchner Erzbischof Reinhard Kardinal Marx, hat den neuen Kölner Oberhirten Rainer Maria Kardinal Woelki in einem Grußwort dazu aufgefordert, wie in Berlin Brücken zwischen den Menschen zu bauen und über Grenzen zu gehen.
Dem früheren Kölner Erzbischof Joachim Kardinal Meisner gab Marx mit auf den Weg: "Langweilig war es mir dir nie. Du hast uns angeregt und manchmal aufgeregt, aber dich immer kraftvoll eingemischt."