Beeindruckendes Spektakel trotz Panne Ein Fest für 600.000 Funken-Fans

KÖLN · "Gehen se mal durch. Andere wollen auch noch rein!" Schon in der Bahn Richtung Kölner Hauptbahnhof perlt der Schweiß. Aber irgendwo müssen sie ja herkommen, die rund 600 000 Menschen, die sich am Samstagabend die Kölner Lichter anschauen wollen.

 Großes Kino am Nachthimmel: Die "Kölner Lichter" erfüllten auch in diesem Jahr wieder die Erwartungen der Feuerwerk-Fans mit atemberaubenden Lichtbildern über dem Rhein.

Großes Kino am Nachthimmel: Die "Kölner Lichter" erfüllten auch in diesem Jahr wieder die Erwartungen der Feuerwerk-Fans mit atemberaubenden Lichtbildern über dem Rhein.

Foto: Beli Barsarkis

Um 20 Uhr herrscht auf den Gleisen Richtung Innenstadt bei hochsommerlichen Temperaturen Hochbetrieb wie sonst nur in der Rush Hour am letzten Wochenende vor Weihnachten. Minütlich spuckt der Hauptbahnhof Hunderte Menschen aus, die Richtung Dom und Rhein streben.

Und alle sind sie gekommen: das entspannte Rentner-Pärchen, die immer etwas zu cool dreinblickenden Jugendlichen, die Hipster, die verliebten Paare und vor allem: die Junggesellenabschiedscliquen, die noch nicht mitbekommen haben, dass von dem Gaucho-Lied mittlerweile jeder nur noch eines ist: genervt. In den Menschenmassen ist auch Meike Funke. Die Kölnerin ist zum ersten Mal bei den Kölner Lichtern und erwartet einen Abend "mit schönem Feuerwerk und Bier in der Hand". Aber erst einmal staunt die 27-Jährige: "Was hier für geile Leute sind!"

Momentan ist die große Zeit der Massenveranstaltungen. Eine halbe Million Menschen schauten auf zur deutschen Nationalmannschaft, die sich am Brandenburger Tor für den WM-Titel feiern ließ. Nun kommen noch mehr Menschen nach Köln, um noch höher aufzuschauen und das Feuerwerkspektakel der Kölner Lichter zu erleben.

Während auf den Fanmeilen der Republik grölige Schland-Besoffenheit herrschte, wirken die Kölner Lichter allerdings dezent und atmosphärisch. Zumindest zu vorgerückter Stunde. Denn zunächst dominiert auf der Rheinpromenade am Fuße des Musical Domes eher Rummel-Feeling: "Ti amo" dröhnt aus den Boxen, Bier- und Wurst-Stände machen ein gutes Geschäft. Nur die besagten Junggesellenabschiede sorgen dafür, dass bei manch einem die Volksfeststimmung vorübergehend in Wut kippt.

Erst recht, wenn dann auch noch die Schlangen vor den Dixie-Toiletten länger und länger werden. Die Erkenntnis des Abends in diesem Zusammenhang: Nirgendwo passt Helene Fischers Hit "Atemlos" besser, als im Inneren dieses Plastik-Örtchens.

Die perfekte Sicht und genügend Frischluftzufuhr hat hingegen Karina Windus, die mit ihrem Freund aus Wuppertal gekommen ist. Schon um 15 Uhr haben sie sich einen Platz direkt am Rheinufer reserviert - und viel Sitzfleisch haben müssen. "Das war aber kein Problem. Wir haben uns den Wind um die Nase wehen lassen und nette Menschen kennengelernt."

Um 22.30 wird dann für alle Zuschauer der gemütliche Teil des Abends eingeläutet: Unzählige festlich beleuchtete Schiffe fahren den Rhein hinauf, ein Meer aus Wunderkerzen auf beiden Uferseiten, die beleuchteten Brücken, erste kleinere Feuerwerke - das alles ist sehr festlich. Und damit das auch jeder kapiert, wird das Schauspiel musikalisch mit pathetischer Hollywood-Klassik verstärkt.

Das Feuerwerk, das pünktlich um 23.30 startet, entschädigt dann voll und ganz für die eine oder andere Unannehmlichkeit. Musik und das beeindruckende Spektakel am Himmel sind perfekt koordiniert. Da macht auch die kleine Panne nichts, als sich mitten in der Vorstellung rund zwei Minuten gar nichts tut.

Absolutes Highlight: das große Finale zu "We are the Champions". Da durfte sich jeder noch einmal als Weltmeister fühlen. Ohne nervigen Gaucho-Klamauk. Die Choreographie davor pendelt musikalisch zwischen Party und Romantik. Viele Menschen schwanken zwischen zarten Tanzbewegungen und ergriffenen Blicken gen Himmel.

"Das hat meine Erwartungen vollends übertroffen", sagt Meike Funke später verschwitzt in der überfüllten Bahn. "Absolut bezaubernd. Ich habe sogar ein paar Tränchen verdrückt."

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