Parabelflugzeug Airbus A300 Zero G Der letzte Flug geht nach Köln

KÖLN · Der Airbus A300 Zero G hat als Parabelflugzeug unzählige Experimente in der Schwerelosigkeit ermöglicht. Sogar Alexander Gerst, der in den kommenden Tagen die Internationale Raumstation ISS wieder verlassen wird, absolvierte im A300 sein Astronautentraining.

Die letzte Mission der Maschine ging gestern zum Flughafen Köln/Bonn. Dort wird das zweistrahlige Großraumflugzeug ausrangiert und bald als Museumsstück zu besichtigen sein.

"Hier ist seine zweite Heimat, denn nur in Bordeaux startete die Maschine öfter", sagte der ehemalige Astronaut Jean-Francois Clervoy, der als Präsident des französischen Unternehmens Novespace den letzten Flug begleitete. An Bord war auch Ulrike Friedrich vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), die für die Organisation die Parabelflüge koordiniert. Sie selbst machte Hunderte der insgesamt 13 180 Parabeln des Zero G, was für "Zero Gravity" steht und übersetzt "Null Schwerkraft" bedeutet, mit.

"Körperlich ist das sehr anstrengend, deshalb ist bei 31 Parabeln pro Tag für die Wissenschaftler Schluss", erzählte sie, als sie einen letzten Rundgang durch das Flugzeug machte. Dem Material würden die stetigen Höhen und Tiefen nichts ausmachen, nach etwa vier Stunden Flug aber hätte der Mensch mit Müdigkeit zu kämpfen.

"Und das sorgt für Fehler bei den Experimenten", sagte sie. Letztere würden nicht nur den Astronauten helfen, sondern auch den Alltag auf der Erde verbessern. So gibt es ein Gerät, das metallische Legierungen in der Schwerelosigkeit einschmilzt und wieder zum Erstarren bringt.

"Daran ist beispielsweise die Automobilindustrie interessiert", so Friedrich. Denn bevor Materialien in die Gießerei gehen, müssen ihre physikalischen Eigenschaften genau untersucht werden. "Und detailliert geht das oft nur, wenn es keine Erdanziehung gibt." Auch viele medizinische Errungenschaften haben ihren Ursprung im Parabelflug und der Schwerelosigkeit. Eine Rüttelplatte für den Muskelaufbau der Astronauten lindert nun Spasmus-Erkrankungen.

Im Aufbau unterscheidet sich der Zero G-Airbus kaum von anderen Modellen: Triebwerke, Tragflächen und Fahrwerk sind Serie. Die Sitzreihen der Passagiere wurden jedoch ausgebaut und der Innenraum gepolstert, um Verletzungen vorzubeugen. Zusätzlich gibt es eine Konsole zur Datenverarbeitung. Im Cockpit steuern zwei Piloten: einer die Höhen-, einer die Querruder.

Was Flughafenchef Michael Garvens mit dem Airbus verband, waren jede Menge Medikamente. "Als ich meinen ersten Parabelflug machte, musste ich Pillen nehmen, zum Beispiel gegen Übelkeit", sagte er. Sein Arzt habe damals gesagt, dass er nun für Monate keine Dopingkontrolle bestehen würde. Dazu kam es natürlich nicht, Garvens konnte den Flug genießen.

Und wie fast jeder beschreibt er das Gefühl als "nichts, was man auf der Erde erleben kann". Selbst ein Bungeesprung könne die 22 Sekunden Schwerelosigkeit nicht imitieren. Es wäre sogar möglich, mit dem A300 weiter Parabeln in Köln zu fliegen. "Dafür fehlt aber die Lizenz, die demnächst erneuert werden müsste", so Garvens. Viel entscheidender für den Zwangsruhestand sei die Ersatzteilversorgung gewesen.

"Das Modell ist über 40 Jahre alt, die Wartung wird immer teurer und rechnet sich nicht mehr", erklärte Gerd Gruppe vom DLR. Sonst sei der Flieger noch gut in Schuss, mit gerade einmal 4200 Flugstunden gilt er sogar als "jung". Dieses Pensum absolviert ein Linienflugzeug binnen zwei Jahren. Ab 2015 soll das ehemalige Kanzlerflugzeug, ein Airbus A310, den A300 ablösen.

Auf A300 folgt der A310

Der Airbus A300 ist das erste zweistrahlige Großraumflugzeug der Welt. Das Modell Zero G ist der dritte jemals gebaute A300 und seit 1973 ein Testflugzeug für Airbus. Bereits in den 80er Jahren absolvierte er einen Parabelflug, aber erst 1997 gab es den ersten kommerziellen bei Novespace. Insgesamt gab es nur 5200 Starts und Landungen, 112 wissenschaftliche Kampagnen mit drei bis fünf Flugtagen wurden absolviert.

25 davon unter deutscher Regie. Mit seinen 53,62 Metern Länge, einer Spannweite von 44,84 Metern und einer Höhe von 16,9 Metern entsprechen die Maße des A300 dem Serienflugzeug. An Bord gibt es 40 Sitzplätze für Wissenschaftler und zehn für das Personal.

An der Vorbereitung von Experimenten sind etwa 120 Wissenschaftler pro Kampagne mehrere Monate lang beteiligt. Die gepolsterte Experimentierfläche ist etwa 100 Quadratmeter groß, alles muss am Boden verankert sein. Als Nachfolger wird derzeit das ehemalige Kanzlerflugzeug, ein Airbus A310, für die Parabelflüge in Hamburg umgebaut. 2015 soll es für die Firma Novespace einsatzbereit sein.

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