"Lies!"-Verteilaktion Was tun mit den Koranen der Salafisten?

Bonn · Mitte November wurde die Gruppierung "Die Wahre Religion" verboten. Seitdem liegen 20.000 beschlagnahmte Bücher der „Lies!“-Verteilaktionen in einer Halle in Pulheim. Noch ist unklar, was mit ihnen geschehen soll

 Ein Kameramann filmt die Halle mit den Koranexemplaren.

Ein Kameramann filmt die Halle mit den Koranexemplaren.

Foto: picture alliance / dpa

So unscheinbar die Halle im beschaulichen Pulheim-Dansweiler von außen auch wirkt – ihr Inhalt bereitet den Behörden auch zwei Monate nach der deutschlandweiten Razzia gegen die islamistische Vereinigung namens „Die wahre Religion“ (DWR) Kopfzerbrechen. Grund: In der Scheune auf dem Gelände eines Bauernhofs lagerten auf Paletten mehr als 20 000 Exemplare des Koran – und sie liegen dort noch immer.

Es sind jene Fassungen, welche die „Wahre Religion“ über Jahre bei ihrer „Lies!“-Aktion in deutschen Innenstädten unters Volk zu bringen versuchte. Für Verwirrung sorgten jetzt Medienberichte, denen zufolge Behörden „aus Respekt“ ausgeschlossen hätten, die Druckerzeugnisse, bei denen es sich um eine salafistisch geprägte Ausgabe des Koran handelt, einfach einstampfen, schreddern oder gar verbrennen zu lassen. Statt dessen, so berichtete beispielsweise der WDR unter Berufung auf Behördenkreise, sei in Erwägung gezogen worden, die Schriften in Tücher gewickelt in der Wüste zu vergraben. Die Erklärung lautete, dass der Islam für den Umgang mit seiner heiligen Schrift bestimmte Regeln vorsehe. So sollten die Bücher an Orten vergraben werden, an denen keine Menschen darüber hinweglaufen können. Damit komme etwa das Vergraben in der Wüste in Frage.

In welcher Wüste und auf wessen Kosten deutsche Regierungsbehörden 20 000 Korane vergraben sollten, blieb dabei offen. Und zumindest im zuständigen Bundesinnenministerium scheint von derlei Optionen nichts bekannt zu sein. So zitiert das Magazin „Focus“ eine Ministeriumssprecherin mit den Worten: „Diese Idee kommt nicht aus unserem Haus.“

Es gebe zu diesem Thema keine konkreten Überlegungen. Grundsätzlich gebe es Überlegungen, zusammen mit muslimischen Verbänden über den weiteren Umgang mit den Ausgaben zu beraten. Aber bislang hätten solche Gespräche noch nicht stattgefunden. Islamwissenschaftler sollen unterdessen signalisiert haben, dass eine Entsorgung dadurch erleichtert werden könne, dass es sich um Übersetzungen ins Deutsche handelt, die nur die ungefähre Bedeutung der Schrift wiedergäben.

Noch gewährt die anhängige Klage von DWR gegen das Verbot Aufschub. Bestätigt das Bundesverwaltungsgericht die Entscheidung des Innenministers, stellt sich spätestens dann die sich die Frage, was mit den Büchern passieren soll.Wie berichtet, waren Mitte November zahlreiche Wohnungen von Salafisten in Deutschland durchsucht worden, darunter auch die Räume des DWR-Drahtziehers Ibrahin Abou-Nagie in Bonn.

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