Engagement für Flüchtlinge und Benachteiligte Von skeptischer Ablehnung zu hohem Respekt

BERLIN · Eine Stadt wie Berlin weint keinem scheidenden Kardinal nach. Das nicht. Dazu ist die Hauptstadt zu selbstbewusst. Zu weltlich auch. In der hauptstädtischen Diaspora wird der Weggang Woelkis vielleicht gar nicht so vielen Hauptstädtern auffallen. Und doch.

Die demonstrative Freundlichkeit, mit der Berlins - durchaus kirchenkritischer - Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) den Geistlichen nach Köln verabschiedet, ist bemerkenswert: "Glaubwürdig, selbstbewusst, weltgewandt und zeitgemäß" nennt er ihn zum Abschied. Das würde er so wohl nicht von allen seinen Senatsmitgliedern sagen.

Es ist eine erworbene Anerkennung. Als Woelki kam, galt er in der Stadt als stahlharter Konservativer, Opus-Dei-Mann, als Ziehsohn des Kölner Kardinals Meisner, von dem man an der Spree nicht weiß, ob man ihn eher als mittelalterlich oder gleich als außerirdisch ansehen soll. "Der passt nicht hierhin." Das war die Stimmung, die ihm vor drei Jahren entgegenschlug.

Dann passte er doch. Den Berlinern hat gefallen, dass Woelki bescheiden in einer Dachgeschosswohnung in einem Weddinger Brennpunktkiez lebte, selbst einkaufte und seine Wäsche wusch, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs war, und kein Aufhebens um sich machte. Und die Rheinländer freuten sich, dass er gelegentlich in der "Stäv" am Schiffbauerdamm, der Ständigen gastronomischen Vertretung der Rheinländer in Berlin, sein Kölsch trank.

Das Eis brach Woelki schon mit seinen mit Bedacht gewählten ersten Besuchen: Er aß in einer Suppenküche mit Obdachlosen zu Mittag, er besuchte eine Roma-Familie in einem Flüchtlingswohnheim. Und er traf sich mit dem Lesben- und Schwulenverband, der anschließend über den Respekt, den der Kardinal zum Ausdruck brachte, nur lobende Worte fand.

Vor allem die Flüchtlingsfrage blieb ein konstantes Anliegen Woelkis in seiner Berliner Zeit. Er sorgte dafür, dass die afrikanischen Flüchtlinge am Oranienplatz, deren Zukunft den Dialog der Stadt lange bestimmte, in den kalten Monaten von der Kirche eine Unterkunft angeboten bekamen. Er weihte ein Wohnprojekt für Roma-Familien ein, warb in seiner Weihnachtspredigt für eine völlig neue Flüchtlingspolitik, erinnerte an den Auftrag Jesu, die Fremden willkommen zu heißen. Und er schimpfte auf das Vorhaben, im Berliner Großflughafen auch ein Abschiebegefängnis für Flüchtlinge unterzubringen.

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